Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Saugethiere.
Vierte Vrdnung.
9. Der Jennek. (Canis Cerda.) Sig. 304.
Die ersten Nachrichten von diesem schonen, toenifchuch
kleinen Thiere verbankt man dem beruhmten Reisenden
Bruce, der es in Nubien entdeckte. Alan konnte lange
Zeit uber feiite systematische Stellung stch nicht einigen;
Geoffroy hielt es Anfangs fur den Galago vom Senegal,
andere franzostsche Naturforscher wollten es ganz fallen
lassen, Denham aber fand es wieder im Jnuern von
Nordafrika und gab eine Llbbilbung, welche Bruce's
Angaben rechtfertigte, und gegentoartig finden fich Erem-
plare in vielen Sannnlungen Englands und des Coitti-
nents. Aus Barrell's genauer Beschreibung des Skelettes
geht uberzeugend betvor, das der Fennek zu den Hunden
gehore. Jst die Angabe Wahr, bah er Datteln sehr liebe
und Dattelpalmen beshalb besteige, so tvåre dieses min-
destens eine merktourbige Ausnahme in eitier Familie, die
sonst nur ou8 Fleischfrefsern bestéht. Bruce's Erzahlung,
bah der Fennek auf Baumen sich ein Nest baue und nicht
grabe, toiberspricht Ruppell, der dieseS Thier in den san-
digen Wusten Nubiens beobachtete. Vruce besafi in
9llgier einen zahmen Fennek, der Datteln, suse Fruchte,
Brot, in Honig getaucht, aber auch Eier sehr gern frafi,
bei dem Anblicke eines kleinen Vogels sehr lustern werden
konnte, vor Katzen sich zu verbergen suchte, keine Neiguug
zum Kampfe und 5ur Selbstvertheidigung bewies, am
Tage schlief, des Nachts sehr inirnhig toar und nie einen
Lånt horen licfi. Der Fennek ist klein, von leichtem
Baue und bunnen Gliedern; die Lange des Kopfes und
Korpers betragt 13 Zoll, des Schtoanzes 8 Zotl; der
Kopf ist schmal, die Schnauze spitzig, die Pupille groh
und schtoarz, die Iris dunkelblau ; die toeihen Bartschnur-
ren und die intoendig toeihen, sehr grohen Ohren sind so
lang toie der Kops, am Grnnbe breit, ausrecht, zugespitzt.
Der kurze, aber toeichdehaarte Pelz ist von Rehfarbe,
nitten tofip. In den Districten von Benni Mezzab und
Werglah, too man Datteln cultivirt, fangt man den
Fennek in Fallen, ^ein Fell findet in Mecca einen guten
Markt und geht von da nach Indien.
Mit dem Fennek hat man den grohohrigen Hund oder
Lofselhund (Canis megalotis) zu einer Gattung
(Megalotis oder Otocyon) verbinden toollen, jedoch mit
Unrecht, da dieses letztere Thier sich vom ersteren und
uberhaupt von den Hunden durch sein Gebih, toesentlich
durch die grohe Zahl feitter Backenzahne (7 tiberall) un-
terscheidet. Er dewohnt das Kafferlande, ubertrifst an
Grohe den Fuchs, hat Hohere Beine, als derselbe, grau-
gelbliches Fell, schtoarze Fuhe, Schtoanz und Rucken-
streifen und ungtmein lange Ohren.
10. Der Hydneahund. (Canis pictus.) Sig. 305.
Der Hyanenhund gehort zufolge der Schabel- und
Zahnbildung zu den eigentlichen Hunden, nahert sich
aber den Hyanen durch vierzehige Fuhe und bildet daher
bei einigen Zoologen eine besondere, den Uebergang von
den Hunden zu den Hyanen vermittelnde Gattung (Ly-
caon). Er ist hoch und leicht, aber sehr verhaltnihmahig
gebaut, ninskulos und starkgliedrig, hat ubrigens grohe,
aufrechte Ohren, starke Kiefern und Zahne, ein glatibe-
Haartes, ockergelbes, unregelmahig schtoarz und cttoas
Iveihgeflecktes Fell und mahig langen, etivas buschigen
Schtoanz. Kuhn, toild, trotzig, verratherisch und so
schnell, dah ihm toenige Thiere durch Flucht entgehen
konnen, ist er in Sudafrika eine toahre Landplage und
gesurchteter, als die zahlreichen anderen Raubthiere sener
Weltgegend. In Meuten vereint, jagt er gemeiniglich des
Nachts, feltener am Tage, greift Rinderheerden niemals
am Tage und offen an, beschleicht aber die schlafenden
Stucke und reipt ihnen mit einem Bisse die Schtoanze
an der Wurzel ab. Auch in den europaischen Menagerien
Hat er niemals seine Wildheit abgelegt, und die Colonisten
am Cap haben sich mehrfach umsonst bemuht, die zufallig
angetrofsenen Jungen aufzuziehen unc zu zahmen, toelche
ertoachsend so toild und gefahrlich tourven, dah man fte
zu tosten geztoungen toar. Am Cap nennt man dieses
einem grohen Fleischerhnnbe an Grohe gleichende, aber
Hochbeinigere Raubthier den „toilden Hund". Er ist
ubrigens toeit verbreitet und von Ruppell auch in Kor-
dofan gefundeit toorden.
Vierte Familie.
Hyanenartige Raubthiere.
Die Hyanenartigen Raubthiere unterscheiden sich von
den Hunden toesentlich durch den Mangel eines unteren
Hockerzahues; anherlich sind sie leicht kemitlich durch die
bedeutende Erhohung der Schultergegend und die niedrige
Kreuzgegend, toodurch diese Thiere, in ruhiger Stellung,
ein ungeschicktes, gleichsam lahmes Ansehen erhalten.
Die Vordersuhe sind vier- bis funfzehig, die Hinterfuhe
vierzehig.
XV. Hyane.
Gatt tingscharakter: Vorderzahne 6 oben und
tinten, in einer Reihe liegend; Eckzahne konisch, spitzig,
langer als die Vorderzahne. Backenzahne jederseits oben
5, unten 4, der Reihzahn sehr groh, der obere dreispitzig,
der nittere ztoeispitzig ; o.ben ein fteiner Hockerzahn, unten
teiner. (Fig. 306'. Zahne^s Oj^tiefers von ztoei Seiten,
des Unterkiefers, ebenfe Sliber Kiefern zusammen.)
Die Hyanen bilden eine leicht erkeniibare Gruppe, die
jedoch von keinem bedeutenden Umfange ist. Bei allen
erscheint Hals, Brust und Schultergegend nngetoohnlich
start, das Hintertheil schtoach und unvollkommen, indeni
die Hinterfuhe ziemlich kurz sind, toie eingeknickt erschei-
iteit' und die Fersengelenke sich gegenseitig beruhreit.
Jhre Betoegiingen Haben daher eltoas Schleppendes und
Ungeschicktes, selbst toahrend des ubrigens raschen Trottes,
dessen sie toohl fahig sind. Die vier Zehen der Vorder-
unb Hinterfuhe sinb mit starten, stumpfen, aber nicht
ruckziehbaren Krallen versehen. 9(111 Schabel (Fig. 307.
Schabel ber gesieckten Hyane von ber Seite, Fig. 308.
berselbe vvn oben, Fig. 309. Schabel ber gestreiften
Hyane von ber Seite) bemerkt man einen ungemein star-
ten, auf viele Beihkraft beutenben Bau; bie Schnauze
ist kurz, bie auherorbentlich bicken unb starten Jochbeine
treten sehr vor, unb bie Schlaseitgriibe erlangt Hierburch
eine grohe Weite, toelche burch bie mafsenhaften, an
toeit vorspringenben Knochenleisten befestigten Kauinus-
kelii Vollig ausgefullt toirb. Eben so start ist ber Bau
ber Halstoirbel unb berjenigen Muskeln, toelche sie tinter
einanber unb mit bent Hinterkopfe verbinben unb bie
ganze Einrichtung scheint bas Zerreihen anberer Thiere
unb bas Fortschleppen ber getoichtigsten Lasten zu erleich-
tern. Man finbet bisweilen bie Halstoirbel — toahr-
scheiitlich in Folge ber bauernben Anstrengung unb ber
Spannung ber Muskeln — unter einanber Vertoachsen;
bie Alten glaubten baher, bah bie gesammten Halstoirbel
stets burch einen einzigen Knochen vertreien tourben.
Die langen, aufrechten Ohren beuten ebenso toie bie vb-
longe Pupille anfnachtliche Lebensweise. Die Behaarung
ist grob, unb eine lange Mahne lauft uber ben Rucken
hin. llnter bent Schtoanze liegt ein groher Drusensack.
1. Die gesireiste Hykne. (Hyaena striata.) Fig. 310. 311.
Die gestreifte Hyane hat einen ausgebehuten Verbrei-
tungsbezirf, benn titan hat sie vom inneren Afrika an
burch Borberasien dis zum Altai unb Kaukasus unb
von Marocco bis nach Jnbien gefunben. Sie fontnit
in ihren Sitten mit ben subafrikanischen Arten sehr
uberein unb bilbet mit biesen eine Gattung, beren Wich-
tigkeit fur geivisse Natnrzwecke man nicht verkennen fann.
In Gemeinschaft mit ben Geiern unb anberen von faulen
Resten lebenben Thieren reinigt sie bie Erbe von ben
Korpeni tobter Thiere, znmal grvher Saugethiere, bie,
in sublichen Gegenben zahlreicher, unb schneller in vollkom-
meite Faulnih ubergehenb, bie Atmosphare zu verpesten
geeignet sein tourben. Unermublich arbeitet sie in bem
vvn ber Natur ihr uberwiesenen Berufe, raumt von ben
Schlachtselbern bie Opfer barbarischer Kriege, scharrt
bie Leichname aus ihren flachen Grabern Heraus, burch-
streift bes Nachts bie menschenleeren Gassen vrientalischer
Stabte, uni toeggetoorfene Reste aufzusuchen, unb nahert
sich, vom Hunger getrieben, mil Kuhnheit selbst ben
menschlicheit Wohnungen. Das aufgefunbene Aas liefert
ihr ein fvstliches Mahl, unb jeber Knochen ist ihr toilt-
kommen, inbent sie ohne Schtoierigkeit ben markerfullten
Schenkelknochen eines Ochsen zermalmt. Sie verschmaht
inbessen keineslvegs bas frische Fleisch, benn ost richtet
sie unter Pferben, Schaafen unb Rinbvieh grohen Scha-
ben an unb toagt toohl selbst auf ben Menschen niorde-
rische Angriffe. Getoohnlich scheuet sie vffeiieil Kamps
mit bem letzteren, ivenbet sich aber mit Hartnackigem
Muthe gegen ihn, toenn er sie angreift. Was sie aber
im Schlafe beschleichen fann, es fet Mann, Frau ober
Kinb, toirb sicherlich ihr Opfer. Den Tag verbringt sie
in Hohlen unb unter Ruinen, ober zivischen oben, dun-
keln Felsen, too sie auch ihre Jungen erzieht, sobald aber
die Dunkelheit eintritt, verlaht sie das Lager und beginnt
ihre unheimlichen Wanderungen. In manchen Gegenben
sinb Hyanen bis znr Furchtbarfeit Haufig, so in Abysst-
nien, too sies nach Bruee's Bericht, als eine Geihel bes
Lanbes ebenso bie Stabte toie bie Dorfer heimsuchten unb
an Zahl ben Schaafen nichts nachgaben. In Gonbar
erfullten sie bes Nachts bie Strahen unb emahrten sich
von nnbegrabeneii Leichen. Kaum toagte Bruee des
Nachts uber ben Platz vor ber koniglichen Wohnung zu
gehen, aus Furcht, in bie Beine gebissen zu toerben, unb
einst bemerkte er bei ber Ruckkehr in sein bunkles Zelt
bie grunlich leuchtenben Augen einer eingeschlichenen
Hyane. Er lieh Licht bringen, fanb, bah bas Raubthier
eiiiigp Bunbel von Kerzen ergriffen hatte, vertounbete es
burch einen Pikenstoh, toar aber genothigt, zu seinen
Pistolen zu greifen, toahrenb ber Diener ber Hyane ben
Kops spaltete. Denham verstchert, bah bie Hyanen tint
>Kauka heerbentoeis leben unb so gierig sinb, bah sie ein
Dorf, nngeachtet sechs Fuh hoher borniger Umzfiunungen,
mit Sturm nahmen unb trotz bes Wiberstanbes ber Ein-
toohner ztoei Esel fortschleppten.
Die Hyane ist mehr als irgenb ein anberes Saugethier
von jeher ber Gegenstanb aberglaubischer Sagen getoesen.
Man bichtete ihr sogar Zivitterbeschaffenheit an, obtoohl
biese von 9lristoteles, ber bie betreffeiiben Korpertheile
untersucht hatch, zeitig in Abrebe gestellt toorben Ivar.
Plinius ertoahnt biese Ausklarung, scheint aber doch bem
Volksglauben beizupflichten. Allerbings lernten bie
Romer bie Hyane ziemlich spat fennen. Gorbianus III.
toar ber erste unb ivohl ber einzige Kaiser, ber sie bem
Volke vorfuhrte unb bei Gelegenheit ber Spiele i. I.
Rom's 1000 ober i. 3. 247 n. Chr. G. zehit Stuck zeigte.
Die toahre Hyane ist selbst ben Neueren erst in den letzten
Zeiten bekanut toorden, denii Beton (1553 — 1555) nahm,
getauscht durch'auhere Aehnlichkeit, die Zibetkatze fur
eine Hyane, toas um fo auffalliger ist, da er die wirkliche
Hyane ebensalls abbilbet, jeboch unter bem Namen eines
„Seetoolfes aus England". Erst Buffon gab eine
Originalabbilbung dieses Raubthieres, bessen eigentliche
Geschichte nur in unseren Zeiten vollig ausgeklart toorben
ist. Man Hat bie Hyane mit gropter lliiivahrheit als
ein touthenbes unb unzahmbares Thier geschilbert, benn
es sehlt nicht an Beispielen vollstanbiger Zahmnng.
BischoffHeber sah in Jnbien eine solche, bie ihrem Herrn
toie ein Hunb solgte, unb Barrolv versichert, bah bie ge-
steckte Hyane im Jnuern ber Capeolonie gezahmt unb
als Jagdhunb gebraucht toirb. Oberst Syles erzog in
Jnbien eine junge Hyane unb scheukte sie nach seiner
Heimkehr ber lonboner zvolvgischen Gesellschaft. Sie
hatte sich vollig an ihren Herrn getovhnt, erkannte seine
Stimme, freuete sich seiner Liedkosungen, toar gutmuthig,
vergah auch nach langer Trennung ben Obersten nicht
unb gab bie uuztoeibeutigsten Zeichen von Freube zu
erkennen, als er sie einst toieber besuchte.