Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Erster Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1847
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 312
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der Säugethiere
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Fleifchfresier.
Snugethiere.
87
2. Die gefleckte Hyane. (Hyaena crocuta.) Fig. 312. 313.
Die subafrikanischen Bauern fennen unter dem Na-
men des Ttgerwolfes dieses Thier nur zn wohl, roel-
ches, nicht zufrieden mit zufattig aufgefundenem Aas,
des Nachts in die Hose einbricht und die groheren, vor
Eintritt der Dunkelheit nicht in Sicherheit gebrachten
Hausthiere todtet oder verstummelt. Man sagt, basi
krankes Vieh weit weniger der Gefahr des Unterliegens
ausgesetzt ist, als gesundes und kraftiges, denn dieses
stieht und reizt hierdurch die an sich muthlose Hyane,
Wahrenb senes, zar Flucht unsahig, Widerstand zu leisten
versucht. Die Hyane selbst suhlt, basi sie zum offenen
Kampfe zu feig sei und sucht daher durch allerlei Drohun-
gen und Grimmassen den Gegner zur vorzeitigen Flucht
zu betoegen. Selteu streift sie am Tage umher, aber
sobalb der Abend eingetreten, verkunbet sie den ubrigen
Thieren durch schauerliches Gebrull, basi einer der schlimm-
sten Feinde seine Wanderungen beginne. Diese grausigen
Tone erschrecken die Furchtsamen, und da sie von allen
Seiten Her erschallen, verwirren sie die Fluchtlinge ;o
sehr, dasi diese nicht sekten sich gerade in den Rachen des
Randers sturzen, den sie zu vermeiden ftreben. Ehedem
erschienen Hyanen des Nachts fogar in den Strasien der
Capstabt, jetzt hort man ihr .Gebrull nur von demnahen
Tafelberge her erschallen. Im Kaffernlande sind sie zahl-
reich und kuhn, nahern .sich den Dorfern und snchen
durch List oder Gewalt uber die Zaune zu kommen,
welche ringformig die Hauser unigeben. Gelingt ihnen
dieses, so ftreben sie in die Hauser selbst einzudringen,
und nicht selten schleppen sie dann ein kleineres Kind
davon. Steedman erzahlt in seinen „sudafrikanischen
Wanderungen" wahrhaft schreckliche Beispiele von der
Raubsucht der gefteckten Hyane. Ein Herr Shepstone
schrieb ihm aus dem Mambo-Distriete, dasi die uachtlichen
Angrifse dieser Raubthiere vielen Kindern und Halber-
ivachsenen das Leben gekostet hatten, und dasi er in Weni-
geil Monaten von vierzig solcher verberblicher Uebersalle
gehort håbe. Aus der umstandlichen Beschreibung der
Hauser der Mambuki's ergiebt sich, dah die Hyane Men-
schenfteisch feder anderen Nahrung vorziehe. Jene Hauser
sind namlich von Gestalt eines Bienenkorbes, Haben nur
einen engen Eingang, aber ost einen Durchmesser von
18 — 20 Fusi. Der Fusiboden ist bedeutend erhoht, nur
dorn am Eingange bleibt eine mit dem ausieren Boden
gleichhohe Abtheilung, welche des Nachts zur Bewahrung
der Kalber dient, die man weder den Sturmen noch den
Raubthieren aussetzen darf. Man soltte meinen, dasi
die eingedrungene Hyane die erste beste Bente ergreifen
wurde, zumal weil die Mambuki's stets mit den Fusien
gegen ein Feuer im Kreise gelagert schlafen, allein nichts
destoweniger sind die Hyanen in alten Fallen zwischen
den Kalbern durchgegangen, haben das Feuer umkreist
und die Kinder unter dem Pelz (Karosi) der Mutter so
leife und vorstchtig hervorgezogeu, dasi die nugincklichen
Aeltern ihreu Verlust erst dann erfuhren, als das Wim-
mern des zwischen den Zahnen des Unthieres besindlichen
Kindes aus einer Ferne zu ihnen gelangte, wo Rettung
nicht mehr moglich lvar. Shepstone selbst gelang es
mit vieler Muhe, ein paar Kinder, einen zehnjahrigen
Knaben und ein achtjahriges Madchen, wiederherzustellen,
die, sortgeschleppt, zwar furchterlich zugerichtet, aber
dem Raubthiere endlich doch wieder abgejagt worden
Waren, gegen welches man ubrigens Schlingen, Gruben,
Fusieisen und Selbstschnfse mit geringem Erfolge an-
Wendet, indem es die Gefahr erkennt und sie zu vermeiden
weitz. — Die allgemeine Farbung dieser Art ist gelblich
braun mit zahlreichen dunkleren Flecken; das Haar ist
uberhaupt kurzer, die Mahne weniger dicht, als bei der
gestreiften Hyane.
3. Die braune Hyane. (Hyaena brunnea.) Fig. 314,
Diese schon von Thunberg vor 60 Iahren beschriebene,
aber von A. Smith, wie Englander leider ost thun, fur
neu ausgegebene und umgetaufte Hyane (H. villosa)
nennen die Capbauern „ Strandwolf", weil sie gemeinig-
lich in der Nahe des Meeres, jeboch als Seltenheit auch
in den Nieuveld-Bergen, gefunden worden ist. Sie ist
uberallweit weniger Haufig, als die vorhergehende gesteckte
Art, ledt wie bieselbe von Aas, zumal von an das Land ge-
worfenen Walfischen, greift, roenn der Hunger sie gualt,
auch die Heerden an und wird daher sehr gefurchtet.
Steedman sah einen frischgeschofsenen Strandwolf, der
in der Gegend des Blauwbergs einem Bauern drei grosie
Kalber getobtet hatte. Man Halt dieses Thier fur sehr
listig und sagt, dasi es sich nach jeder Rauberei weit ent-
serne; am Tage soll es in den Dickigen Lerborgen liegen,
die stellenweis auf dem sandigen Kuftenlande vorkommen.
Die Schulterhohe betragt 2 Fusi 4 Zoll, die Lange von
der Nasenspitze zur Schwanzwurzel 4 Fusi 4 Zoll. Das
Haar ist lang, die Grundfarbe schwarzlich braun mit
undeutlichen O-uerbinden und Flecken.
Dah die Hyanen in der Borwelt ausierordentlich
haufig gewesen, beroeist die Menge der fossilen Knochen
ber untergegangeueuH ohlenhyaue (tt. spelaea),bie iu
den Holsten des bahreuther Gebirges mit Hohleubaren-
knochen vermengt sind, sonst auch in den Holsten von
Kirkdale und selbst in Thibet gefunden werden. Sie
pasite vorzugsweis fur eine Periode, wo Thiereolosse,
roie die Mastodon, die Erde bewohnten.
XVI. Zibethyaue. (Proteles.)
Gattungscharakter: Gestalt der Hyanen;
Schnauze verlangert, spitzig; Nase vorstehend; Zunge
rauh; Ohren lang, spitzig. Backenzahne oben 4, unten
3 jederseits, roeit von einander abstehend. Die ersten 3
sind einronrzelig, gleichen Luckenzahnen, der vierte ist
f(ein, mit drei stumpfen Spitzen. Reihzahn und Hocker-
zahne fehlen. Schneibezahne und Eckzahne roie ge-
roohnlich.
1. Der Erdwolf. (Proteles Lalandii.) Fig. 315.
Die Gattung Zibethyane unifapt, soviel roir roisseu,
nur eine einzige, in Sudasrika einheimische, bort „ Erb-
roolf" genanute Art und scheiut den Uebergang von den
Hyanen zu den Zibetkatzen zu vermitteln. Das Gebisi
ist von ganz eigeuthumlicher, bei keinein auderen Raub-
thiere vorkommeuder Beschafseuheit, die Gestalt diejeuige
einer Hyane im Kleineu, das Hintertheil schleppeud, das
Vordertheil sehr muskulos, der Ruckeit laugmahnig,
der kurze Schroanz am Ende buschig; das Haar besteht
aus Gruudwolle und einzeln fteheuden Graunenhaareu.
Ein eigentlicher Drusenbeutel, roie an den Zibetkatzen,
fehlt, Hingegen ist ein Spalt am After vorhauden, der
einen starkriecheuden Stofs aussoudert. Die Borberfusie
sind funszehig, jedoch steht der unvollkommeite Daumeu
so hoch an der Fusirourzel roie am Hunde; die Hinter-
fusie sind funszehig, die Krallen breit, grosi, stumps, zum
®raben sehr geschickt. Auf der gelblichen Grundfarbe
verlaufen schwarzliche Querstreifeu; Mahue, Fusie und
ausiere Schwauzhalfte sind schwarzlich. Junge Jubivi-
buen sind roeit buukler in allgemeiuer Farbung und
Zeichuuug. Die Lauge des Korpers betragt 2 Fusi 11
Zoll, des Schwanzes 25 Zoll; das Weibcheu ist etwas
kleiner als das Maunchen.
Der Erdroolf ist ubrigens ein uachtliches, roie es
scheiut, geselliges Thier und verbirgt sich ben Tag uber
in einem tiesen Bau, ben er selbst aulegt und ber, mit
brei bis vier Zugaugen versehen, mehrere Jubivibuen
beherbergt. Ilugeachtet bes schwachen unb schleppeuben
Ansehens ftiner Hiniertheile lauft er mit ansehulicher
Schuelligkeit. Gereizt straubt er bie Mahue empor roie
eine Hyane. SeineNahrung besteht in Aas unb kleineu
lebenben Thieren, selbst Ameiftn nicht ausgeschlossen,
roelche Sparrman in bem Magen eines frisch getobeten
autras.
Funfle Familie.
Zibetthiere.
Die Zibetthiere stub in ben Systemen balb vor, bald
Hinker bie Hunbe, hinuubwieber sogar in bie uumittelbare
Nahe ber Wiesel gestelli roorbeu. Am naiurlichsteit
scheiut es, ihnen ben Platz einzuraumen, welchen roir
ihnen hier auroeisen, inbem sonst zwischen ben Hyanen,
welche immer noch ben Hiinben verwanbt siub, unb zroi-
scheu ben Katzeu bas Nebergangsglied fehlen wurbe.
Sie nahern sich ben letzteren nicht allein burch ben schlait-
ken Ksrperbau unb utauche Uebereinstimmungen in ber
Lebeusweift, sonbern wesentlich burch bie halb zuruck-
ziehbaren Krallen, bie gemeiulich zugespitzte Pupille und
bie mit scharfen Warzcheu besetzte Zunge. Jhre Ver-
waubtschaft zu den Hunden ergiebt sich aus ihrem Ge-
bisse (Borberzahne stets 6 oben unb unten, Eckzahne
gewohulich, Backenzahne oben und unten jederseits 6,
von welchen oben bie beiben Hintersten, unten ber Hin-
terfte Hockerzahue sind, vergl. Gebisi bes Jchueumon
Fig. 327.), welches nicht so ganz dem Begrifse eines
reisienben ThiereS eutspricht, wie bei den Katzen; dasi sie
den Hyanen nicht sehr feru steheu, beweifet ber ben mei-
sten eigenthumliche, bvppelte, am After gelegene Drusen-
sack, welcher eine starkriecheube, salbeuartige Feuchtigkeit
absonbert.
XVII. Zibetkatze. (Viverra.)
Gattungscharakter: Gebisi wie angegebeu, oben
3, unten 4 starke, konische Luckenzahne; obere Reisizahne
dreispitzig, untere zweispitzig. Fusie gespalteu funszehig.
Schwauz lang, behaart. Zwei Druseusacke.
1. Die Civette. (Viverra Civetta.) Fig. 316.
Die Civette ist in ihreu Gewohuheiten nachtlich, ent-
wickelt viele Wilbheit, lasit sich baher nur ganz jung
eingefangen zahmen, lebt ganz nach Art reisienber Thiere
und nahrt sich von Bbgeln, kleineu Saugethieren und
Reptilien, bie burch Beschleichung ober Ileberraschung
gefangen unb von ihrem eben so behenbeu als starken
Gegner leicht besiegt roerben. An Grosie gleicht sie einem
masiig grosieu Hunbe, misit, ohne ben 11—12 Zoll lan-
gen Schroanz, 2—2% Fusi, steht aber roeit niebriger,
ist zroar robust, aber boch schmachtig gebaut unb seitlich
etroas zusammengebruckt. Die Grunbfarbe bes Korpers
ist rothlichgrau, ber Hals an beiben Seiten schroarz ge-
ftreift, bie Seiten bes Korpers unb ber Bauch sind
schroarz gefteckt, Kehle unb Schnauze schwarz. Eine bicke,
buschige Mahue lauft uber Nacken unb Ruckeu bis zu
bem etroas buschigen Schroanze. Wie bie ubrigen Arten
bieser Gattuug hat auch bie Civette einen gestreckten
Korper, eine bichte, aber etroas rauhe Behaarung, einen
starken, aber zugespitzten Kopf, kurze, breite, abgerunbete
Ohren unb einen ben Korper au Lauge nicht erreicheuben,
geringetten Schroanz. Sie ist in Norbafrika, zumal in
ben Gebirgen Abyssiniens, Haufig unb rourbe in Holland
haufig gezogen, inbem man von ihr jene salbeuartige,
schroach nach Moschus riecheube Absouberung erhielt, bie
einst im Haubel ziemlich geschatzt toar. Der Zibet ist
ftitbem burch Ambra und Moschus verbrangt worden
und lange ausier Mode, man trifft daher bas ihn liefernde
Thier uur noch in Afrika gezahmt au.
2. Die Ichre Ztl'-tkatzc. (Virerra Zibetha.) gig. 317.
Obgleich bie achte Zibetkatze lange vor Buffon be-
kanut war, so ist sie boch allezeit mit ber Civette ver-
wechselt worben, bis Cuvier ben Unterschieb seststellte,
ber in bem Mangel einer Ruckeumahue, in ber weisien
Farbe ber Kehle unb Brust unb ber Unterfeite bes Halb-
geriugelten Schwanzes, eublich in ben zahlreichen schwar-
zen Flecken bes uiemals quergestreiften Rumpses besteht.
Man besitzt toenige Nachrichten uber bie Geschichte biefts
auf ben asiatischen Juselu gerabe nicht selteuen Thieres.