ForsideBøgerDie Holzbaukunst Norwegen…gangenheit Und Gegenwart

Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart

Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe

År: 1893

Forlag: Schuster & Bufleb

Sted: Berlin

Sider: 205

UDK: st.f. 72(481) die

Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen

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Side af 212 Forrige Næste
85 Schon in der romanischen Zeit erhielt die Kirche ihren inneren Aufbau durch eine Absteifung der Säulen und Wände, die als ein Vorspiel zum Strebesystem der Gothik erscheint. Jetzt, da die Aufgaben geringer geworden sind, da wir es wesentlich mit kleinen einschiffigen Kirchen zu thun haben, ist dieses grofse System der Absteifung überflüssig; unter den Einflüssen der harten Stürme wird doch eine innere Stütze die Kirche kräftigen, selbst wenn letztere klein und einschiffig ist. Jetzt tritt um diese Aufgabe zu lösen die Perpendikularrichtung der Gothik mit den vom Mittelpunkte ausgehenden Streben in der Stabkirche sichtbar hervor. Durch die Errichtung eines Mastbaumes in der Mitte des Schiffes entwickelt sich in einer Reihe einschiffiger Kirchen ein wirk- liches perpendikuläres Strebesystem für das ganze Schiff, das alte Absteifungssystem ablösend im Geiste der Gothik. Der ganze innere Aufbau um das Mittelschiff herum zieht sich zusammen, vereinigt sich sozusagen in dem einzigen grofsen Mastbaum, der vom Boden bis in den Dachreiter reicht; um ihn wird die Kirche errichtet, indem alle Streben von find zu diesem senkrechten Mastbaum leiten. Die Entwickelung der Mittelstabkonstruktion scheint, nach der Ornamentik der Kirche von Flaa zu urtheilen, schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts begonnen zu haben; vollständig ist sie wohl erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts geworden. Der spitze Thurmhelm tritt hier, gewifs zum ersten Male, als ursprüngliches Glied der Stabkirchen, als nothwendige Konsequenz des Mittelstabes und unter dem Einflufs der Vor- liebe der Gothik für spitze himmelanstrebende Thürme auf; später, als die spitzen Thürme allgemein geworden, erhalten auch die älteren Stabkirchen spitze Thurmhelme über den Dachreitern. Die Mittelstabkonstruktion glaube ich somit richtig dieser Periode zuerkennen zu müssen und zwar aus folgenden Gründen: 1) weil diese Konstruktion mit Spitzbögen zusammen auftritt, die jedenfalls theilweise ursprünglich sind (Nore, Nes); 2) weil sie mit einer späten und sinkenden Ornamentik zu- sammen vorkommt (Nore, Opdal), bisweilen sogar mit einer von der älteren ganz abweichenden Ornamentik. Nur die Kirche zu Flaa scheint der Ornamentik nach der Blüthezeit nahe zu stehen; 3) weil ihr durchgeführter Vertikalismus mir als von der Gothik beeinflufst erscheint. Diese Anschauung wird dann 4) durch den mehr zufälligen Umstand bekräftigt, dafs alle Kirchen mit Mittelstab erst in den zwei letzten Jahrhunderten des Mittelalters erwähnt werden. Es ist wahrscheinlich, dafs die schon im Mittelalter statt- gefundenen Erweiterungen gewisser Kirchen durch einen vor die Kirche gesetzten Thurm, dessen Fufs das Kirchenschiff verlängert, sowie im übrigen auch die häufigen Westthürme „vom Grunde aus“ aus dem Einflusse der Vorliebe der Gothik für hohe Westthürme entstanden sind; da wir es aber nicht bestimmen können, wo diese Thürme möglicherweise mit der Kirche selbst und wo sie als spätere Zugaben entstanden sind, so können wir sie für unsere Untersuchung des chronologisch- historischen Entwickelungsganges nicht benutzen. Wir glauben also die Kirchen zu Flaa, Nes, Nore, Opdal sowie die Thurm- Erweiterungen der Kirchen zu Aardal und Rinde in diese Periode versetzen zu dürfen, natürlich ohne dieselbe auf ein bestimmtes Jahr festzusetzen und ohne darüber die Ansicht abzuschliefsen, ob nicht möglicherweise die ältesten dieser Kirchen ebenso alt wie die jüngsten der vorigen Periode sein können; die Stilperioden gleiten ja immer in einander über. III. Die eintretende Typenauflösung und der Ver- fall der Portalornamentik wird uns einige wichtige Anhalts- punkte geben. Aus dem Rahmen der typischen Portale heraus, die mit merkwürdiger Zähigkeit die vorige Periode beherrschten, treten einige Formen, die wir, weil sie in eben den Kirchen sich zeigen, die wir auch aus anderen Gründen als späte Kirchen ansehen, als dieser Periode angehörend aufführen, be- sonders weil sie zugleich entweder durch einen rein vegeta- bilen Charakter, durch anfangende Auflösung oder durch sinkendes Kunstvermögen bezeichnet und bisweilen auch von neuen, späten, fremden Motiven beeinflufst sind. Während die Kirche von Flaa ihres reinen Sogn-Valdres’schen Typus wegen nahe an oder sogar in die vorige Periode verlegt werden mufs, zeigt sich schon in der Kirche von Reinli eine ganz neue Ornamentreihe, Rosetten, Lilien; (fast möchte man an die seit 1197 geläufige französische Lilie und die Verbindungen mit Frankreich unter Magnus Lagaböter 1263—1280 denken); und überhaupt zeigt nicht nur die fast oder ausschliefslich vegeta- bile Ornamentik in vielen Kirchen, welche die animalischen Motive völlig vertrieben hat, sondern auch ganz besonders der gleichzeitig mit den rein vegetabilen Motiven eintretende Verfall der Mache unwiderleglich eine späte Zeit an. Die dürftige und vegetabile Ornamentik auch in den Kirchen, in welchen die Spitzbögen auftreten, zeigt dasselbe an. Dann giebt sich der Verfall auch in einigen Portalen, die sich übrigens älteren Typen anschliefsen, durch ein nach und nach stark hervortretendes Mifsverständnifs der Bedeutung der Kapitäle an, indem das Kapitäl an der Seite des Portals eine so tiefe Stellung einnimmt, dafs es seinen Charakter als oberen Abschlufs verliert. So sitzen z. B. in der Kirche zu Öjfjeld die Kapitäle ungefähr in der halben Höhe der Thüröffnung, was aucli in der Kirche zu Veum der Fall ist. Das verschwindende Bewufstsein der Bedeutung jenes Gliedes zeigt sich auch in der abnormen Länge, welche die Kapitäle annehmen: in Tudal ist das Kapitäl fast ebenso lang wie die Halbsäule selbst. Schon in den Kapitälen der Kirche zu Hitterdal war eine Spur dieser Tendenz der Tiefstellung der Kapitäle sicht- bar; vollständig entwickelt kann man sich dieselbe aber erst in der gothischen Periode denken, als das in den Steinbauten des romanischen Stils klar und kräftig hervortretende Kapitäl nach und nach soviel an Bedeutung verliert, dafs es sich bisweilen dem weniger scharfen Auge fast als selbstständiges Glied verliert, was in der gothischen Stilperiode vielfach der Fall war. Das Mifsverständnifs wird erst in dieser Zeit möglich, als man, nicht mehr durch die alte feste Tradition gebunden, leicht als Ausgangspunkt des Archivolts den Punkt über den Köpfen der Kapitällöwen anstatt über dem Kapitäl selbst annehmen konnte. Da dieser Fehler in Verbindung mit noch recht gut geschnittenen sowie mit sehr schlecht geschnittenen und bisweilen dazu datirten Portalen (Tudal um 1370) vor- kommt, so dürfen wir annehmen, dafs er sich über eine nicht allzu kurze Periode erstreckt und somit vielleicht schon gegen das Ende des 13. Jahrhunderts angefangen, seine Höhe um 1370 erreicht hat. Dafs dieses Mifsverständnifs und diese mittel- mäfsig geschnitzten Portale nicht das zufällige Resultat eines mangelhaften Vermögens einzelner Holzschnitzer einer sonst tüchtigen Zeit sind, dafs sie auch nicht die Frucht einer lokalen Eigenthümlichkeit der Gegend, in welcher sie übrigens am häufigsten auftreten (Telemarken), sondern eine wirkliche, die Periode des Verfalls bezeichnende Zeiteigenthümlichkeit sind, geht aus dem Umstande hervor, dafs die übrigen Zeichen dieser Periode: die fast ausschliefslich vegetabilen Schlingen und das, jene kräftigem, einander überschneidenden Schlingen ablösende, schwächliche Tangirungssystem der Blätter immer mit jenem Mifsverständnifs zusammen auftreten. Die vegetabile Schlinge wird nicht mehr von kräftigen Drachen- figuren angegriffen, sondern entwickelt anstatt jener Drachen neue vegetabile Schlingen, die sich meistens kraftlos in die Hauptschlinge einbiegen, mit nur schwachen Versuchen, dieselbe zu überschneiden. Hierdurch wird auch jeder Zweifel aufgehoben, ob die tiefsitzenden Kapitäle einer Zeit angehören, wo der Typus erst in Entwickelung oder schon in Auflösung begriffen ist. 22