Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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die interessanten, später zu beschreibenden Ornamente, mit
denen die Eingangsthür geschmückt ist, Anhaltspunkte. Der
Kleeblattbogen zeigt, dafs die Thür — trotz dem Namen des
Hauses — nicht früher als im Jahre 1200 hergestellt sein kann;
das Ganze deutet die Zeit um 1300 als Entstehungszeit der Thür
und damit wohl auch des Hauses an.
Andere Arestuben.
Für die übrigen uns bekannten Arestuben kennen wir die
Zeit der Errichtung nicht genau. Da die etwas einförmigen
Detailbeschreibungen dieser Stuben für den deutschen Leser
von geringerem Interesse und die meisten der Stuben ohnehin
verschwunden sind, so nennen wir hier nur die Namen der
wichtigsten. Wir kennen von bestimmt mittelalterlichen Are-
stuben im östlichen Norwegen: die Stube von Röd beim
Femsjö (Smaalenene), die Stube von Devegge (Hallingdal),
die 1841 abgetragen ist, und deren ganze Höhe aus sechs
ungeheuer schweren Stämmen bestand, von denen zwei die
Höhe der Thür ausmachten; die Stube von Korterud
(Smaalenene), eine Sparrenstube mit fast vollständig erhaltener
mittelalterlicher Einrichtung, doch mit Peis anstatt der Are:
sie ist vor 1860 abgetragen; die Stube von Skea (Akershus),
1 798 durch Unfall zerstört, mit blauem und rothem Tuch ge-
dichtet; die Stube von Sorknes (Solör), nach 1830 ab-
getragen. Als die Stube von Faaberg (Gudbrandsdal) wird
um 1421 eine Stube genannt, die schon längst verschwunden
ist, eine Stube mit „Bur“ und „Loft“. Die Stube von Kurve-
rud (Numedal) ist gewifs jetzt abgetragen; sodann ist zu nennen
die Stube von Kvelland. Die Stube von Stavnes
(Saetersdalen, St. Christianssand) wurde nach 1824 abgetragen.
Die Stube von Kielleberg ist jetzt unter die altnorwegi-
schen Stuben auf Bygdö bei Christiania versetzt (mit „1631“
bezeichnet, doch wohl älter). Mittelalterlich sind auch die
Stuben von Ulstad und Kravik (Numedal), Aakre
(Saetersdal), die Rathstube zu Lom, schon 1730 ab-
gebrochen, und die Stuben zu Ökdal und Garli im Dront-
heimischen. Zu Gotuholt (Thelemarken) stand noch vor
einigen Jahren noch eine Stube, die nur aus einem einzigen
Raum bestand, aus sehr schweren, 18 Zoll dicken Stämmen
gebaut war und ein offenes Sparrendach hatte. Das Haus
soll 1589 gebaut worden sein und trägt die charakteristische,
auf einen ausländischen Besitzer hindeutende Inschrift: David
Heberlin honora medicum, propter necessitatem etenim illum
creavit altissimus. A Deo est omnis medela. („Ehre dem
Arzt D. H., denn weil er seiner bedurfte, erschuf ihn der
Höchste. Von Gott sind alle Hülfsmittel.)
Die ältere, neulich abgetragene Stube von Kveste
(Saetersdal, Stift Christianssand) beweist uns durch ihre Jahreszahl
„1668“, dafs in den abgelegeneren Theilen Norwegens die Er-
richtung mittelalterlicher Arestuben sich wenigstens bis tief ins
17. Jahrhundert hinein erhalten hat. Die Stube zeigt an der dem
Eingange zugekehrten Seite der Are, um den allzustarken Zug-
wind beim Offnen der Thür fern zu halten, eine aufgerichtete
flache Steinplatte: „blekkastein“ (von blaka, Vorhang) genannt;
auch das am Querbalken befestigte Schwingholz zum Aufhängen
der Töpfe über dem Feuer ist gleich wie Kove, Flur und Ober-
raum bewahrt; das Ganze ist vollständig mittelalterlich (Taf. F,
Abbild. 1 und 2). Die in der Nähe liegende Stube von
Sagneskar gehört vielleicht derselben Zeit an, während die
Stube von Bru (Thelemarken) gewifs mittelalterlich ist.
II. Die Rauchofenstuben des späteren Mittelalters.
Ort der Ehrensitze.
Sehr eigenthümlich ist die Beobachtung, die Eilert Sundt
gemacht haben will, dafs in den Rauchofenstuben durchgehends
der Ehrensitz des Hausvaters anders als in den Arestuben an-
geordnet ist, selbst wenn nach Jahrhunderten in Bezug auf die
Vertheilung der Sitze vielfach Änderungen vorgegangen sind.
Denn auch wo Are oder Rauchofen dem neueren „Peis“ ge-
wichen ist, wird man noch immer in den zu Peisstuben ver-
änderten Arestuben den Ehrensitz diagonal zum „Peis“ finden,
während man ihn in der zu Peisstuben verwandelten Rauch-
ofenstube an derselben Wand wie die „Peis“, allerdings zwar
am entgegengesetzten Ende, findet: eine Nachwirkung der
von Olaf Kyrre in seiner Königshalle unternommenen Ver-
legung des Thronsitzes, die sich durch mehr als acht Jahr-
hunderte bemerkbar macht.
Die Stube zu Aga.
Als die älteste Rauchofenstube, wenn auch der Rauch-
ofen selbst schon längst verschwand, ist die Stube zu Aga
(Stift Bergen) zu betrachten, denn sie mufs noch dem 13. Jahr-
hundert ihre Entstehung verdanken. Auf einem gemeinsamen
steinernen Unterbau erhoben sich auf diesem alten, berühmten
Bauernhof zwei Holzgebäude, ein noch stehendes Wohnhaus
in Laftwerk und eine sicher als Stabbau errichtete Hauskapelle
(vgl. oben S. 83). Die letztere ist schon längst abgetragen, die
Stube steht aber noch. Freilich sind Flur und Kove nicht
mehr vorhanden, die Ecken der Stube wegen Fäulnifs weg-
gesägt und die zurückstehenden Theile der Wände zusammen-
gerückt. Trotzdem ist die Stube die gröfste Bauernstube in
Hardanger, etwa 23 zu 23 Fufs. Die Stöcke der Wände sind
etwa 10 Zoll im Durchschnitt. Die Thüren, welche in den
Flur hinaus und in die Kove hineinführten und die noch theil-
weise erhalten sind, haben reiche Eisenbeschläge und müssen
ursprünglich spitzbogigen Abschlufs gehabt haben, also aus
jüngerer Zeit als etwa 1250 sein. Da sich aber in dem sicher
für die beiden Häuser gleichzeitig aufgeführten steinernen Unter-
bau noch Rundbogen befinden, die in der zweiten Hälfte des
13. Jahrhunderts im norwegischen Steinbau verschwinden,
so ist das Alter der Stube in die letzte Zeit des Königs
Haakon IV. (f 1263) zu verlegen. Wenn dieses zutrifft, so
kann der Bau mit grofser Wahrscheinlichkeit von dem in der
Geschichte Norwegens bekannten Lagmann des Gulathingslag,
Ritter Sigurd Brynjulfson Aga, bewohnt, ja vielleicht sogar
von ihm errichtet gewesen sein.
Stube von Landsvik.
Von den übrigen uns bekannten Rauchofenstuben wissen
wir das Alter nicht; die meisten gehören wohl der in Rede
stehenden Periode an, wenn auch, wie wir sehen werden, weit
später ähnliche Stuben gebaut wurden.
Die Stube von Landsvik (Herle, Stift Bergen) steht
noch theilweise, hat aber ihren Flur verloren; eine Kove hatte
das Gebäude, wie es bisweilen in diesem Stift vorkommt, nicht.
Der Rauchofen, welcher früher hier stand, ist verschwunden.
Eigenthümlich ist die Verzierung nahe dem Sparrendach. In
dieser sogenannten „Mönchsstube“, von der man sagte, dafs
sie älter als der „schwarze Tod“ (1349) sei, soll sich früher
ein „Skot“ befunden haben.
Die Stube von Huse.
Die Stube von Huse (Hardanger, Stift Bergen) kann viel-
leicht auch noch dem 13. Jahrhundert angehören, ist aber sicher
älter als 1500. Auch hier fehlte schon von Anfang an die Kove.
Andere Rauchofenstuben.
Die Stube von Noreim (Vikör, Stift Bergen) ist vor
wenigen Jahren abgetragen worden; die Reste sind nach
Kopenhagen in den Besitz eines dort wohnenden norwegischen
Künstlers übergegangen. Die Stube von Jelse (bei Stavanger),
von Aamvik und Helleland (Hardanger), von Ödland (Stord),
von Neseim (Graven), von Rogne (Vofs), von Dukstad