Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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störten „seltsamen Staburs“ zu Vraalstad (in Bratsberg) sowie
das Alter der Stabure zu Röyndal, Berge (in Öifjeld) und
der zwei einstöckigen Stabure zu Fennefos (im Sätersdal).
Bekannte Lofte der Peisperiode.
Wir haben schon oben den Unterschied zwischen Loft und
Stabur angedeutet: ersteres steht unmittelbar auf der Erde und
hat mit wenig Ausnahmen den Eingang an einer der langen
Wände, während das Stabur sich an der Giebelseite öffnet.
Die Treppe befindet sich beim Loft gewöhnlich an der Aufsen-
seite der einen Längswand. Das Loft ist uns aus dem Mittel-
alter bekannt und erhält sich, freilich nur spärlich, unverändert
durch die späteren Jahrhunderte. Die bekanntesten der Lofte
der Peisperiode dürften die Folgenden sein.
Das Loft von Hande (Valdres) darf nach Nicolaysen
nicht weiter zurück versetzt werden als bis 1650. Neu ist uns
nicht nur der unter dem Hause gegrabene Keller, in den man
durch eine Öffnung in der Diele des unteren Geschosses gelangt,
sondern auch der Umstand, dafs der obere Stock des Laft-
gebäudes über den unteren vorsteht, was im Mittelalter, soweit
wir dasselbe kennen, nie der Fall war, da damals nur das
leichte Stabwerk des Laufganges auf den hervortretenden
Balken des Untergeschosses ruhte, während hier wie in der
Stube zu Elton, das ganze Gewicht des Laftwerks auf diesen
Balken ruht (Taf. L, Abbild. 34—37).
Das Loft zu Heringstad (Gudbrandsdal) gehört viel-
leicht dem Ende des 17. Jahrhunderts an und zeichnet sich
trotz seiner gewaltigen Breite mit zwei Thüren an der Giebel-
seite durch seine gefälligen Verhältnisse aus. Auch hier ladet
der Oberbau über das Untergeschofs aus. Da sich das Haus
auf einer steinernen Unterlage etwas über die Erde erhebt
und die Thüre an der Giebelseite hat, so könnte es als eine
Zwischenform zwischen Stabur und Loft betrachtet werden,
wenn nicht die eigentlichen „Stabben“ fehlten, und die Treppe
an der Aufsenseite der Längswand sich befände.
Das Loft von Ose (Saetersdal) gehört entweder dem 17.
oder dem 18. Jahrhundert an und zeigt nicht die gebräuchliche
Vorkragung des Obergeschosses.
Das Loft zu Espetveit (ebenda) hat die Eigenthümlichkeit,
dafs an der einen Giebelseite des Untergeschosses eine mit
geometrischen Ornamenten geschmückte Planke gleichsam
teppichartig herunter hängt, während sich unter derselben
längs der Giebelseite eine Balustrade mit Pilastern und Rund-
bögen hinzieht (Taf. M, Abbild. 41—44). Das Obergeschofs kragt
wie gewöhnlich vor. Die Tradition berichtet, dafs dieses Loft
im Jahre 1706 gebaut ist, die geometrischen Ornamente wider-
sprechen dieser Angabe nicht.
Das Bur oder Loft zu Lofthus (Thelemarken) mit
schwebender Galerie schlofs sich der S. 115 erwähnten
Stube an.
Ästhetische Würdigung der alten Formen.
So gut wie viele der alten Stuben und vielleicht in noch
höherem Grade verdienen die „Stabure“ und „Lofte“ die höchste
Beachtung wegen des einfachen und sicheren Geschmacks
und feinen Sinnes für die Behandlung des Holzes. Sowohl
die starke Konstruktion bei oft beträchtlicher Abmessung der
einzelnen Hölzer wie die ausdrucksvolle Ornamentik sind
charakteristisch und interessant; es lebt ein Rest des Helden-
zeitalters Norwegens, des Geistes der ungeschlachten, aber
biederen nordischen Recken in diesen grofsen Formen fort, sie
sind ein Erbstück der grofsen Zeiten, in die das Volk während
der dänischen Herrschaft mit Wehmuth und Bewunderung
zurückblickte; diese Bauten sind im Verein mit den Schnitze-
reien norwegischer Bauernkünstler in Holz und Elfenbein des
17. und 18. Jahrhunderts der Faden, der den Aufschwung der
Kunst Norwegens in unserem Jahrhundert mit der jener fernen
Zeiten verbindet. Sie bildeten stets den Stolz des Volkes, das
sie in hohen Ehren hielt. Heute, wo die neue Kultur mit
neuen Forderungen und denselben entsprechenden Formen an
das Volk herantritt, wo die verbesserten Verkehrsmittel wie
Eisenbahn, Telegraph und Telephon selbst in die abgelegensten
Thäler und über die schneeigen Bergplateaus vorgedrungen
sind, liegt die Befürchtung nahe, dafs diese Werke der Väter
bald verschwinden werden. Demgegenüber darf es als ein
glücklicher Umstand betrachtet werden, dafs die Kultur mit
dem gesteigerten Nationalbewufstsein auch den regen Sinn für
die Bedeutung dieser Alterthümer mit vollem Bewufstsein zu
neuer Blüthe bringt, und es darf gehofft werden, dafs sich
Bestandtheile unserer alten Bauformen in die den neuen For-
derungen angepafsten Anlagen hinüberretten. Vom absoluten
Standpunkte aus darf man ja nicht bedauern, dafs alte, ehr-
würdige, aber den unerbittlichen Forderungen einer neuen Zeit
nicht mehr entsprechende Formen verschwinden und absterben;
das liegt in der Entwicklung einer neuen, höheren und edleren
Kultur-Ordnung begründet; wohl aber würde es zu bedauern
sein, wenn die altnorwegischen Bauarten im Lande selbst ver-
schwinden sollten. Denn, wenn man z. B. sieht, wie die hohe
„Röststube“ in Österdalen mit der edlen, alten Form des
offenen Dachstuhls, mit ihrer gesunden frischen Luft in dem
hohen, vom Peis geheizten Raum, die nicht nur den Gesund-
heitsansprüchen, sondern auch den übrigen Bedürfnissen des
Volkes so vortrefflich entspricht, den beengenden, niedrigen,
qualmigen Stuben mit flacher Decke weichen müssen, dann
darf man wohl — nicht im Namen der „Romantik“, auch nicht
im Namen der „Ästhetik“, sondern geradezu im Namen der
Volks-Wohlfahrt bedauern, dafs hierin uns leider keine Hoff-
nung mehr leuchtet — ausgenommen dann, wenn diese Stuben
hier und da als Motiv für moderne Villenbauten mit Glück
benutzt werden, wie z. B. bei den Bauten des deutschen
Kaisers in Rominten.
6. Kapitel.
Die Periode der Ofenstube ungefähr seit 1770.
Die Neuerungen.
Die drei Bauformen der vorigen Periode: Stube, Stabur,
und Loft, finden wir auch in dieser Periode wieder. Die
Neuerungen dieser Zeit hängen wieder durchaus mit den Heiz-
vorrichtungen zusammen. Bei der grofsen Einförmigkeit der
Ausstattung, die bisher geherrscht hat, bedingt daneben auch
die Einführung einiger neuen Gegenstände in die alte Stube
Einflüsse des Rococo und des Klassizismus.
gewisse Änderungen der Anlage, die auf das Ganze Einflufs
üben, so dafs uns um 1770 gleichsam eine neue Physiognomie
des Bauernhauses entgegentritt.
Ungefähr um diese Zeit beginnt die Bauernstube das Aus-
sehen der Stube der Gegenwart zu erhalten: Ziegeldach, Öfen,
Panele sowohl im Innern wie an der Aufsenseite, getrennte
Küche, mit Holzrahmen versehene Fenster, Wanduhren u.s.w.
das sind die hauptsächlichsten Neuerungen.