Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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Der Eisenofen.
Die einschneidendste Rollé spielt der Ofen. Der Peis ist
wahrscheinlich erst unter der Regierung des dänisch-norwegi-
schen Königs Christian VI. (1730—1746) in den Bauernhäusern
von den Eisenkaminen oder „Öfen“, wie man sie in Norwegen
kurzweg nennt, verdrängt worden. Zwar kommen die Eisen-
öfen in den Städten und in den Herrschaftshäusern auf dem
Lande schon im 16. Jahrhundert vor, aber, was die letzteren
betrifft, nur in einem einzelnen Theile des Landes. Im Stift
Christianssand sollen sie schon vor mehr als 200 Jahren im
Gebrauch gewesen sein; jedenfalls zeigen die ältesten uns be-
kannten Eisenöfen, welche nur aus einer Etage bestehen, gleich
denen in den Bauernstuben des „Ostlandes“ das Medaillon-
porträt des genannten Königs. So spät die Eisenöfen aus den
Städten auf das Land übertragen wurden — eine natürliche
Folge der zerstreuten und isolirten Bebauungsweise des Landes,
das von einer armen und aus Noth sehr konservativen Be-
völkerung bewohnt wurde -— so langsam verbreiteten sie sich
auch, nachdem sie einmal Aufnahme gefunden hatten: noch
1774 fanden sich in Österdalen nur wenige solcher Öfen, und
in gewissen Theilen dieses Thales waren sie noch um 1784 völlig
unbekannt. Der eiserne Ofen erhielt gewöhnlich neben der
inneren der zwei Thüren zu den Koven seinen Platz; ein
eisernes Rohr führte den Rauch in den Schornstein des Peises,
der noch lange in der Stube stehen blieb und zum Kochen
benutzt wurde. (
Dachziegel.
Mit den vollkommeneren Heizmitteln war nunmehr auch
die Möglichkeit gegeben, anstatt mit dem im Winter warmen,
im Sommer kühlen Torf das Dach mit Dachziegeln zu belegen,
was schon um 1750 auf dem Lande stattfand, ohne aber dafs
sich das neue Material schnell verbreitet hätte.
Panele.
Um die Wärme dennoch im Winter dem Innern des
Hauses zu erhalten, wurde die Verschalung des Daches und
der Wände mittelst Panelen, wenn nicht gerade als Noth-
wendigkeit, so doch als sehr erwünscht betrachtet und bürgerte
sich bald an vielen Orten ein.
Veränderte Lebensverhältnisse.
Die veränderten Bauverhältnisse führten bald zu veränderten
Lebensverhältnissen. In der Peisstube hatte sich bisher die
ganze Familie mit der Dienerschaft in Gemeinschaft auf-
gehalten: der Peis hatte in den Winterabenden die mit häus-
lichen Arbeiten beschäftigte Familie gemüthlich um die hell
lodernde Flamme versammelt und derselben nicht nur Wärme,
sondern auch Licht gespendet, das aufserdem durch an-
gezündete Tannen- oder Fichtenhölzer (Tyristikker), die im
Raum vertheilt waren, verbreitet wurde; jetzt war die Flamme
am häuslichen Herd erloschen, die Talglichter auf den Tischen
brachten eine Scheidung zwischen Herrschaft und Diener-
schaft hervor, die Stube, die jetzt besser ausgestattet war,
konnte nicht mehr für die geringeren Arbeiten benutzt werden;
sie wurde nur der Herrschaft vorbehalten, während in der
hinteren Kove oder bei Durchbrechung der Wände in beiden
Koven eine Küche mit Schornstein zum theilweisen Aufent-
halt für das Gesinde angelegt wurde. Gleichzeitig wurde die
eine der beiden zu den Koven führenden Thüren geschlossen.
Bustehylle.
Zwischen diesen beiden Thüren hing früher die s. g.
„Bustehylle“, ein Halter für eine Bürste und ein Handtuch zum
Reinigen. Diese „Bustehylle“ Verhielt jetzt ihren neuen Platz
neben der Eingangsthüre.
Schränke.
Die alten, meist in holländischer Renaissance gehaltenen
festen Schränke erhielten gleichzeitig die Rococoformen des
XVIII. Jahrhunderts.
Fenster.
Die Fenster, die, wo sie sich überhaupt fanden, bisher nur
kleine, in Blei oder Zinn gefafste Scheiben hatten, erhielten
jetzt Rahmen und Sprossen aus Holz mit Kitt zur Aufnahme
des Glases. Das Fenster wird von den norwegischen Bauern
einfach „Glas“ genannt. Die Fenster waren jedoch noch nicht
zum Öffnen eingerichtet; frische Luft war ein Bedürfnifs, das
unsere Grofsväter und Urgrofsväter nicht kannten; ihre Vor-
fahren hatten so viel von der Zugluft gelitten, dafs die Nach-
kommen nun — les extrêmes se touchent — alle Luft aus-
schlossen. Auch diese Neuerung tritt zum ersten Male etwa
um 1750 auf; an vielen Orten wurden Fenster in die Wände
der alten Rauchofenstuben gebrochen und zwar ein Fenster
gewöhnlich hinter dem Ehrensitze und zwei an der Giebelseite
hinter der langen Bank.
Wanduhren.
Endlich wurden die grofsen Wanduhren, zuerst als Stand-
uhren in grofsen Gehäusen, später nur an der Wand hängend,
um und nach 1750 vereinzelt eingeführt; erst im letzten Viertel
des 18. Jahrhunderts wurden sie allgemein.
Dieser kleine kulturelle Fortschritt mufs in der Bau-
geschichte besonders betont werden, weil er zu einer weiteren
Änderung in der Anordnung der Stube führte. Ihre geeignetste
Stelle fand die Wanduhr auf dem zunächst noch von keinem
Spiegel eingenommenen Platze zwischen den beiden Fenstern
an der einen Giebelwand.
Neue Anordnung der Bänke.
Längs dieser Wand stand bisher die lange Bank mit dem
langen Tisch und der langen „Forseti“, die ganze Breite der
Stube einnehmend. Damit aber nun die Uhr eine würdige
Aufstellung erhalten konnte, wurden der Tisch und die Bänke
in der Mitte getheilt, so dafs in der Mitte der Wand ein freier
Platz für die Uhr entstand. Anstatt eines langen Tisches und
zweier Bänke erhielt man nunmehr zwei kürzere Tische und
vier kürzere Bänke gegen die beiden Ecken der Stube hin.
Das moderne Bauernhaus.
Diese an und für sich so unbedeutende Änderung war
aber folgenschwer; denn sobald nun die oben erwähnten Er-
weiterungen des Hauses auf zwei Stockwerke und die „Neustube“
allgemeiner wurden, und die Einflüsse der städtischen Kultur
mit den verbesserten Verkehrsverhältnissen und dem gehobenen
Wohlstand des Volkes in dem 1814 wieder selbstständig ge-
wordenen Staat allmählich auch auf dem Lande sich geltend
machten, konnten die verkürzten Wandbänke, die nach und
nach freistehend geworden waren, leicht einem modernen
Sopha, die verkürzten Tische einem runden Salontisch, der
„Forseti“ einigen gepolsterten, aus der Stadt geholten Stühlen
Platz machen, und der altehrwürdige, ländliche Charakter
der Stube war verschwunden. Der Peis wurde entfernt oder
der Küche und höchstens . der einen Stube zugewiesen, der
Ofen nahm seinen Platz in der Ecke ein, und die städtische
Stube war da und wurde bald mit Gardinen und Tapeten, mit
Vorhängen vor den jetzt freistehenden Betten, mit Kommode,
Photographien und Spiegel versehen; aus dem alten, kräftig
einfachen Bauer war ein „Sophabauer“, ein „Proprietarius“
mit Meerschaumpfeife und Zeitungen, und ein Paar Jahrzehnte
später mit Cigarre und Augenglas geworden. Jetzt sieht.die
gewöhnliche Anlage des Hauses eines Grofsbauern auf dem
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