Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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„Ostlande“, in der man die Spuren der jetzt beschriebenen
uralten Anordnung noch verfolgen kann, ungefähr folgender-
mafsen aus: an der langen Vorderseite in der Mitte eine
niedrige Treppe von zwei oder drei Stufen, und mit Sitzen
an beiden Seiten; durch die Eingangsthür, die sich oberhalb
dieser Treppe öffnet, tritt man in der Mitte des Hauses in
den Flur ein, von wo eine gewundene Treppe in den
zweiten Stock führt, während man rechts und links in die zwei
grofsen Eckstuben eintritt, von denen die eine mehr bäuerlich-
einfach — bisweilen mit Peis versehen — die andere dagegen
(die Neustube) fein bürgerlich, städtisch, ausgestattet ist. Gerade-
aus tritt man aus dem Flur in die Küche, die einen besonderen
Ausgang nach hinten, gewöhnlich mit „Beischlag“ hat. Hinter
den beiden Stuben liegen meistens je zwei kleine Zimmer
— oft Schlafzimmer. Hat das Haus zwei Stockwerke, so
wiederholt sich ungefähr dieselbe Eintheilung oben, nur ist die
Küche hier durch ein Zimmer ersetzt. Hat das Haus nur ein
Stockwerk, so finden sich oben unter dem Dache zwei Giebel-
zimmer. Das Nationale, so viel wie möglich abgestreift, klingt,
wie man sieht, dennoch in den Einzelheiten der Anlage durch
Natürlich sind diese Änderungen in den einzelnen Theilen des
spärlich bevölkerten Landes zu verschiedenen Zeiten und mit
grofser Verschiedenheit eingetreten. Es ist gewifs in den inneren
Theilen des Landes noch mancher Ort, wo die Arestube oder
die Rauchofenstube, höchstens mit kleinen Fenstern ausgestattet,
in den älteren Formen fortlebt, ohne dafs das spähende Auge
des Archäologen sie noch aufgespürt hat. Namentlich wird im
nördlichen Norwegen und vielleicht in und um Saetersdalen
nebst den umliegenden Gegenden gewifs noch manch’ alter-
thümliches Gebäude von Interesse zu finden sein.
Bekannte neuere Stuben der älteren Form.
Die bemerkenswertesten Gebäude dieser Periode sind aus-
schiefslieh die, welche die alten Formen in die neue Zeit her-
überretten; denn es war im Anfange dieser Periode die alte
Bauweise noch in voller Wirksamkeit, und wir können einzelne
interessante Häuser aller drei Gattungen und, wiewohl am Ende
des 18. und im Anfang des 19. Jahrhunderts aufgeführt, noch
völlig im Charakter der Peisperiode, verzeichnen.
So ist die Stube zu Nordre Gjellerud (Numedal) eine
Peisstube mit „Beischlag“ und aus dem Jahre 1781; die jüngste
uns bekannte Österdalstube zu Gjetvold-Deset war 1798
gebaut und ist 1893 abgebrannt. Die jüngste der Stuben zu
Gulsvik (die Hinterstube) scheint schon dem 19. Jahrhundert
anzugehören, die Stube zu Flaaten (Numedal) mit zwei Stock-
werken und Stabwerk im Laufgang, mit dem gekrönten Reichs-
löwen neben einem Hahn in interessanter Rococoschnitzerei,
ist 1806 gebaut; die Stube zu Sternes (ebenda), wieder
mit dem Reichslöwen geschmückt, deren Dach oben weiter
vor dem Giebel vorspringt als unten (was in Numedal nicht
ungewöhnlich ist), gehört nach der Inschrift über der Thür dem
Jahre 1811 an. Häuser von zwei Stockwerken kommen zu
Austad (Solör), Haemstad und Aanestad (Hedemarken) vor,
und zwar mit eigener Küche; letzeres Haus ist sogar erst 1816
errichtet.
Bekannte Stabure.
Eine recht interessante Gruppe von Staburen, alle der Zeit
um 1775 angehörend, kommen in Hvideseid (Thelemarken) und
den umliegenden Bezirken vor: sie erweisen sich durch ihre Or-
namentik als nachgeborene Kinder des Rococo. Die bedeutend-
sten sind die Stabure zu Gotuholt (1775 datirt), Söftestad
(*775)» jetzt abgetragen, Nösterud, Lundeval und Flatland.
In Bolkesjö (Thelemarken) findet sich ein Stabur aus dem
Jahre 1796, zu Nes (Hallingdal) ein Stabur von 1797, durch die
gitterartige ornamentale Behandlung der ganzen Vorderseite
etwas einförmig wirkend (Taf. M, Abbild. 45). Endlich finden
sich zwei Stabure zu Skjönne (Numedal), deren älteres mit
Reichslöwen und Hahn 1799, deren jüngeres mit Jahreszahl
versehen und mit denselben Thieren an der Stirnseite, 1816
gebaut ist.
Bekannte Lofte.
Von neueren „Loften“ in der alten Form müssen wir das
wohl dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts angehörende,
höchst malerische Loft zu Bjölstad (Gudbrandsdal) verzeich-
nen (Taf. J, Abbild. 21), wo übrigens auch wie im Stabur von
Nes die eigenthümliche gitterartige Erscheinung der aufrecht-
stehenden Planken des Laufganges ziemlich kraftlos wirkt und
schon an den einbrechenden Verfall des alten Stils mahnt.