Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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lung zeichnet auch die späteren Schnitzereien in Numedal
aus. Reihen wir jenen zwei alten Portalen aus Skjönne,
von welchen das eine aus der Zeit um 1370 stammte,
die neueren datirten Beiteski an, die von Stärnes aus dem
Jahre 1725, zu Hostvet aus dem Jahre 1742, zu Skjönne
aus dem Jahre 1799, zu Flaaten aus dem Jahre 1806, zu
Stärnes aus dem Jahre 1811 und zu Skjönne aus dem
Jahre 1816 an, so springt der gemeinsame, von allen anderen >
Schnitzereien verschiedene Charakter des Numedal uns deut-
lich in die Augen, wenn auch zu Stärnes, in dem unteren,
reicheren, mit Thelemarken in Verbindung stehenden Theile
des Thals sowohl 1725 als 1811 die horizontale Theilung, die
Schlingen und die Profilirung gegen die Mitte hin vorkommen,
während in dem oberen Theile des Thals die Blattornamentik
vorherrscht. Die dünnen, sich berührenden Schlingen zu
Stärnes 1725 haben noch denselben lockeren Charakter wie
die Kapitälverschlingungen der 400 Jahre älteren Stabkirche
zu Opdal ziemlich unverändert beibehalten. Um 1811 sind sie
unter dem Einflufs des Zopfes auf ein paar Rosetten zu-
sammengeschrumpft. Die Profilirung und die ganze Gliederung
durch horizontale Theilungen sind sowohl 1725 als 1811 ziem-
lich verkümmert und verkrüppelt.
In den oberen Theilen des Thals spielt das symmetrische
Blatt - Füllornament die Hauptrolle. Auch dieses ist aber, mit
den entsprechenden Thelemarkschen Ornamenten verglichen,
dünn und phantasielos. Es ist die absterbende einheimisch-
mittelalterliche Ornamentik, die hier in vergeblichem Ringen,
sich das Neue anzueignen, allmählig untergeht. Starre Glocken-
blumen u. dgl. müssen im Stabur zu Hostvet (1742) als Ab-
schlufs dienen, selbst die Rococomotive zu Flaaten (1806) er-
scheinen steif, symmetrisch im Klassizismus erstarrt. Auch an
den beiden Staburen zu Skjönne aus den Jahren 1799 und 1816
machen die zopfartig angeordneten, palmettenartigen Blätter
und die Ringe um die Jahreszahlen und Besitzerinitialen das
ganze Ornament aus.
Doch nicht „das ganze Ornament“. Ein Glied der Nume-
dalschen Ornamentik bleibt noch zu besprechen übrig. Der
Leser erinnert sich an die in Relief geschnitzten Löwendarstel-
lungen, die — den kirchlichen Portal-Thüren entstammend —-,
aber in den Stabkirchen, wie in den Loften von Senning und
und Loftsgaard immer freistehend, zwei mittelalterliche Thür-
einfassungen zu Skjönne in Numedal aus dem 14. Jahrhundert
schmückten. Diese Darstellungen treten im 18. Jahrhundert in
eigenthümlicher Weise wieder auf, indem die verscliiedenen
Stabure jener Zeit am oberen Ende der Beiteski die Löwen zeigen,
diesmal aber mit Hellebarde und Krone ausgestattet: das Reichs-
wappen Norwegens in der Zeit der Vereinigung des Landes mit
Dänemark. Die Krümmung der Unterseite des Würfelkapitäls
ist förmlich in die krumme Hellebarde, auf der der Löwe steht,
übergegangen. Das älteste bekannte datirte Beispiel kommt
in dem Stabur zu Stärnes vom Jahre 1725 vor. Dann tritt
der Reichslöwe in den Gebäuden zu Hvale, dessen Ornamente
sonst sehr alterthümlich, fast mittelalterlich geformt sind, zu
Hostvet (1742), Skjönne (1799), Flaaten (1806), Stärnes
(1811), und Skjönne (1816) auf, vielleicht auch an anderen,
uns unbekannten Häusern. Als Gegenstück zu dem Reichs-
löwen erscheint am Ende des 18. Jahrhunderts der Hahn, der
den Bauern nicht nur von dem Hühnerhof sondern auch von
allen Wetterfahnen der Kirchen aus wohlbekannte Vogel, das
Symbol der Wachsamkeit. Er steht in Skjönne (1799),
Flaaten (1806) und Skjönne (1816) neben dem Löwen, wie
wenn die beiden die ursprünglich den Löwen von Juda und
den Hahn des heil. Petrus bedeuteten, jetzt ein „der Löwe
Norwegens ist erwacht“ bezeichnen wollten, was sich denn
auch 1814 thatsächlich ereignete.
Ecksäulen.
Die Ecksäulen der Laufgänge (Taf. K, Abbild. 30 und 31)
sind neben den Beiteski die wichtigsten Träger der Dekoration
dieser Periode. Wir haben schon früher hervorgehoben, dafs in
den mittelalterlichen Gebäuden dieses Hauptglied der Konstruktion
auffallen der Weise ungeschmückt blieb. Es war gewöhnlich
cylindrischer Form; 1671 tritt es uns zum ersten Male zu Söndre
Ödegard (Thelemarken) mit Anschwellung und sehr discret
geschmückt entgegen. Die Anschwellung ist in der Mitte
der Säule am gröfsten; die Mitte ist durch eine vertiefte
Perlschnur (in ähnlicher Weise wie an den Beiteski) betont,
der obere und der untere Wulst, welche Kapitäl und Basis
vertreten, sind ähnlich decorirt. In gleicher Weise sind auch
die Ecksäulen zu Ose (Saetersdalen) und zu Heibö (Thele-
marken) geschmückt. Fast noch einfacher, nur mit einem Ring
in der Mitte umgeben und mit schmalen Randbändern oben
und unten verziert, zeigen sich die Eckstäbe zu Söndre Gjel-
lerud in Numedal, zu Hostvet (1742), zu Stärnes (1811)
und zu Skjönne (1816). Ohne jeglichen Schmuck, doch gegen
die Mitte anschwellend, treten die Ecksäulen im Stabur von
Söftestad (1775) auf.
Die Dekoration der Ecksäulen geht jener der Beiteski
parallel. Schon 1725 macht sich neben jener diskreten Orna-
mentik im Stabur zu Sternes ein reicherer Schmuck geltend.
Zwischen Säulenkörper und Kapitäl schieben sich geflochtene
Schnüre ein, die Mitte ist durch eine vertiefte Linie bezeichnet
und der Säulenkörper selbst mit gegen die Mitte zusammen-
laufenden Linien geritzt, die oben und unten durch die Skjölp
mit halbmondförmigen Einschnitten versehen sind. Zehn Jahre
später ist in Selstad (1735) die Mitte noch bedeutsamer
betont, indem zwei Ringe mit tiefen Einschnitten dieselbe her-
vorheben, wodurch der Säulenkörper gleichsam in zwei selbst-
ständige Hälften zerfällt, deren jede ihren gröfsten Durchschnitt
etwas unterhalb der Mitte hat, die somit nicht mehr den stärksten
und breitesten Punkt der Säule bildet; sonst ist die ganze Säule
ohne Dekoration. Um so reicher sind nach demselben Prinzip die
Ecksäulen des Staburs von Berdal, 14 Jahre später (1749), und
ungefähr gleichzeitig die des Staburs von Mule(Thelemarken), so-
wie etwas später, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts, die des
Staburs von Sandaak dekorirt worden, und hier ist der Einflufs
der Säulen jener holländischen Schränke und Tische nicht zu ver-
kennen (Taf. K, Abbild. 31). An diesen barocken Gliedern der
Stabure ist nichts, absolut nichts ursprünglich norwegisches zu
entdecken; sie erinnern an nichts so viel als an die reich ge-
schnitzten Füfse jener Kabinette u. ähnl. Möbel, die im 17. Jahr-
hundert so häufig aus Holland nach Norwegen gekommen waren.
Aufserordentlich schön sind die zwei Hälften des Säulenkörpers
mit Kanelluren und mit schuppenartig eingelegtem Maschenwerk
Iversehen, während um die Wülste der Mitte und der Enden sich
flechtenähnliche Schnüre winden. Dergleichen Ecksäulen aus
jener Zeit finden sich in Thelemarken häufig. Von den Eck-
säulen ist diese Ornamentik auf die fein profilirten Beiteski über-
gegangen. — Eine neue Variation zeigt wiederum das Stabur
von Gotuholt (1775). Hier sammelt sich die Ornamentik als
Flechtwerk, Zahnschnitte u. s. w. um die Mitte, während die
zwei Hälften des Säulenkörpers zur Abwechslung einmal den
gröfsten Durchschnitt oben und dann wieder unten, gegen die
Enden hin zeigen.
Endlich scheint um 1790 hie und da eine Vieltheilung des
Säulenkörpers die Zweitheilung abgelöst zu haben, wie wir es an
den Staburen zu Nes in Hallingdal (1790) (Taf. M, Abbild. 45)
und zu Skjönne (1799) beobachten können. Der Eindruck einer
Röhrenform, welchen die Ecksäulen von Nes machen, wirkt
nicht eben glücklich und vernichtet namentlich den energischen
Ausdruck stämmiger Kraft, der den anderen alten Ecksäulen
selbst bei den gröfsten Verwilderungen der Form dennoch
als ein Zeichen ihrer Abstammung eigenthümlich bleibt.