Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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Smaalenene östlich, Akerhus nördlich, Jarlsberg und Larvig
westlich und die inneren Landschaften: Romerike, Modum,
Ringerike, Hadeland, Toten, Hedemarken und Solör (siehe die
Karte).
Im Mittelalter bildete das ganze Nordfjeldske sammt dem
jetzt Schweden gehörenden Herjedal in geistlicher Beziehung
das Erzstift Drontheim, das bis zur Südgrenze des Söndmöre
(Süd-Möre) sich erstreckte. Das Westfjeldske bildete dann, un-
mittelbar an das Erzstift stofsend, das Bisthum (Stift) Bergen bis
ungefähr nach dem Stavangerfjord hinunter, gleich dem jetzigen
Bergenstift mit Ausnahme von Söndmöre; das Söndenfjeldske
zerfiel in drei Bisthümer: Stavanger um die Südecke des Landes
herum, dem jetzigen Christiansands Stift entsprechend, zugleich
aber Valdres und Hallingdal in sich aufnehmend, Hamar Stift
im Inneren, unmittelbar an die Südseite von Dovre stofsend,
das jetzige Hamar Stift mit Zugabe von Numedal und gewissen
Theilen des oberen Thelemarken; endlich wurde Oslo Stift aus
den südöstlichen Theilen des Landes gebildet und entsprach
ungefähr dem jetzigen Christiania Stift nebst dem jetzt Schweden
gehörenden Bohuslen. Nach diesem kleinen, deutschen Lesern
wohl nicht völlig unentbehrlichen geographischen Exkurs kehren
wir zu unseren Stabkirchen zurück.
A. Erzstift Drontheim (der kreuzförmige Möretypus).
Unter den 83 Stabkirchen, die wir im Erzstift kennen,
sind es eigentlich nur die Kirchen von Nordmöre, Romsdal
und Söndmöre, die, weil wir von ihnen jedenfalls etwas wissen,
unser Interesse beanspruchen dürfen. Es scheint in diesen
Landschaften ein jetzt völlig verschwundener Typus kreuz-
förmiger Stabkirchen bestanden zu haben. Die, wie es
scheint, 1407 aufgeführte, 1783 abgebrannte Kirche zu Stangvik
ist allgemein als eine prachtvolle, dreischiffige, vom ersten Ur-
sprung an in Kreuzform gebaute Stabkirche bekannt: eine
Form, zu der man bisher nur eine
Parallele: die 1861 niedergerissene
Olafskirche zu Hof in Solör (Ab-
bild. 10) kannte. Untersucht man
aber die offiziellen Berichte des
17. und 18. Jahrhunderts im nor-
wegischen Reichsarchiv, so wird
man finden, dafs eine Menge
Kirchen in den soeben genannten
3 Landschaften als „Kreuzkirchen“
beschrieben werden; jedoch hört
die Kreuzform bei der Grenze
des Erzstiftes plötzlich auf, um
aufserhalb desselben nur hie und
da an Kirchen erwähnt zu
Abbild. io. Kirche zu Hof, Solör.
werden, bei denen deutlich hervorgeht, dafs die Kreuzarme,
nur von liegenden Balken, nach der Reformation zur Erweite-
rung der Stabkirche hinzugefügt sind. Im 17. Jahrhundert
fanden sich aber im Erzstifte mindestens 30 Kreuzstab-
kirchen. Die Frage wird also aufgeworfen werden müssen,
ob die Kreuzform in diesen vielen Kirchen des Erzstiftes viel-
leicht auch nur eine Folge einer Erweiterung der Kirche durch
liegende Balken nach der Reformation ist, oder ob wir es hier
wirklich mit einem dem Erzstifte eigenthümlichen Stabkirchen-
typus zu thun haben. Denn so gewöhnlich ist die Kreuzform
in diesen Gegenden des Erzstiftes, dafs es in dem Berichte von
1661 ausdrücklich hervorgehoben wird, wenn eine Stabkirche
„ohne Kreuz“ ist.
Eine nähere Untersuchung der Berichte, die ich in der
norwegischen Ausgabe dieser Arbeit unternommen habe, die
ich aber als für deutsche Leser wenig interessant hier aus-
schliefse, zeigt, dafs, wenn auch 6 dieser Kirchen deutlich in
die Reihe der später zu Kreuzkirchen erweiterten Langkirchen
fallen, doch mit voller Sicherheit 9, und mit Wahrscheinlich-
keit 15, also im Ganzen 24 wirklich ursprüngliche Kreuzstab-
kirchen in diesen Landschaften aufgestellt werden können. Zu
diesen kommt dann noch die oben genannte Olafskirche zu
Hof in Solör. Die 9 sicheren sind: Stangvik, Hareid, Öksendal,
Rindalen, Sunnelven, Örskog, Vatne, Volden, Örsten.
Was das Alter dieser Kreuzstabkirchen betrifft, so ist es
wahrscheinlich, dafs die meisten den letzten Jahrhunderten des
Mittelalters angehören. Dafs sie so spät in den Urkunden auf-
treten, kann freilich auf der Sparsamkeit, mit der diese in jenen
Gegenden des Landes vorkommen, beruhen — der ältesten
wird 1309, fast aller anderen erst im 15. Jahrhundert gedacht
-■ ; desto wichtiger ist es zu bemerken, dafs die Kreuzkirchen
von Söndmöre, deren Mafse man kennt, weit gröfseren Flächen-
inhalt als alle anderen Stabkirchen des Landes aufweisen.
Aus diesem Grunde liegt auch der Gedanke nahe, dafs in
diesen den Gewittern und winterlichen Stürmen am meisten
ausgesetzten Theilen des Landes die erste und älteste Reihe
der nach Einführung des Christenthums im 11. Jahrhundert ge-
bauten Kirchen im 14. und 15. Jahrhundert baufällig geworden
und von neuen Kirchen abgelöst sein kann. Die Baumeister
dieser Zeit haben dann, durch die gesteigerte Zahl der Be-
völkerung gezwungen, zu gröfseren Abmessungen und zu Vor-
bildern in Stein, welche entweder eine aufserordentliche Längen-
entfaltung in der Kirche — Norddalen 98 zu 24 oder die
Kreuzform als natürlichen Ausweg zur Erweiterung zeigten,
gegriffen — bei diesen Vorbildern liegt es hier, wo auch im
Steinbau die Kreuzkirchen sehr selten sind, nicht ferne, an die
prachtvolle Metropolitenkirche des Erzstiftes: die Domkirche
in Drontheim, die eine Kreuzkirche war, zu denken, be-
sonders weil die Grenzen dieser Kreuzkirchen so genau mit
der Grenze des Erzbisthums zusammenfallen. Darf man weiter
die Kirche zu Stangvik, die ja als im Jahre 1407 gebaut
gilt, als Paradigma dieser Kreuzkirchen ansehen, dann zeigt
dieselbe in ihrer Konstruktion, wie diese von Schöning be-
schrieben ist, was auch die Olafskirche zu Hof in Solör offen-
bart, dafs in den Kreuzkirchen neuere, den ursprünglichen
Stabkirchen fremde Konstruktionsformen angewandt sind,
Formen, welche deutlich kundgeben, dafs die alte Stabkirchen-
form ihre Rolle ausgespielt hatte, als man die Kreuzstab-
kirchen zu bauen anfing. In der Kirche zu Stangvik heifst es
z. B., dafs die Stäbe „eckig“, nicht wie früher rund waren, und
auch in der Olafskirche zu Hof zeigte es sich, dafs sie nicht
nur viereckig, sondern auch, anstatt wie in den älteren
Kirchen über den Schwellen zu reiten, in dieselben eingezapft
waren. Aufserdem war das bedeutsamste Charaktermerkmal
der Stabkonstruktion, die Bugverbindung, in der Kirche zu
Hof (und wohl auch zu Stangvik) gar nicht mehr vorhanden,
sondern durch schräge Querbänder ersetzt, die zugleich die
alten Rundbögen verschwinden liefsen, indem dieselben durch
gradlinige Abschlüsse ersetzt wurden.
Dafs mehrere dieser kreuzförmigen Kirchen dreischiffig
waren, scheint aus ihren Dimensionen hervorzugehen. Die
Kirche zu Stangvik war in der That dreischiffig, und da die
längsten Querbalken, die über die Breite einer Stabkirche ge-
spannt sind, die Querbalken in der Kirche zu Hof, die wohl
überhaupt nicht gut überboten werden können, ohne dafs sich
die Balken unter ihrem Eigengewicht biegen, 25' lang waren,
so dürfen wir schliefsen, dafs diejenigen unter den Söndmöreschen
Kreuzkirchen, bei denen ein Breitenmafs von mehr als 13 bis
14 Ellen verzeichnet ist, höchstwahrscheinlich innere Stützen
gehabt haben, und somit dreischiffig gewesen sein müssen.
Von einschiffigen Kirchen im Erzstifte kennen wir fol-
gende 7, die theils noch bestehen, theils erst neuerdings nieder-
gerissen sind: Aalen, Holtaalen, Kvernes, Grip, Eid (in Roms-
dal), Rödven, Röd.
Als eine Eigentümlichkeit der Stabkirchen des Erzstiftes
kann erwähnt werden, dafs in einer Zeit, wo die Stabkirchen