Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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Etwas ähnliches sieht man schon in der Kirche zu Urnes pro-
totypisch vorgebildet. In zwei Portalen in der Kirche Vang
und Kirche Torpe zeigt sich die Archivolte als Kleeblattbogen,
ein Umstand, der die Entstehung des Portals kurze Zeit
nach dem Jahre 1200 angiebt. Vor diesem Jahre kann der
Kleeblattbogen in Norwegen selbst in Steinbauten nicht nach-
gewiesen werden.
B. Der Thelemarksche Typus.
Der Typus von Thelemarken (Abbild. 27) hat in vielen seiner
Beispiele die verhängnifsvolle Lücke des verschwundenen
Mittelstücks; die Frage nach Archivolte oder flachem Abschlufs
entzieht sich somit unserer Untersuchung fast vollständig. Der
Abbild. 27. Attraa (die vegetabilischen Theile schraffirt).
Typus scheint sich, soweit wir ihn verfolgen können, über das
jetzige Stift Christiansand (den wesentlichen Theilen des mittel-
alterlichen Stifts Stavanger mit Ausnahme von Valdres und
Hallingdal) und aufserdem über Numedal und Sandsvär, ver-
breitet zu haben. Er tritt in 11 Kirchen 15 mal auf: 1. At-
traa, 2 — 5. Hitterdal (4), 6. Öjfjeld, 7. Dal, 8. Hyllestad (die
Kirche besitzt aufserdem ein uns hier nicht beschäftigendes
figurales Portal), g. das in seinem unteren Theile figurale Portal
der Kirche von Austad, 10. Veum, ii. Nore, 12.Opdal, 13. Fles-
berg, 14. Tuft. Endlich zeigt 15. die eine Seite des sonst
figuralen Portals zu Vegusdal Ornamente, die diesem Typus
angehören.
Ganz im Allgemeinen betrachtet, zeichnet sich der Thele-
marksche Typus in der Regel durch seine breite, bisweilen
schroffe Derbheit der Verschlingungen aus, die einen deut-
lichen Gegensatz gegen die feine Eleganz des Sognschen
Typus bilden. Ebenso zeigt er eine längere Entwickelung als
jener und bietet uns deutliche Spuren einer eintretenden Deka-
denz dar.
Wir werden die Einzelheiten in ihrem Gegensatz gegen
und in ihrer Ähnlichkeit mit dem Sognschen Typus kurz darstellen.
I. Die Planken. Die Palmettenreihe des Sognschen
Typus findet sich in dem Thelemarkschen nicht, nur im Portale
von Tuft, das sich auch in seiner Feinheit mehr dem Sognschen
Typus nähert, sieht man eine Andeutung der Palmettenreihe. In
Folge dessen fehlt gewöhnlich auch die Randlinie, doch
findet man eine geschmückte Leiste in Austad und eine ganz
einfache Linie in Öjfjeld.
Als das wichtigste Unterscheidungsmerkmal mufs hervor-
gehoben werden, dafs der Drachenkopf, aus dessen Munde die
Verschlingungen ausgehen, immer von der Basis in ver-
tikaler Richtung aufsteigt (nicht von der Halbsäule in
horizontaler Richtung ausgeht) und zweimal (Dal und Atraa)
en face gehalten ist. Einmal ist er ganz verschwunden, bis-
weilen durch ein ganzes Thier ersetzt.
Die Rebenschlingen gehen hier, wie im Sognschen
Typus, nur aus dem Munde des Drachenkopfes hervor, sind
aber breiter, mehr gleichmäfsig dick und roher als die Sogn-
schen; sie entwickeln nur 2 bis 3 Spiralschwingungen der oben
beschriebenen Art; die Drachen, die zwischen den Spiralen
kriechen, sind auch weniger zahlreich als in jenem Typus; das
feinere Linienspiel, das reichere Leben mufs darum hier durch
die derbere, kräftigere Breite der Motive ersetzt werden; der
Raum wird durch die Mächtigkeit der wenigeren Formen anstatt
durch die mannigfaltigere Reihe feiner Motive gefüllt.
Gewöhnlich schon in der zweiten Spiralschlinge oder ober-
halb derselben erscheinen die Endigungen der gewaltigen Eck-
drachen, die übrigens hier dieselbe Rolle wie im Sognschen
Typus spielen, und sich um die herabfallenden Mitteldrachen
zanken. Im Thelemarckschen Typus aber, wo wir als Folge
der wechselnden Zeiten auch Änderungen des Typus eintreten
sehen, entdecken wir auch das völlige Verschwinden der
Eckdrachen, die durch vegetabilische Motive ersetzt werden;
in diesem Falle setzen sich die Spiralen fort, indem sie sich
4—5 mal den Planken entlang bis in die oberste Ecke wieder-
holen (Dal, Öjfjeld). Es darf gewifs mit Sicherheit behauptet
werden, dafs wo die Eckdrachen den vegetabilischen Motiven
weichen und wo die kleineren Drachen, die sonst sich in den
Verschlingungen tummelten, von sich überschneidenden, oder
sogar sich kaum berührenden, Rebenverschlingungen und
Blättern abgelöst werden, die Merkmale der späten Periode
auftreten. Verschwinden nun am Ende sogar auch die übrigen
Typenmerkmale, indem alles sich in nicht überschneidende,
nur sich berührende Pflanzenmotive auflöst, so stehen wir am
Rande der Auflösung, am Schlüsse der chronologischen Ent-
wicklung, ein Umstand, der auch vielfach durch die schlichte
Technik der Arbeit bezeugt wird und die unmittelbare Bestätigung
darin findet, dafs das Portal von Tuddal, wo alle diese Eigen-
thümlichkeiten im höchsten Grade sich einstellen, mit der
Jahreszahl 1370 — als der Zeit des höchsten Verfalls der
Holzkirchenschnitzerei — fast ganz genau datiert werden kann.
Das Schuppenkleid der Drachen, im Sognschen Typus
durch die diamantartige Behandlung charakterisiert, wird im
Thelemarkschen, mit Ausnahme eines Falles, und zwar in
Hyllestad, gar nicht angedeutet.
Der Übergangspunkt der verschiedenen sich aus ein-
ander entwickelnden Rillen und Spiralen, die im Sognschen
Typus durch ausfallende Blätter sich auszeichneten, wird im
Thelemarkschen gewöhnlich dadurch angedeutet, dafs die
neuen Schlingen aus den früheren durch ein Hülsenblatt,
welches der Richtung der Schlingen folgt, sich entwickeln.
Man kann dieses Blatt am deutlichsten in Öjfjeld, Austad,
Hitterdal (Nordportal und Westportal) sowie in Atraa, Tuft
und Hyllestad verfolgen.
II. Die Halbsäulen zeigen wenig Typenmerkmale. Das
I Einzige, was hier bemerkt werden kann, ist, dafs der Kapitäl-