Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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so scheint es mir wahrscheinlich, dafs er erst gegen die Mitte
des 13. Jahrhunderts in die Stabkirchen eingedrungen ist.
Die Kirche zu Nes in Hallingdal, wo der Spitzbogen durchaus
ursprünglich ist, wird somit ungefähr dieser Zeit angehören
oder jünger sein. Die Ursprünglichkeit der in Nore, Reinli
und Tuft vorkommenden Spitzbögen kann freilich nicht be-
wiesen werden, andere gleich zu besprechende Umstände
machen es aber wahrscheinlich, dafs sie der gothischen Stil-
periode der Holzkirchen angehören, also etwa um oder nach
1 250 ausgeführt sind.
6. Bestimmte naturalistische Darstellungen mitten
in unserer sonst so streng stilisirten Ornamentik deuten mit
Sicherheit an, dafs die Gothik, deren Skulpturen sich den
romanischen gegenüber durch ihren Naturalismus auszeichnen,
in die Stabkirche eingedrungen ist. So deuten die zwei
prächtigen kämpfenden Bären in der Kirche zu Hitterdal sicher
an, dafs die Kirche jünger als 1200 ist, wenn sie auch vielleicht
noch dem Schlüsse der ersten Hälfte des Jahrhunderts angehört.
7. Die einschiffigen Kirchen, die um einen Mast-
baum in der Mitte gebaut sind, scheinen mit dem Ein-
dringen der Gothik in Norwegen einen gewissen Zusammen-
hang zu haben, was später näher erörtert werden soll. Hier
bemerken wir nur, dafs es eben diese Kirchen sind, in denen
der Spitzbogen vorkommt, und so dürfen wir wohl schliefsen,
dafs aufser der Kirche zu Nes auch die Kirchen von Nore,
Flaa und Opdal der Zeit um oder nach 1250 angehören.
8. Die Tiefstellung der Halbsäulenkapitäle, die in
gewissen Kirchen bis auf die halbe Höhe der Portalöffnung
hinuntergerückt sind, deutet ein Mifsverständnifs der Bedeutung
der Kapitäle an, das erst ziemlich tief in der gothischen Zeit
eingetreten sein kann, als die in der romanischen Baukunst
sehr ausgeprägte Bedeutung der Kapitäle dem Zurücktreten
derselben in der Gothik gemäfs anfing in Vergessenheit zu
gerathen. Diese Tiefstellung scheint, wie auch aus anderen
Gründen ersichtlich, wohl erst um oder nach 1300 eingetreten
zu sein. So werden die Kirchen zu V eum, Öjfj eld und Tud-
dal dem 14. Jahrhundert angehören, was bei der bestimmt auf
etwa 1370 datirten Kirche zu Tuddal auch genau zutrifft.
9. Schlechte Schnitzereien, welche auf den Verfall
der alten Kunst deuten, treten gleichzeitig mit dem Tiefstellen
der Kapitäle in den Kirchen von Tuddal, Gransherred und
Lilleherred auf.
10. Kreuzkirchen mit viereckigen statt runden
Stäben, die in ihrer ganzen Konstruktionsweise (Stangvik
und Hof) wie auch in ihrer Ornamentik (Hof, Ullensaker)
vollständig von der älteren Formengebung abweichen, zeigen
neue, von Aufsen kommende Einflüsse, die wir wohl nicht ganz
ohne Grund Schweden, Dänemark und Deutschland und folg-
lich der Zeit nach 1319 (Aussterben des alten Königstammes)
und hauptsächlich der Zeit nach 1350 bis Ende des Mittelalters
zuschreiben können. Hiermit stimmt auch die Bestimmung der
Erbauung der Kirche zu Stangvik für das Jahr 1407 sehr gut.
11. Der allmähliche Übergang der Portalornamentik von
animalischen zu vegetabilischen Ornamenten und das schliefs-
liche Verschwinden ersterer ist zur relativen Bestimmung des
Alters der verschiedenen Kirchen unter einander wohl zu
beachten.
II. Von der Bestimmung des Zeitpunktes, vor oder
nach dem eine Stabkirche aufgeführt sein mufs.
Wo man die Zeit der Aufführung einer Stabkirche nicht
bestimmen kann, wird es öfters schon von Wichtigkeit sein,
zu wissen, dafs die Kirche zu einer gewissen Zeit bestanden
oder nicht bestanden hat. Die Kriterien können aufser den
schon beschriebenen inneren auch äufsere sein.
I. Datirte Inschriften, welche das Bestehen einer Kirche
zu einer bestimmten Zeit angeben, kennen wir nur eine: Einen
Grabstein auf dem Kirchhof zu Faaberg, welcher zeigt, dafs
diese Kirche 1204 einen Pfarrer hatte, und folglich damals
schon bestand.
2. Nicht datirte Inschriften, welche durch bekannte
Namen, durch Sprach- oder Schriftform oder ähnliches das
Bestehen einer Kirche zu der Zeit, als die Träger der Namen
lebten, als die Formen im Gebrauch waren, andeuten, finden
sich in mehreren Kirchen und scheinen das Bestehen der
Kirche zu Borgund um das Jahr 1150, der Kirché zu Vinje,
Aal, Torpe und Aardal um das Jahr 1200 zu beweisen. Die
übrigen Kirchen, in denen Runenschriften vorkommen, scheinen
der Zeit vor dem Aufhören derselben anzugehören.
3. Angaben in den Königschroniken und anderen
Chroniken, in Gesetzbüchern, in Diplomen, Registern
der Kirchengüter u. s. w., deren Datum bestimmt ist, kommen
in sehr grofser Menge und fast für alle Stabkirchen, deren
Bestand uns bekannt ist, vor. Leider sind die Diplome und
Register meist aus so später Zeit, hauptsächlich aus dem
14. und 15. Jahrhundert, dafs sie für die Zeitbestimmung wenig
Werth haben. Dagegen bezeugen die alten Gesetzbücher
Norwegens uns bestimmt, dafs die Peterskirche in Nidaros
eine schon um 1150 bestehende Stabkirche war, während ver-
schiedene Chroniken uns die Kirche Bö zu Selje in Nordfjord
als um 1180—1250, die Kirche Aller Heiligen in Björgvin
als um 1181, die Kirche Stadsbygdens um 1184, die Kirche
Eidskog um 1225, Vinger um 1227, Sandnes um 1239, und
Sandtorr als um 1240 bestehend angeben. Erst als die Periode
der Königschroniken abgeschlossen ist, fangen die meisten
diplomatischen Quellen zu fliefsen an (etwa um 1250). Die
Akten-Belege der päpstlichen Nuntien von 1327, die Register
der Kirchengüter von Stift Bergen (Björgynjar Kalfskinn um
1360, von Stift Oslo („das rothe Buch“) um 1400 und des Erz-
stiftes („Aslak Bolts Jordebog“) um 1432 sind neben den
Diplomen im Diplomatarium Norvegicum (13 Bände) die Haupt-
quellen. Nach der Reformation kommen dann die sogenannte
Reformats von Drontheim aus dem Jahre 1589, die Visitats-
bücher des Bischofs Jens Nilssön in Oslo und endlich eine
zahllose Masse von Berichten und Rechenschaftsbüchern des
17. und 18. Jahrhunderts in Betracht.
Obgleich man nun nicht berechtigt ist, aus diesen Angaben
der Diplome etwas über die Bauzeit zu schliefsen, so dürfen
wir doch die eigenthümliche Thatsache hervorheben, a) dafs
die unserer Zeit als dreischiffig bekannten Stabkirchen (die
Kreuzkirche von Stangvik natürlich ausgeschlossen), die wir aus
Rücksicht auf die Konstruktion und Ornamentik dem 12. und
13. Jahrhundert zugeschrieben haben, mit nur drei Ausnahmen
alle in den Diplomen vor 1336 sich verzeichnet finden; b) dafs
keine der einschiffigen mit Mastholz oder Mittelstab versehenen
Kirchen, die wir aus konstruktiven Gründen als jünger denn
1250 anzusehen haben, vor 1322 genannt ist, und c) dafs alle
die von uns als nach 1300 entstanden angenommenen Kirchen
mit tiefsitzendem Kapitäle und schlechter Ornamentik erst nach
1350 genannt sind.
Einen Beweis für die Richtigkeit unserer Anschauung
suchen wir natürlich in diesem Umstande nicht, dafs es indessen
unserer Ansicht nicht widerspricht, mufs andererseits zugegeben
werden. In der Verfallzeit müssen, was ja auch natürlich ist,
gewifs eine grofse Menge kleiner einschiffiger Kirchen gebaut
sein.
4. Funde von Münzen bei dem Abbrechen gewisser
Kirchen unter den Dielen derselben geben uns bei mehreren
Kirchen die Gewifsheit, dafs dieselben schon in dem Zeitraume
bestanden haben, dem die gefundenen Münzen angehören. Diese
öfters gefundenen Münzen sind entweder aus Aberglauben in
die Spalten der Dielen gesteckt worden, oder, was wohl wahr-
scheinlicher ist, zwischen den nicht zusammengefügten Dielen
verloren gegangen, vielleicht aber, nach der Meinung des
Prof. Rygh, in einer unter den Dielen für die Anhäufung des
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