Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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was, wenigstens soweit wir bisher die Reste kennen, in
späteren Perioden nicht vorkommt. Die erhaltenen Reste
Kirche zu Vaage (Gudbrandsdal) zeigen uns indessen nicht
geschmückte Wandbohlen, sondern zugleich Thierformen
den
der
nur
und
>
Schwanze
nun beide
derselben
Rennebu
sowie das vierbeinige Thier ohne Flügel, welche wir
in Urnes und Vaage gefunden haben, kommen in
Form wie in Vaage auch in den Kirchen zu
(Mus. in Drontheim) und zu Bödalen (Nord. Mus.
kopf als Detail noch in der Kirche Borgund, ja noch
später an dem oben besprochenen Stuhl in der Kirche zu
vorkommt.
Bezeichnend für diese Periode dürfte es sein, dafs in
viel
Gol
in die Verschlingungen des älteren Stils aufgenommen,
so bereitet sich durch Einflüsse von den angelsächsischen
anglonormannischen Kirchen der Stil der nächsten Periode,
Blüthezeit, vor.
nun
und
und
der
Ur-
nes so wenig wie in den erhaltenen Resten aus Bjölstad, Torpe
und Hopperstad, Halbsäulen vorkommen; auch in Bödalen
Heidenthum und dem chnsthchen Zeitalter gemeinsam sind,
Ornamente des jüngeren Eisenalters, der Vikingerzeit, speciell
der von Sophus Müller (Thierornamentik im Norden) als
schwedisch-irische bezeichneten Gruppe, die im Grofsen und
Ganzen genommen im Norden um das Jahr 1100 verschwindet,
so können wir überzeugt sein, der ältesten Gruppe der
Stabkirchenornamente gegenüber zu stehen. Solche Orna-
mente kommen nun wirklich in der Kirche zu Urnes vor, wo
die Aufsenseite des nördlichen Seitenschiffs uns ein Portal, zwei
Wandbohlen und einen Eckstab mit Ornamenten geschmückt
zeigt, während an der Westseite der Kirche der Giebel mit
ganz ähnlichen Ornamenten versehen ist. Aufserdem kommen
derartige Ornamente an einzelnen erhaltenen Bohlen der längst
verschwundenen Kirchen zu Bjölstad, Torpe und Hopperstad
vor, dagegen nicht an den noch jetzt stehenden desselben
Namens. Diese Gruppe von Ornamenten besteht aus mehreren
Reihen breiter band- oder riemenartiger Verschlingungen und
zwischen diesen laufenden feineren, drahtähnlichen Schlingen,
von denen jene öfters in dünne Schlangenköpfe mit Vorder-
füfsen und geschwungenem Schwanze endigen; bisweilen tritt
ein ganzes, lang gedehntes, dünnes vierfüfsiges Thier, das ge-
wifs einen Löwen bedeuten soll, zwischen den Schlingen hervor.
Dieses Thier mit Nackenzopf, geschwungener Schnauze, nach
hinten abgerundetem und nach vorn zugespitztem Auge und
mit Spiralen als Andeutung des Anschlusses der Glieder an
den Körper ist schon aus der Vikingerzeit aus Irland einge-
führt und noch am Ende des ii. Jahrhunderts von Magnus
Barfod als Schildwappen benutzt worden; es ist gewifs christ-
lichen Ursprungs und bedeutet wahrscheinlich in seiner Stellung
zwischen den Schlangen den Löwen von Juda, der die alte
Schlange bekämpft; das Bewufstsein der Bedeutung ist gewifs
sehr früh verloren gegangen. Auch das vollständige Fehlen
aller vegetabilischen Motive rückt diese Ornamente denen der
heidnischen Urzeit aufserordentlich nahe; nur in der spätesten
Zeit des jüngeren Eisenalters trat ja das Pflanzenmotiv (durch
karolingische Einflüsse), und zwar äufserst spärlich, im Norden
auf. Ein charakteristisches Merkmal dieser Ornamente ist es
auch, dafs die Vertiefungen zwischen den Ornamenten sehr tief,
dafs die Ecken der erhabenen Figuren sehr scharf, die Ober-
fläche schwach gebogen erscheint, sowie auch gröfsere Zwischen-
räume zwischen den einzelnen Ornamentlinien gelassen sind,
ohne das ängstliche Streben, alle Zwischenräume gefüllt zu
sehen. Besonders mufs es bemerkt werden, dafs, so wenig wie
Pflanzen, in dieser ganzen Gruppe überhaupt kein geflügeltes
Thier vorkommt, somit nichts, was als „Drachen“ oder „Drachen-
schlingen“ bezeichnet werden kann.
Gleichzeitig tritt aber im Innern der Kirche von Urnes
eine sonst in ihrer Reinheit in den Stabkirchen nicht beob-
achtete, dagegen in den romanischen Steinkirchen sehr oft
vorkommende Gruppe von Ornamenten auf: die Kapitäle der
Säulen sind mit symbolischen, oft sonderbar gedrehten und
geschwungenen Menschen- und Thierfiguren, und die Lisenen
der Wände mit geflügelten Thieren, also Drachen, und
Pflanzenmotiven gefüllt. Während die vorher beschriebene
Gruppe von Ornamenten deutlich als Erbschaft der heidnischen
Zeit und der alten irischen Einflüsse auftritt, stehen wir hier
ebenso deutlich neuen kirchlichen Einflüssen der gleich-
zeitigen romanischen Steinkirchen gegenüber, was die Würfel-
form der Kapitäle, auf denen die meisten dieser Figuren auf-
treten, wie auch die Motive selbst, die Bischöfe, Tauben mit
Olblatt, Hirsche, Adler u. s. w. wiedergeben, unwiderleglich
bezeugt. Einzelne Motive dieser Gruppe, die gewifs einmal in
vielen jetzt verschwundenen Kirchen vorhanden waren, werden
Die dritte Gruppe unserer archaischen Periode wäre ich
darum geneigt, aus der Reihe von Ornamenten zu bilden, die
ganz deutlich den Übergang von den Urnesformen, sowohl den
äufseren wie den inneren, zur vollständig entwickelten Orna-
mentik der Blüthezeit bilden. Dafs die Wandbohlen überhaupt
geschmückt werden, wie es in Urnes der Fall war, ist etwas,
Bandverschlingungen, die denen der Urneskirche verwandt sind
und daneben auch Spuren jener jüngeren romanischen Motive;
aus diesen beiden Gründen mufs wohl diese Kirche, wiewohl
sie jünger als Urnes sein dürfte, noch der archaischen Periode
zugerechnet werden.
Auf der einen der Portalplanken kommt das vierfüfsige
Thier aus Urnes, an dem geschwungenen Löwenschwanz,
Nackenzopf und Schnauze kenntlich, mehrmals von Schlangen
umschlungen vor, nur ist alles etwas breiter angelegt; auch die
Thiere aus Urnes mit Vorderbeinen und geschwungenem
Schwanze sind auf einer der Planken vorhanden, nur tragen
sie hier keine Schlangenköpfe, sondern gewöhnliche Thierköpfe.
Die schlangenähnlichen Bandornamente kommen am Obertheil
des Südportals vor, in dessen Mitte das vierfüfsige Thier von
ihnen angegriffen wird: wiederum der Löwe von Juda, der
die alte Schlange bekämpft, hier doch gewifs ohne Bewufst-
sein der Bedeutung, da auch jenes andere Thier, das nur
Vorderfüfse hat, ebenfalls mit Schlangen kämpft; wir werden
im übrigen bald Schlangen gegen Drachen oder Drachen gegen
Drachen kämpfen sehen. Die Freude an der Kampfdarstellung
hat aber bei unseren kampflustigen Ahnen jede religiöse Be-
deutung in den Hintergrund gedrängt.
Nebenbei treten in der Kirche zu Vaage noch geometrische
Sternornamente, sowie Akanthusblätter und rein ravennatisch-
byzantinische Pilasterkapitäle auf. Wir brauchen dennoch ihre
Vorbilder nicht im fernen Süden zu suchen, sie kommen sämmt-
lich in irischen (und wahrscheinlich auch in angelsächsischen)
Kirchen vor, und entsprechen somit den romanischen Einflüssen
im Inneren der Urneskirche, die hier jedoch nicht getrennt
vorkommen, sondern mit den älteren irisch-einheimischen der
Heidenzeit theilweise zusammen verarbeitet sind.
Das zweifüfsige Thier ohne Flügel mit geschwungenem
in Stockholm) vor. Hier sind aber die Schlangen, gegen die
sie kämpfen in Rebenschlingen verwandelt, die erste Um-
wandlung der animalischen Motive in vegetabilische, und die
Thiere beifsen nun in diese Schlingen; die ursprüngliche Be-
deutung des Kampfes ist völlig vergessen und der Weg der
Drachenkämpfe der Blüthezeit angebahnt; das vegetabilische
Element gewinnt allmählich mehr Boden; diese Kirchen dürfen
darum wohl als Übergang zu der nächsten Periode hin-
gestellt werden. (Vierfüfsige Thiere ohne Flügel treten freilich
auch an den Portalen zu Vegusdal, Lilleherred und Lårdal
auf, aber ganz anderer Art und aufserdem mit einem Verfall
der Technik verbunden, der klar zeigt, dafs dieselben einer
sehr späten Zeit angehören.)
Um 1150 scheinen die irischen Ornamente im wesentlichen
verschwunden zu sein, wenn auch jener eigenthümliche Thier-