Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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fehlen sie. In Vaage kommt freilich eine vor, sie hat aber
noch nicht ihren schliefslichen Platz gerade bei der Thüröffnung
gefunden; in Rennebu nähert sie sich demselben etwas mehr.
Von den Kirchen, die litterarisch oder durch ihren Bestand
bezeugt dieser Periode angehörten, ist nur noch eine vorhanden:
die Kirche von Urnes; es ist möglich, dafs in der erst 1882
abgebrochenen Kirche zu Garmo in Gudbrandsdal einzelne
Reste der zur Zeit Olafs des Heiligen hier erbauten Kirche
noch vorhanden waren. Jedenfalls aber sind die Überreste zu
gering, um uns von der Entwicklung der Konstruktion
dieser Periode eine Vorstellung zu geben. Das Dachwerk in
der Kirche zu Garmo, das den ältesten Theilen dieser Kirche
angehört, war indessen vollständig so entwickelt, wie es in den
späteren Kirchen vorkommt; dasselbe ist mit dem Dachwerke
der Kirche zu Urnes der Fall. Überhaupt war das Konstruk-
tionssystem der Blüthezeit hauptsächlich schon in den ältesten
der uns bekannten Kirchen, in Urnes um 1100 vollständig ent-
wickelt, ein Umstand, der auf eine längere, bis in die heid-
nische Zeit hinaufreichende Geschichte des Dachwerkes und auf
eine Übertragung des dreischiffigen Systems von England her
zu deuten scheint.
Als eine Andeutung dessen, dafs die dreischiffigen Kirchen
der ersten Periode sich den Steinkirchen des In- und Aus-
landes genauer angeschlossen haben, als es bei den Kirchen
der Blüthezeit, wo das Holz vollständig in sein Recht eintrat,
der Fall war, dürfen wir vielleicht aus dem Umstand ersehen,
dafs unter allen Stabkirchen die älteste, die Kirche von Urnes,
sich am meisten den Formen des Steinbaus anschmiegt. Die
Vorhalle wird von freistehenden Säulen getragen, die an Stein-
säulen erinnern; das Innere zeigt ebenfalls freistehende Säulen
aber ohne das von den Eigenthümlichkeiten des Holzbaus be-
dingte Triforium mit Andreaskreuzen und unteren Bügen; die
Kapitäle und Lisenen sind in der Weise der Steinarchitektur
geschmückt, was später nie vorkommt, und der Eingangsbogen
der Westseite endlich ist als Steinbogen profiliert: alles Um-
stände, welche dafür sprechen, dafs Norwegen die Stabkirche in
Formen empfangen hat, die von der Steinkirche sehr abhängig
waren und erst allmählich selbst, innerhalb der Grenzen des
Landes, nicht wenige der Formen entwickelt hat, welche die
Stabkonstruktion den Forderungen des Holzes so vortrefflich
angepafst hat, dafs die Stabkirche eine geniale Übertragung
der Steinkirche in Holzmaterial genannt werden darf.
Wir gehen zur Darstellung dessen über, was die norwegische
Litteratur über die Stabkirchen der ersten Periode uns erzählt.
Im Jahre 872 hatte Harald Haarfager (Schönhaar) das
Reich gesammelt, und sein Sohn Haakon der Gute, der in
England erzogen war, ging mit dem Gedanken um, Norwegen zu
christianisiren. Die Zeit war aber dafür noch nicht reif; die drei
Kirchen, die er in Möre einweihte, deren Ort und Namen wir
nicht mehr kennen, die aber wahrscheinlich Stabkirchen nach
dem Muster der Angelsachsen gewesen sind, wurden schon im
folgenden Jahre von den heidnischen Drontheimern verbrannt
und die Priester ermordet. Nach und nach gelang es dem ge-
waltigen Asenanbeter Haakon Jarl, alle Spuren der Wirk-
samkeit Haakons des Guten zu vertilgen, bis Olaf Tryg-
vessön (99.5—1000) aus England in das Vaterland zurückkehrte,
um Norwegen zu bekehren, ein Unternehmen, das zwar auch
ihm nicht völlig gelang, das aber eine grofse Stütze, ein mäch-
tiger Vorläufer der späteren Bekehrung des Landes wurde.
Olaf Trygvessön, der gleich nach seiner Ankunft seine
Wirksamkeit als Kirchenbauer begann, errichtete, wahrscheinlich
schon von Anfang an in Stein, die Kirchen zu Moster, wo er
zuerst gelandet war, und zu Selje, wo die Gebeine der heiligen
Sunniva gefunden worden waren; er mufs ferner zahlreiche
Kirchen in dem später hauptsächlich in Stein bauenden Viken,
dem südöstlichen Theile des Landes, angelegt haben, unter
denen doch wohl im Anfang, als es sich noch um Nothkirchen
handelte, viele Stabkirchen gewesen sind. Die Christianisirung
der westlichen und nördlichen Theile des Landes rief, es wird
dies ausdrücklich gesagt, die Errichtung einer Reihe „Fylkes“-
Kirchen (Bezirkskirchen) hervor, von denen die meisten gewifs
Stabkirchen gewesen sind. Sie sind aber ebenso gewifs fast
alle nach seinem Tode zu Grunde gegangen. Am Drontheims-
fjord, am Auslauf des Flufses Nid in den Fjord, legte er seine
neue Hauptstadt Nidaros an, und in derselben baute er die
erste Stabkirche, von der eine Nachricht bis in unsere Zeit ge-
drungen ist; es war dies:
Die ältere Clemenskirche in Nidaros*). Im Herbste
996 errichtete König Olaf seinen Königspalast in Nidaros und
innerhalb der Gebäudegruppe desselben auch die dem heil.
Clemens, dem Patron der bekehrten seefahrenden Vikinger, ge-
weihte Kirche, die ganz gewifs eine Holzkirche, folglich eine
angelsächsisch beeinflufste Stabkirche gewesen sein mufs, da
der Königsbau ohne allen Zweifel aus Holz gebaut war und die
Kirche erst im Herbst angefangen, schon zu Weihnachten in
Gebrauch genommen werden konnte. Sie war somit sicher eine
kleine einschiffige Kirche, eine Schlofskapelle. Der Kirche
scheint eine nur kurze Lebenszeit zu theil geworden zu sein.
Nach dem Falle Olafs in der Schlacht bei Svoldr (1000) liefsen
die Söhne Haakon Jarls, Erik und Svein Jarl, die jetzt in Nor-
wegen Herren wurden, seine Anlagen verfallen, und als Olaf
der Heilige 1015 König geworden war, wurde er durch Svein
Jarl aus Nidaros vertrieben und die ganze Stadt mit dem
Königsbau und gewifs auch die Kirche verbrannt.
Olaf der Heilige (1015—1030) war jabekanntlich der eigent-
liche königliche Bekehrer des Landes, sowie er später der grofse
Landesheilige wurde. Die Volkssage schreibt ihm die Erbauung
fast aller mittelalterlichen norwegischen Kirchen zu. Gewifs
hat er Bezirkskirchen in allen den „Fylkes“ errichtet, die nicht
schon unter seinem Vorgänger mit Kirchen versehen worden
waren. Ebenso wird ganz besonders berichtet, dafs er in Gud-
brandsdal (1021), Hedemarken (1021) und Valdres (1023) Kir-
chen errichtete, ebenso wie mächtige Bauern, die bekehrt
wurden, Kirchen auf ihren Bauernhöfen, oft an den Stellen der
alten Götzentempel, erbauten. So wird dies z. B. von dem fabel-
haften Eponymen des Gudbrandsdal, Dale-Gudbrand, erzählt.
Von der Kirche von Garmo ist dies, wie wir bald sehen
werden, urkundlich bezeugt.
Dafs diese Kirchen Olafs des Heiligen alle, soweit sie,
was wohl meistens der Fall war, Holzkirchen waren, zugleich
thatsächlich Stabkirchen gewesen sind, scheint daraus hervor-
zugehen, dafs Stabkirchen nachweislich zu seiner Zeit be-
standen. In der Laxdaelasaga cap. 74 wird erzählt, dafs
der Isländer Thorkel Eyulfssön in Norwegen war, um Material
für den Bau einer Holzkirche zu sammeln, die er auf dem wald-
armen Island bauen wollte. König Olaf hat ihm das Holz für
die Kirche geschenkt, und Thorkel mafs dann als Muster für
die neue Kirche „die Stäbe“ einer Kirche, die Olaf selbst
bauen liefs, wobei Olaf ihm etwas spöttisch zurief, er könne
zwei Ellen aus jedem „Grofsstab“ (die hohen Säulen des
Mittelschiffes) hauen und dennoch die gröfste Kirche auf Island
bauen.
Indessen kennen wir mit einiger Bestimmtheit nur zwei
Stabkirchen, die unter Olaf dem Heiligen aufgeführt sind. Die
jüngere Clemenskirche in Nidaros war Schlofskirche in
dem von Holz errichteten Königspalast, den Olaf ungefähr
auf dem Platze des 1015 abgebrannten Palastes, während seines
Aufenthaltes in Nidaros 1017, aufführen liefs. Da der Palast
*) Die Detailbeschreibungen der einzelnen Kirchen sind sehr abgekürzt, um
den deutsclien Leser nicht mit einer Menge nur norwegisclie Leser interessirender
Angaben zu ermüden. Die, welche nähere Auskunft wünschen, müssen wir auf das
norwegische Werk verweisen.