Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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Schnitzereien am Westgiebel über der oben erwähnten rund-
bogigen Öffnung und die an der nördlichen Aufsenseite, die
unter sich ähnlich sind. Dieser Umstand ist sehr merkwürdig
und für die folgende Untersuchung von grofser Bedeutung.
Wir müssen hier kurz die oben gegebene
Schilderung der Ornamentik der Nord-
seite wiederholen (Abbild. 40). Sie betrifft
die Planken des Portals, die zwei Wand-
planken und die nordöstliche Ecksäule
(Abbild. 41). Es ist klar, dafs auch diese
angefangene Arbeit nie ganz fertig ge-
worden ist. Die Ornamente bestehen aus
einer Reihe breiterer, bandähnlicher, und
einer Reihe schmaler, drahtähnlicher
Schlingen; jene endigen in feine Schlan-
genköpfe mit zwei Vorderfüfsen und ge-
schwungenen Schwänzen, während die
letztgenannten sie in phantastischen Bie-
gungen umschlingen. Schliefslich erblickt
man an der einen Thürplanke ein voll-
ständig entwickeltes vierfüfsiges Thier,
nach dem Schwung des Schwanzes viel-
leicht ein Löwe. Das vollständige Fehlen
jeden Pflanzenmotivs rückt diese Orna-
mente in die nächste Nähe der heid-
nischen Urzeit hinauf. Die Ornamente er-
innern in jeder Beziehung an die irischen
Motive, die schon in heidnischer Zeit aus
Irland nach Norwegen kamen; das vier-
füfsige Thier kann in der Form des Kopfes
sowohl in irischen-Ornamenten als in nor-
dischen Arbeiten der irischen Gruppe
TT des jüngeren Eisenalters wiedergefunden
werden: der Kopf mit der geschwun-
genen Schnauze, dem nach hinten abgerundeten, nach vorn
spitzen Auge und dem kleinen aufsteigenden Nackenkamm ist
bemerkenswerth und bezeichnend.
Abbild. 42. Urnes.
Der Giebel an der Westseite der Kirche (Abbild. 42) zeigt
uns denselben langgedehnten „Löwen“ im Kampf mit Schlangen
— eine beifst dem Löwen in den Hals, die übrigen umschlingen
ihn — ; auch hier wechseln Band- und Drahtformen.
Was hier geschildert wurde, ist ein ganz anderer Typus
als der der inneren Ornamentik und des Laufganges und ist
zugleich ein anderer Typus als der in den späteren Stabkirchen
vorkommende. Die Ähnlichkeit mit der sogen, irisch-nordi-
schen Gruppe in der heidnisch-norwegischen Ornamentik, be-
sonders mit der von Sophus Müller als irisch - schwedisch be-
bezeichneten, ist so unwiderleglich, dafs man nicht darüber im
Zweifel sein kann, dafs hier einheimisch norwegische Motive
vorliegen.
Der grofse Unterschied zwischen den äufseren und inneren
Ornamenten der Kirche zu Urnes hat nun mehreren Forschern
den Gedanken nahe gelegt, es müssten diese zwei Ornament-
gruppen zwei verschiedenen Zeitaltern angehören, und man
hat geglaubt Spuren zu finden, die andeuten sollten, dafs die
Wand des nördlichen Seiten-Schiffes mit den äufseren
Ornamenten aus einem älteren Gebäude in die neuere
Kirche wäre versetzt worden. So schreibt Nicolaysen
(Norske Bygninger I p. 3): „Zu oberst sind die alten Schnitze-
reien an der Nordseite über der Thür etwas abgehauen, und
wie es scheint, waren die Planken von Anfang etwas höher
als jetzt und die Thür selbst mit den Seitenpfosten
zugleich in entgegengesetzter Richtung etwas länger (d. h.
nach unten.). Diese Annahme gewinnt an Wahrscheinlich-
keit, wenn wir gewisse Eigenschaften dieser Thür beachten.
Von innen sieht man an der rechten Seite oben und
unten einige Eisenbeschläge, die mit inneren Thürangeln ver-
bunden sind und unzweifelhaft aus einer ziemlich neuen Zeit,
als die Thür auch ihr jetziges Schlofs erhielt, herrühren.
Früher safs das Schlofs, wie die Reste noch zeigen, an der das
westlichen Seite (1^ Elle über der jetzigen Diele), die Thür-
angeln dagegen an der östlichen Seite. Die Stelle, an der das
unterste Querholz, die Thürangel und das Schlofs angebracht
sind, läfst somit deutlich voraussetzen, dafs die Thür ursprünglich
länger war, als es jetzt der Fall ist, wenigstens um neun Zoll.
Entweder müssen also diese Theile einmal einem älteren Ge-
bäude angehört haben und später abgesägt sein, um dem
jetzigen Orte angepafst zu werden, was unläugbar eine gute
Erklärung des verschiedenen und älteren Charakters der
Schnitzwerke den Schnitzereien im Innern der Kirche gegen-
über ergeben würde, oder diese Änderung ist in jüngster Zeit
während einer Ausbesserung unternommen, durch welche die
ganze Wand niedriger gemacht wurde.“
Soweit Nicolaysen. Ich glaube, noch eine dritte Annahme
ist möglich, nämlich dafs einfach die Thür mit ihren Seiten-
pfosten in jüngerer Zeit am unteren Ende des Moderns wegen
abgesägt und somit um etwa 9 Zoll verkürzt worden ist, während
die Wand ganz unverändert geblieben. Daraus kann aber
nicht der Schlufs abgeleitet werden, dafs die Wand von
einem älteren Gebäude hierher versetzt worden wäre. Meine
Gründe für diese Annahme sind folgende: Nicolaysen sagt
selbst, dafs die Eisenbeschläge und die Thürangel „unzwei-
felhaft aus einer ziemlich neuen Zeit“ herrühren, und dafs
die Stelle, an der das unterste Querholz, Thürangel und Schlofs
angebracht sind, deutlich voraussetzt, dafs die Thür ursprüng-
lich länger war, als es jetzt der Fall ist. Jedermann mufs sich
in diesem Punkte durchaus einig mit ihm erklären. Da nun
deutlich die Anbringung des neuen Schlosses und der jetzigen
Thürangel mit der Senkung der Thür, welche die Änderung
des Platzes jener nothwendig machte, zusammenhängt, so mufs
diese Senkung der Thür doch wohl auch „unzweifelh aft aus
einer ziemlich neuen Zeit herrühren.“ Wollte man eine von
der Anbringung des Schlosses und der Thürangel unabhängige
ältere Versetzung der Thür voraussetzen, so müfste ange-
nommen werden, dafs nicht nur die Thür, sondern — wie
Nicolaysen wirklich meint — die ganze Wand von einem
älteren Gebäude hierher versetzt wäre, wodurch die Wand
durchgehends um etwa 9 Zoll verkürzt worden sei. Die Thür
und die dieselbe umgebenden Pfosten sind deutlich etwa neun
Zoll gesenkt, darüber besteht kein Zweifel; das zeigt sowohl
der niedrige Platz des älteren Schlosses als das plötzliche Ab-
schneiden des unteren Theils der Ornamente, wo ein Ansatz
von etwa 9 Zoll der abgeschnittenen Kreisschlinge ihren natür-
lichen Abschlufs geben würde (vergl. die Zeichnung Abbild. 40).
Daneben zeigt uns das Oberstück des Portals ein verhauenes
Stück der Ornamente, das oben etwa 9 Zoll breit, bei der Sen-
kung der Thür zu Tage getreten ist, während es ursprünglich
verhauen wurde, um in der Rinne der „Stavlägje“ Platz zu
erhalten. Dies gilt von dem Oberstück über der Thür, den
drei Thürpfosten und der nächsten Planke nach Westen. Noch
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