Die Holzbaukunst Norwegens
In Vergangenheit Und Gegenwart
Forfatter: L. Dietrichson, H. Munthe
År: 1893
Forlag: Schuster & Bufleb
Sted: Berlin
Sider: 205
UDK: st.f. 72(481) die
Mit Einer Übersichtskarte Und 31 Tafeln Nach Alten Denkmälern Und Nach Ausführungen Von H. E. Schirmer, G. Bull, Thrap-Meyer, B. Lange, V. Hannosen. Und H. Munlhe, Sowie Über 220 Textabbildungen
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Akanthusblatt innerhalb der trapezförmigen Einrahmung vor.
Auch über den Kapitälen und zwischen den Bögen finden sich
Akanthusblätter. Auch hier beobachten wir somit als Ähnlich-
keit mit der Kirche zu Urnes, dafs die Wandbohlen des Lauf-
ganges geschmückt sind, was nur an diesen zwei Kirchen
stattfindet; später hört die Ornierung der Wandbohlen, soweit
uns bis jetzt bekannt, für immer auf.
Neben jenen Ähnlichkeiten mit der Kirche zu Urnes fanden
wir aber auch neue, in keiner anderen Stabkirche vorkommende
Eigenthümlichkeiten, die als ausländische, diesmal aber in die
einheimischen vollständig eingearbeitete Motive angesehen
werden müssen. Scheinbar sind diese Motive byzantinischer
Art. Es kann nicht geleugnet werden, dafs zwischen jenem
Akanthuskapitäl mit der trapezförmigen Einrahmung und einigen
Kapitälen in der Hagia Sofia und in San Vitale in Ravenna
eine gewisse Ähnlichkeit besteht, sowie auch die Anordnung
des Eingangs durch eine Reihe von 7 Bögen, deren Mittel-
bogen der höchste ist, vom byzantinischen Stil in den roma-
nischen übergeht (Hagia Sofia [537], S. Vitale [547], St. Markus
in Venedig [976—1071], Dom zu Pisa [1063]). Es würde aber
dennoch sehr voreilig sein, aus dergleichen Ähnlichkeiten
an einen unmittelbaren Einflufs des Byzantinismus auf die
norwegischen Stabkirchen zu schliefsen: dieselben Formen
kommen ja auch an irischen Steinkirchen vor (z. B. an der
obengenannten St. Cronans Church), die trapezförmige Kapitäl-
einrahmung sieht man da öfters (cf. Marg. Stoke 1. c. pl. LI
Abbild. 110). Hier ist das Zwischenglied zu suchen, und kennten
wir die irischen Holzkirchen, so würden wir gewifs alle Details
dieses Formenschemas wiederfinden.
Übrigens gehört die Kirche zu Vaage höchstwahrschein-
lich einem Zeitpunkte an, der es sehr verführerisch macht, die
Blicke nach Byzanz zu richten, der Zeit Sigurd’s, des Jerusalem-
fahrers. Setzen wir nämlich die Urneskirche um oder etwas
vor das Jahr 1100, und erinnern wir uns, dafs die Kirche zu
Vaage eine jüngere Stufe als diese zu bezeichnen scheint,
während, wie schon oben angedeutet, um 1150 das Drachen-
schlingensystem der späteren Kirchen in Borgund fast voll-
ständig entwickelt dasteht, so mufs die ursprüngliche Kirche
zu Vaage um 1100—1150 entstanden sein.
Die Thürplanken der Kirche zu Bödalen (Gudbrands-
dal) und der Kirche zu Rennebu (Stift Drontheim),
erstere im nordischen Museum zu Stockholm, die anderen
im Museum zu Drontheim, dürfen nicht mit völliger Sicher-
heit in diese Periode einbezogen werden, doch wüfste ich
keine andere, in die sie besser pafsten. Sie scheinen mir
beide. Übergangsformen zwischen dem archaischen Typus und
dem späteren Typus der Blüthezeit zu sein. Die Planken von
Bödalen (Abbild. 47) zeigen uns noch das vierfüfsige Thier
aus Vaage unverändert mit aufgeworfener Schnauze und öfters
mit Nackenkamm; an einem zweifüfsigen Thiere, das auch
denen von Vaage nahe verwandt ist, scheinen schon rudimen-
täre Flügel hervorzuwachsen. Das Neue ist hier das Empor-
wachsen der vegetabilischen Elemente: die Thiere beifsen nicht
mehr in die Schwänze der anderen, sondern in eine Pflanzen-
schlinge, die schon gleich dem Schema der Blüthezeit sich fügt.
Abbild. 48. Rennebu.
Abbild. 47. Bödalen.
Die Kirche zu Bödalen ist wahrscheinlich Ende des vorigen Jahr-
hunderts verschwunden. Ungefähr auf derselben Stufe scheinen
mir die Thürplanken von Rennebu zu stehen (Abbild. 48). Die
vierfüfsigen Thiere ändern schon ihre Kopfformen, springen in
Pflanzenschlingen, die sich aber — ein völliges Unicum —
nicht wie sonst von unten nach oben, sondern umgekehrt von
oben nach unten entwickeln. Die Masken, welche die Kapitäle
bilden, scheinen irischen Ursprungs zu sein. Die Kirche
scheint eine ähnliche Vorhalle ohne Balustrade wie die Kirche
zu Urnes (und wohl auch Vaage) gehabt zu haben, da Reste
von Säulen des Umganges keinen Ansatz einer Balustrade
zeigen. Die ursprüngliche Kirche zu Rennebu scheint um
1668 verschwunden zu sein.
2. Kapitel.
Von der Errichtung des erzbischöflichen Stuhles zu Nidaros 1152 bis zum Tode Haakon d. IV. 1263.
(Die romanische Blütheperiode von 1150 —1250).
Allgemeine Charakteristik der Periode. Kirchen, die uns nur litterarisch bekannt, in dieser Periode ur-
kundlich erwähnt werden, aber älter sein können. Kirchen, deren monumentale Reste andeuten, dafs sie der
Stilrichtung dieser Periode angehören. Kirchen, die uns nur litterarisch bekannt als in der zweiten Hälfte
dieser Periode errichtet, urkundlich erwähnt werden.
In der soeben geschilderten Periode vor 1150 waren die
nur durch die Litteratur uns bekannten Stabkirchen weit zahl-
reicher als die, deren Reste vollständig oder theilweise bewahrt
sind: Umgekehrt werden wir in der Periode, in die wir jetzt
eintreten, ein weit reicheres monumentales als litterarisches
Material finden: wir stehen eben hier vor der Periode der
erhaltenen Stabkirchen.
Es ist eine merkwürdige Zeit in der Geschichte der nor-
wegischen Kirchenbaukunst wie der norwegischen Kirche, das
Jahrhundert, das mit dem Jahre 1152, dem Jahre der Errich-
tung des erzbischöflichen Stuhls in Nidaros, anfängt: das an die
Selbständigkeit der norwegischen, unmittelbar unter dem Papst
stehenden Kirche geknüpfte nationale Selbstbewufstsein und
namentlich die kräftige Centralisation der kirchlichen Macht
führt besonders durch die mächtige Persönlichkeit des Erzbischofs
Eystein Erlandsson (1161 —1188) zu einem Übergewicht der