Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
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Einge tv ei ti c wurmer.
Ersle — Funfte Orbnung.
ter an beren zumal bergemeineSpuhlwurm(Asca -
ris lumbricoides) Fig.3370. einem Regenwurme so sehr,
bah ihn Untunbige mit biesem leicht verwechseln tonnen.
Er wirb 8 — 10 Zoll lang, ist vorn unb hinten ver-
bunnt, brannroth ober auch weihlich, an beiben Seiten
gefurcht, hat breilappigen Kopf, etwas abgestutztes
Schwanzenbe unb lebt in bem Dunnbarme ber Menschen,
zumal ber Kinber, sowie mehrerer Hausthiere. — Pa-
lisabenwurmer (Strongylus) haben ebenfalls nach beiben
Enben verbunnten Korper, aber kreisrunben ober ecki-
gen, mit Warzchen ober Hakchen umgebenen Munb. In
Pferben, Maulthieren unb Eseln, vorzugsweis in ben
ersteren, lebt ost in grover Menge ber Pferbe-Pa-
lisabenwurm (S. armatus) Fig. 3371., ber gegen 2
Zoll miht, kugeligen Kopf unb ein weites, mit Hakchen
besetztes Maul hat. Die Nieren vieler wilber unb zah-
mer Saugethiere unb, wenn auch sehr selten, bes Men-
fchen Werben vom grohen Palisabenwurm (S.
gigas) bewohnt unb sogar zerstort; er wirb 3 Fuh lang
unb ist als seltene Ausnahme in seiner Clafse lebhaft
roth gefarbt. Um ben Munb (Fig. 3372. a) stehen
sechs flache Warzchen. In bieser Gattung hat ubrigens
baS Weibchen am Hinterenbe eine stumpfe Spitze (Fig.
3372. b), bas Mannchen einen offenen Beutel (c), auS
welchenrbaS Fortpflanznngsorgan Hervorragt. — Peit-
schenwnrmer (Trichocephalus) stub kenntlich an bem
vorn fabenformig verbunnten, hinten plotzlich verbickten
Korper. Einige haben ein unbeutlicheS Maul, wie ber
Peitschenwurm bes Menschen (T. dispar) Fig.
3373., ber fich im Dickvarme gemeinlich nur einzeln anf-
hLlt unb 1 — 2 Zoll lang wirb; baS kleinere Mann-
chen liegt spiralisch zusammen gewunben. Bei anberen
Arten, z. B. einer im Scheltopustk (Bb. III. S. 32.
Sp. 3.) lebenben (T. echinatus), ist ber Munbranb mit
Hakchen besetzt (Fig. 3374.). — In biese Orbnung ge=
horen noch bie Fabenwurmer (Filaria), von welchen viele
Arten bekannt finb, bie zum Theil auch in kleinen Jn-
secten leben, wahrenb ber sehr lange Mebinawurm
(F. medinensis) im tropischen Afrika unb in Westinbien
unter ber Haut ber Menschen fich einnistet. Er bilbet
eine beruchtigte, glucklicherweise nicht sehr Haufige Plage
in ben sumpfigen Nieberungen jener Lanber.
Zwcite Ordnung.
Hakenwurmer.
Korper langlich, schlauchfsrmig; Vorberenbe mit
einziehbarem, mannichfach gestalteten, mit ruckwarts
gerichteten Hakchen besetzten Russel versehen, ohne wah-
ren Munb. Kein After.
Mittels ihrer balb keulenformigen, balb walzigen,
balb kugeligen, immer mehr ober minber Hakigen Vor-
berenben tierntågen biese Wurmer nicht allein an ber zot-
tigen Schleimhaut ber Darme fich sehr sest anzuhangen,
sonbern auch ganze Organe zu burchbohren. Die ei-
gentlichen Kratzer ober Kratzwurmer (Echinorhynchus)
bilben ein artenreicheS, hierher gehorenbes Geschlecht,
beffen Russel (Fig. 3375.) so eingerichtet ist, bah er fich
nach innen unv auhen umstulpen unb hierburch seine
Hakchen anhesten ober ablosen kann. Vom grohen
Kratzwurm (E. gigas) wirb bas Weibchen bis 1%
Fuh, baS Mannchen (bargestellt unter Fig. 3376. mit in
bie Darmhaut versenktem Russel) nur einige Zoll lang.
Hakenwurmer wohnen ubrigens fast nur in Wirbel-
thieren.
Writte Ordnung.
Saugwurmer.
Korper runblich ober flach, weich, ost ohne innere
Korperhohle unb mit Zellgewebe erfullt, ohne After.
Darmeanal gabelfsrmig ober verzweigt. Nahrungsauf-
nahme burch Saugnapfe. Geschlechter auf bemselben
Jnbivibuum vereinigt.
Zu ber oben erwahnten wichtigen Entbeckung bes
Generationswechsels gab genaue Beobachtung ber Disto-
men, einer Saugwurmergattung, eine wesentliche Ver-
anlassung. WaS man ehebem Cerearien nannte unb
als besonbere Thiergattung betrachtete, erwies fich nur
als Glieb in ber Fortpflanzung ber Distomen. Aus-
gebilbet erscheinen biese als flach elliptische Wurmer, bie
vorn an ber Spitze einen Saugmunb, am Bauche ei-
nen Saugnapf tragen, balb glatt, balb am Vorberenbe
mit Stacheln besetzt finb. In ber Leder unb ben Gal-
lengangen bes Menschen sowie mehrerer Saugethiere,
zumal aber ber Schaafe, lebt ber Leberegel ober
Egelwurm (Distoma hepaticum). Es gehoren in
biese Orbnung noch mehrere burch Zahl unb Stellung
ber Saugmunbungen unterschiebene Gattungen unb ber
sonberbare, fast wie ein Anbreaskreuz gestaltete Dop-
pelwurm (Diplozoon), ber gleichsam auS zwei in ber
Mitte gegen einanber gebogenen unb bort vereinigten
Thieren besteht, 5 Linien miht unb an ben Kiemen bes
Bleies, einer Karpfenart, angesaugt festfitzt.
Vierte Ordnung.
Bandwurmer.
Karper verl^ngert, platt, banbfvrmig, guergerunzelt
ober gegliebert, ohne innere Hohle. Darmeanal ge-
såhartig, von bem aus zwei bis vier Saugnapfen beste-
Henben Munbe einfach beginnenb, weiterhin gabelig.
Geschlechter auf bemselben Jnbivibuum vereinigt; bei-
berlei GeschlechtSorgane in jebem reisen Korpergliebe
mieberholt.
Der Korper ber Wurmer bieser Orbnung besteht
aus meist sehr zahlreichen Gliebern. Bei ben eigentli-
chen Banbwurmern enihalt ein jebeS einen Gef^htheil
unb Fortpflanzungsorgane unb vermag auch, wenn ab-
gerissen, fur fich allein fortzukriechen. Diese Selbst-
stanbigkeit einzelner Theile hat bie Anficht veranlaht,
bah solche Thiere uberhaupt nur al5 Zusammensetzungen
vieler, gerabe nicht nothwenbig verbunbener Jnbivibuen
gelten konnten. Dah bie Ernahrung nicht vom Kopf-
enbe allein auSgehe, sonbern auch burch Aufsaugung ber
Oberstache vermittelt werbe, scheint ziemlich ficher zu
sein. Zwei Arten bieses zahlreichen Stammes bewoh-
nen ben Darmeanal bes Menschen. Die eine gehort zur
Gaitung Grubenkvpf (Bothriocephalus), welche einen
kleinen vierkantigen Kopf mit zwei bis vier fich gegen-
uber stehenben, bisweilen blafigen Sauggruben hat (Fig.
3377. a in naturlicher Grvhe, b stark Vergrshert). Sie
heiht Nestelwurm ober breiter Banbwurm (B.
latus), fiitbet fich Haufig bei slavischen, selten bei roma-
nischen Volkern, niemals, wie behauptet wirb, bei Deut-
schen, Herrscht in einigen Gegenben Ruhlanbs, aber auch
in Genf enbemisch unb bringt bisweilen sehr unange-
nehme Zuf^lle hervor. Die Lange bes ganzen Wurmes
betragt bis 30 Fuh bei fast Halbzolliger Breite. Die
zweite ben Menschen Heimsuchenbe Art finbet ihren Platz
in ber Gattung Kettenwurm (Taenia), bie burch vier
am Kopfenbe befinbliche Saugnapfe (Fig. 3379. b), zwi-
schen welchen bisweilen ein Hakenkranz (a) steht, kennt-
lich wirb. Der sogenannte gemeine Banbwurm
ober Kettenbanbwurm (T. soliinn Fig. 3378.
1. Zwei Glieber, bas untere mit astigen Eierstocken er-
fullt; 2. Eier; 3. Kopfenbe von oben, bie Munb-
offnung umgeben mit vier Saugnapfen [a a]; 4. Munb
mit bem Hakenkranze; 5. einzelne Haken; 6. Saug-
munb ; alle Figuren in starker Vergrsherung) erreicht bie
Lange von 24 Fuh unb scheint meist nur als einzelner
im Menschen vorzukommen. Jn einigen Gegenben
Deutschlanbs kann er gerabezn als enbemisch belrachtet
werben. Ueberaus selten geht er unzerriffen ab, unb
unter ben Stucken finbet man fast nie das favenformig
bunne unb baher wohl leichter zerstorbare Vorberenbe.
3n ben Saugethieren unb Vbgeln leben anbere zahlreiche
Arten bieser Gattungen. Alle Banbwur'ner leben ubri-
gens nur in Wirbelthieren.
Funftc Ordnung.
Blasenwurmer.
Korper blasenformig, bisweilen hinten geschwanzt.
Kopf mit Saugnapfen, einem Hakenkranze ober Haki-
gen Russel versehen. Weber Darm noch Geschlechtstheile.
In keiner Gruppe ber Eingeweibewurmer zeigt fich
so grohe Nnvollkommenheit, als in bieser. Eine mit
Flusfigkeit erfullte, einen einzigen ober auch mehrere
Kopfe tragenbe, Hier Wenige Linien messenbe, bort viel-
leicht faustgrohe Blase stellt ben ganzen Organismus
bar. Die mit Haken versehenen Kbpfe bienen mehren-
theils wohl nur als Haftorgane, wahrenb bie Blasen-
Wanbungen aufsaugen. So ungewohnliche unb un-
vollkommene Organisation rechtfertigt bte jetzt geltenbe
Anficht, bah bie Mehrzahl ber Blasenwurmer nur Ent-
wickelungsstufen anberer, frei werbenber Wurmer sein
ntogen. In ben Hirnhohlen ber Schaafe finbet fich bie
Queese (Coenurus cerebralis), unter ber Gestalt ei-
ner gemeinsamen, bunnen auheren Blase (Fig. 3380. in
naturlicher Geshe), auf welcher mehrere mit vier Saug-
napfen unb einem Hakenkranze versehene Kopfenben
(Fig. 3381. stark Bergråpert) Hervorragen, bie fich nach
innen zuruckziehen tonnen. Sie verursacht bie bekaunte,
leicht tobtliche Drehkrankheit. In ben menschlichen
Eingeweiben vegetirt bie Hybative (Echinococcus ho-
minis) , zwischen ben Muskeln ber Schweine unb selbst
bes Menschen bie Finne (Cysticercus cellulosae).