Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band
Forfatter: Eduard Pöppig
År: 1851
Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber
Sted: Leipzig
Sider: 296
UDK: St.f. 59 Pöp
Naturgeschichte der wirbellosen Thiere
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Kerfe.
Erste Vrdnung. Kafer.
bestbekleideten, haben daher weder von Spinnen, noch
von den grbhten Aderflfiglern ehva3 zu ffirchten, werden
vielmehr vielen andern furchtbar, zumal soweit fie der
grohen Familse der Raubkfifer angehbren, die ost durch
Grimm und Gefrfihigkeit wie die Tiger der Jnsectenwelt
erscheinen. Dah die Industrie der Kafer ein auheror-
dentlich buntes und anziehendeS Bild darbieten muffe,
bedarf bei Beachtung ihrer Zahl und sehr mannichfalti-
gen AuSrustung gewih nicht des BeweiseS. Einige ihrer
Gattungen leben nur im Wasser und vermdgen auf dem
Lande fich kaum zu bewegen, andere laufen mit auherster
Schnelle und stnd verloren, sobald sie in das Wasser
gerathen, diese verlaffen den Boden nicht, jene werden
nur auf hhheren Pflanzen gefunden, hausen auf den
Blattern, in den Blumenkronen, wohl auch unter den
Rinden und im faulen Jnnern groherer Baumstamme.
Viele lieben daS Licht, suchen im Vorzug den heihen
und unverhfillten Sonnenstrahl, andere verbergen sich
scheu und kommen wohl auch nur nach Eintritt des
schutzenden Dunkels zum Vorscheine, und mehrere ver-
rathen stch dann durch das phoSphorische Licht, welches
begranzten Theilen ihreS Korpers entstromt und bei tro-
pifchen Arten ost einen Grad erreicht, der den nur an
feinen Johanniswurm gewohnten Europaer auherst
fiberrafcht. In diefer Eigenthfimlichkeit mag allerdingS
ein poetischer Reiz liegen, indessen bleibt er auch der
einzige. Dem schwerffilligen Såfer ward nie die Deutung
untergelegt, zu welcher der aus seinem engen Gehaus
entkommene, zur Luft und zumLichte fich aufschwingende
Schmetterling aufforderte. Man kennt wohl nur ein
Beispiel von der Aufnahme eineS Kafers unter die
Gegenstande der Verehrung oder die verhfillenden Sym-
bole einer Naturreligion. Bei den alten Aeghptern
gehorte zu diesen der Heilige Ateuchus (A. sacer), der
mit vielen anderen, meist der alten Welt sremden die
Sitte theilt, abfichtlich geformte Dungerkug ln muhsam
nach einem sicheren Orte zu wfilzen und al Lager fur
seine Eier zu benutzen. 'Die Alten meinte r, dah die
Fortbewegung immer von Ost nach West ge,chehe, die
Kugel die Erde, die eckigen Vorsprunge deS Dr astschildeS
die Sonnenstrahlen, die dreihig Glieder der sechs Tarsen
die Monatstage bedeuteten. Kein Wunder also, dah
der Kafer von den Aeghptern gsttliche Verehrung
empfing, dah er auf den meisten Denkmalern in mehr-
facher Form dargestellt ward (Fig. 2918.), und dah man
ihn sogar im colossalen Maahstabe auS Stein gehauen in
Tempeln aufstellte, wie ein solcher (Fig. 2919.) auS grfinli-
chem Granit verfertigter u. im britischen Museum bewahr-
ter beweist. Mit der Zeit ging dieser Cultus, wenn auch
in vcranderter Gestalt, auf die Rbmer uber, deren Sol-
daten den aus edleren Steinarten geschnittenen Kafer als
Amulet um den Hals oder in Fingerringen trugen und
an der Unterseite mit eingegrabenen Symbolen versahen,
und dieser Sitte verdankt man viele schone Stficke, welche
in Antikensammlungen unter dem Namen der Scarabaen
bewahrt werden. Unter den deutschen Kafern ist wohl
nur der einen stinkenden Saft von stch gebende Tod-
tenkafer (Blaps mortisaga) hin uild wieder Gegenstand
aberglaubischer Sagen.
ES giebt mehrere shstematische Eintheilungen der
Kafer, von welchen jede ihr Verdienst hat. Die von
Latreille aufgestellte leidet allerdings an manchen Man-
geln, indem fie nicht felten die natfirliche Verwandtschaft
nicht beachtet, bleibt indessen ffir gewhhnliche Zwecke
immerhin eine sehr begueme. Indem fie auf die Zahl
der Tarsenglieder fich begrfindet, zerfallt fie die Kafer in
folgende vier Unterordnungen :
I. Ffinfgliederige oder Pentameren, mit ffinf
deutlich unterscheidbaren Gliedern an allen Ffihen; Aus-
nahme machen einige mit dreigliederigen Tarsen ver-
sehene Arten von Staphhlinen.
II. Verschiedengliederige oder Heterome-
ren, an den Vorderbeinen mit ffinf, an den Hinterbeinen
mit vier Tarsengliedern.
III. Viergliederige oder Tetrameren, fiberall
vier Tarsenglieder.
IV. Dreigliederige oder Trimeren, fiberall
drei Tarsenglieder.
Erste Unterordnung.
Funsglic-erige.
Erste Abtheilung; mitsechs Tastern ver-
sehene. Unterkieser oder Kinnladen jede mit zwei
Tastern versehen, wovon die auheren viergliederig, die
inneren zweigliederig find. Die letzteren konnen nur
als der zweigliederig gewordene auhere Ladentheil ange-
sehen werden und liegen in der Ruhe den Kinnladen
dicht angeffigt. Die beiden ersten Familien dieser
Abtheilung haben verlangerte Beine, gerundete oder
plattgedrfickte Hintertarsen mit meist verlangertem und
zweikralligem Endgliede, heihen gemeinhin Laufkafer
und nfihren fich von andern Thieren niederer Classen.
Die dritte Familie Hat zum Schwimmen eingerichtete
Hinterffihe und ffihrt gleichfalls die Lebensart der
Raubthiere.
Erste Familie.
Cicindeliden.
Kopf dicker als daS Halsschild mit weit vorragenden
Augen. Ffihler vor den Augen eingelenkt, fadenformig.
Oberkiefer mit mehrzahnigem Jnnenrande, Unterkieser
mit beweglichem Zahne (Fig. 2920. A a), innerem und
auherem Taster (b c). Taster der Unterlippe am zwei-
ten Gliede behaart (B a). Beine lang, dfinn.
Cicindelen im strengen Sinne (Gattung Cicindela
Latr.) finden sich in allen Landern der Erde, die kfilteren
ausgenommen, auf sandigen, offenen, von der Sonne
gehorig durchwarmten Orten und beweisen bei Hhherer
Hitze um so mehr Beweglichkeit. Wie entlegen ihre
Heimathen auch sein mogen, so haben fie doch ein merk-
wfirdiges Familienansehen, theilen namentlich fast alle
den Kupferglanz, der an unserer grfinen, an Brust und
Ffihen rothen, nuf den Flfigeldecken mit ffinf weihen
Randpunkten und einem vorn schwarzen Mittelfleck ver-
sehenen Feld - Cicindele (C. campestris Fig. 2921.
vergr.) fich sindet. Sie laufen sehr schnell, fliegen mit groh-
ter Leichtigkeit auf, fallen indessen sehr bald wieder nieder,
sehen scharf, fressen lebende Jnsecten und theilen mit
vielen andern auf sandigem Boden lebenden Kerfen die
Eigenschaft, einen nicht unangenehmen, dem MoschuS
ahnlichen Geruch zu verbreiten. Die ungemein gefrahi-
gen, mit sechs bis acht Augen versehenen Larven mehrer
europaischen Arten graben chlindrische Hohlen, stammen
sich an ihre Wandungen mittels zweier dick behaarter
Hocker deS achten LetbesringeS, lassen nur den breiten
Kopf etwaS Hervorragen und packen alle kleinere, unvor-
fichtig fiber sie hinlaufende Kerfe. Einige der in Deutsch-
land vorkommenden Arten leben auf offenen Sandfeldern,
andere in burren Kieferwaldern. — Die Gattung
Ctenostoma (Ctenostoma) unterscheidet sich von den
Cicindelen durch sehr lange, borstenformige Ffihler,
Gestalt der auhern Kiefertaster, fast gestielten Hinterleib
und lebt im tropischen Sfidamerika. DaS magere
Ctenostoma (C. macilentum) Fig. 2922. vergr. ist
kupfergrfin, auf den Flfigeldecken gelb punktirt.
Zweite Familie.
Carabiden.
Kops meist schmaler als daS Halsschild, mit wenig
vorragenden Augen. Ffihler faden- oder borstenformig.
Oberkiefer ganzrandig und scharf oder mit einem einzel-
nen Zahne (Fig.2925. A von Carabus auratus). Unter-
kiefer (B) mit unbeweglichem oder kaum bemerklichem
Zahne an der Spitze; Endglied der Kiefertaster abge-
stumpft oder auch spitzig; Taster fast immer kahl.
Unterlippe (0) vorgestreckt mit seitlichen Anhfingen oder
I Nebenzungen. Tarsen bei dem Mannchen an beiden
vorderen Fuhpaaren oder nur an dem ersten sehr ver-
breitert.
Alle Carabiden entsprechen vollkommen dem Begriffe
der Raubthiere durch schnelle Bewegung, Rfistigkeit,
Muth und arge Gefrfihigkeit, leben ausschliehlich auf
dem trockenen Lande und werden nie im Wasser gezeitigt.
Viele geifern einen stinkenden, braunen Speichel aus dem
Munde, wenn man fie ergreift, manche spritzen wohl
auch scharfe und fibelriechende Flfisstgkeiten auS dem
After. Durch lebhafte Ffirbung zeichnen fie sich weniger
aus als die Kafer anderer Familien, tragen oft ein ganz
einfacheS braunes oder schwarzes Kleid, doch kommen
unter ihnen wohl auch einzelne vor, die grfin, blau oder
violett mit stark metallischem Glanze leuchten. Wenn
auch in der Gesammtheit nicht lichtscheu, so Halten doch
viele fich gern im Halbdunkel auf oder lauern unter
Steinen und in Erdspalten, weil fie so am Ersten Ge-
legenheit finden, ihre Beute zu fiberraschen. Bei dieser
Jagd entwickeln fie Scharfstnn und Unermfidlichkeit, oder
fie fiben allerlei Kfinste, um den Gegner zu fiberlisten
und wehrlos zu machen. TodteS berfihren fie nicht.
Viele fliegen deS AbendS, jedoch nicht um zu jagen,
andere gehen nie unter den Baumrinden oder auS den
Verstecken hervor, die ihnen zum Aufenthalte dienen,
einigen fehlen die Flfigel. Ihre Larven haben meist
einen langgestreckten, drehrunden, aus zwolf Ringen
bestehenden Leib, sechs Ffihe, grohen, mit starken, ge-
krfimmten, spitzigen Oberkiefern bewehrten Kopf, fressen
nur lebende Thiere und verpuppen fich, der Mehrzahl
nach, unter der Erde. Man theilt fie in mehrere Rotten.
Erste Rotte. Elaphrinen. Oberkiefer (Fi-
gur 2923. A) am Jnnenrande fast ganzrandig oder mit
einem undeutlichen Zahne. Endglied der auheren
Kiefertaster (B) breiter als daS vorhergehende, stumpfe
Oberlippe (C) abgestutzt. Vorderschienen mit zwec
Dornen (D), der eine an der Spitze, der andere vor
derselben, am Jnnenrande ganz. Korper langlich.
Der gemeine Uferkafer (Elaphrus riparius )
Fig. 2923. 2924. Hat noch viele Aehnlichkeit mit den
Cicindelen, Iduft und fliegt schnell, miht 4 Linien, ist
glanzend grfin, in Kupferroth oder Erzfarbe ziehend,
tragt auf den Flfigeldecken vier Reihen runder, blauge-
randeter Vertiefungen und ist an sandigen Ufern nicht
felten.
Zweite Rotte. Carabinen. Oberkiefer und
Kiefertaster (Fig. 2925. A B) der Elaphrinen. Ober-
lippe zweilappig. Zwei Dornen an der Spitze der
Vorderschienen. Kfirper gedrungen.
Von dieser grohen Abtheilung besitzen wir zahlreiche
Reprasentanteu. — Die Gattung Laufkafer (Cara-
bus) hat Oberkiefer mit gebogener Spitze und in der
Mitte kurzgezfihntem Jnnenrande, dreilappiges Kinn (C)
mit vorgestrecktem Mittelzahne, am Halsschilde verlfin-
gerte Hinterecken. Hierher gehoren mehrere metallisch
glanzende bekannte Kfifer, wie der violette Lauf-
kafer (C. violaceus) Fig. 2926., Welcher schwarz, an
den Seiten blaugolden gerandet und in Waldern nicht
felten ist. — In der Gattung Calosoma (Calosoma)
ist die Oberlippe schwach zweilappig, das Endglied der
Taster kaum verdickt, der Mittelzahn deS KinneS kurz,
der Oberkiefer fast ungezahnt, daS Halsschild an den
Hinterecken abgerundet. Der in Waldern nicht seltene
auf Baume kletternde MoschuSkfifer ( C. Syco-
plianta) Fig. 2927. verdankt den deutschen Namen seinem
eigenthfimlichen, lange Haftenden Geruche, ist dunkel
veilchenblau, hat goldgrfine mit vielen punktirten LangS-
streifen und drei Reihen groherer Punkte gezierte Flfigel-
dccken, schwarze Beine und miht 1 Zoll. Die Larve
nfihrt fich zumal von Procesfionsraupen. — Die
LeistuS (Leistus) haben ungemein lange auhere
Kiefertaster; ihre Lippentaster find langer als der Kopf,
die Zunge (Fig. 2928. a) zerfallt in drei lange Spitzen.
Der rothbartige Leistus (L. rufibarbis) kommt in
Deutschland vor.