ForsideBøgerIllustrirte Naturgeschich…erreichs : Vierter Band

Illustrirte Naturgeschichte Des Thierreichs
Vierter Band

Forfatter: Eduard Pöppig

År: 1851

Forlag: Verlagsbuchhandlung von J. J. Weber

Sted: Leipzig

Sider: 296

UDK: St.f. 59 Pöp

Naturgeschichte der wirbellosen Thiere

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Side af 318 Forrige Næste
70 Kerfe. Erste Vrdnung. Kafer. bestbekleideten, haben daher weder von Spinnen, noch von den grbhten Aderflfiglern ehva3 zu ffirchten, werden vielmehr vielen andern furchtbar, zumal soweit fie der grohen Familse der Raubkfifer angehbren, die ost durch Grimm und Gefrfihigkeit wie die Tiger der Jnsectenwelt erscheinen. Dah die Industrie der Kafer ein auheror- dentlich buntes und anziehendeS Bild darbieten muffe, bedarf bei Beachtung ihrer Zahl und sehr mannichfalti- gen AuSrustung gewih nicht des BeweiseS. Einige ihrer Gattungen leben nur im Wasser und vermdgen auf dem Lande fich kaum zu bewegen, andere laufen mit auherster Schnelle und stnd verloren, sobald sie in das Wasser gerathen, diese verlaffen den Boden nicht, jene werden nur auf hhheren Pflanzen gefunden, hausen auf den Blattern, in den Blumenkronen, wohl auch unter den Rinden und im faulen Jnnern groherer Baumstamme. Viele lieben daS Licht, suchen im Vorzug den heihen und unverhfillten Sonnenstrahl, andere verbergen sich scheu und kommen wohl auch nur nach Eintritt des schutzenden Dunkels zum Vorscheine, und mehrere ver- rathen stch dann durch das phoSphorische Licht, welches begranzten Theilen ihreS Korpers entstromt und bei tro- pifchen Arten ost einen Grad erreicht, der den nur an feinen Johanniswurm gewohnten Europaer auherst fiberrafcht. In diefer Eigenthfimlichkeit mag allerdingS ein poetischer Reiz liegen, indessen bleibt er auch der einzige. Dem schwerffilligen Såfer ward nie die Deutung untergelegt, zu welcher der aus seinem engen Gehaus entkommene, zur Luft und zumLichte fich aufschwingende Schmetterling aufforderte. Man kennt wohl nur ein Beispiel von der Aufnahme eineS Kafers unter die Gegenstande der Verehrung oder die verhfillenden Sym- bole einer Naturreligion. Bei den alten Aeghptern gehorte zu diesen der Heilige Ateuchus (A. sacer), der mit vielen anderen, meist der alten Welt sremden die Sitte theilt, abfichtlich geformte Dungerkug ln muhsam nach einem sicheren Orte zu wfilzen und al Lager fur seine Eier zu benutzen. 'Die Alten meinte r, dah die Fortbewegung immer von Ost nach West ge,chehe, die Kugel die Erde, die eckigen Vorsprunge deS Dr astschildeS die Sonnenstrahlen, die dreihig Glieder der sechs Tarsen die Monatstage bedeuteten. Kein Wunder also, dah der Kafer von den Aeghptern gsttliche Verehrung empfing, dah er auf den meisten Denkmalern in mehr- facher Form dargestellt ward (Fig. 2918.), und dah man ihn sogar im colossalen Maahstabe auS Stein gehauen in Tempeln aufstellte, wie ein solcher (Fig. 2919.) auS grfinli- chem Granit verfertigter u. im britischen Museum bewahr- ter beweist. Mit der Zeit ging dieser Cultus, wenn auch in vcranderter Gestalt, auf die Rbmer uber, deren Sol- daten den aus edleren Steinarten geschnittenen Kafer als Amulet um den Hals oder in Fingerringen trugen und an der Unterseite mit eingegrabenen Symbolen versahen, und dieser Sitte verdankt man viele schone Stficke, welche in Antikensammlungen unter dem Namen der Scarabaen bewahrt werden. Unter den deutschen Kafern ist wohl nur der einen stinkenden Saft von stch gebende Tod- tenkafer (Blaps mortisaga) hin uild wieder Gegenstand aberglaubischer Sagen. ES giebt mehrere shstematische Eintheilungen der Kafer, von welchen jede ihr Verdienst hat. Die von Latreille aufgestellte leidet allerdings an manchen Man- geln, indem fie nicht felten die natfirliche Verwandtschaft nicht beachtet, bleibt indessen ffir gewhhnliche Zwecke immerhin eine sehr begueme. Indem fie auf die Zahl der Tarsenglieder fich begrfindet, zerfallt fie die Kafer in folgende vier Unterordnungen : I. Ffinfgliederige oder Pentameren, mit ffinf deutlich unterscheidbaren Gliedern an allen Ffihen; Aus- nahme machen einige mit dreigliederigen Tarsen ver- sehene Arten von Staphhlinen. II. Verschiedengliederige oder Heterome- ren, an den Vorderbeinen mit ffinf, an den Hinterbeinen mit vier Tarsengliedern. III. Viergliederige oder Tetrameren, fiberall vier Tarsenglieder. IV. Dreigliederige oder Trimeren, fiberall drei Tarsenglieder. Erste Unterordnung. Funsglic-erige. Erste Abtheilung; mitsechs Tastern ver- sehene. Unterkieser oder Kinnladen jede mit zwei Tastern versehen, wovon die auheren viergliederig, die inneren zweigliederig find. Die letzteren konnen nur als der zweigliederig gewordene auhere Ladentheil ange- sehen werden und liegen in der Ruhe den Kinnladen dicht angeffigt. Die beiden ersten Familien dieser Abtheilung haben verlangerte Beine, gerundete oder plattgedrfickte Hintertarsen mit meist verlangertem und zweikralligem Endgliede, heihen gemeinhin Laufkafer und nfihren fich von andern Thieren niederer Classen. Die dritte Familie Hat zum Schwimmen eingerichtete Hinterffihe und ffihrt gleichfalls die Lebensart der Raubthiere. Erste Familie. Cicindeliden. Kopf dicker als daS Halsschild mit weit vorragenden Augen. Ffihler vor den Augen eingelenkt, fadenformig. Oberkiefer mit mehrzahnigem Jnnenrande, Unterkieser mit beweglichem Zahne (Fig. 2920. A a), innerem und auherem Taster (b c). Taster der Unterlippe am zwei- ten Gliede behaart (B a). Beine lang, dfinn. Cicindelen im strengen Sinne (Gattung Cicindela Latr.) finden sich in allen Landern der Erde, die kfilteren ausgenommen, auf sandigen, offenen, von der Sonne gehorig durchwarmten Orten und beweisen bei Hhherer Hitze um so mehr Beweglichkeit. Wie entlegen ihre Heimathen auch sein mogen, so haben fie doch ein merk- wfirdiges Familienansehen, theilen namentlich fast alle den Kupferglanz, der an unserer grfinen, an Brust und Ffihen rothen, nuf den Flfigeldecken mit ffinf weihen Randpunkten und einem vorn schwarzen Mittelfleck ver- sehenen Feld - Cicindele (C. campestris Fig. 2921. vergr.) fich sindet. Sie laufen sehr schnell, fliegen mit groh- ter Leichtigkeit auf, fallen indessen sehr bald wieder nieder, sehen scharf, fressen lebende Jnsecten und theilen mit vielen andern auf sandigem Boden lebenden Kerfen die Eigenschaft, einen nicht unangenehmen, dem MoschuS ahnlichen Geruch zu verbreiten. Die ungemein gefrahi- gen, mit sechs bis acht Augen versehenen Larven mehrer europaischen Arten graben chlindrische Hohlen, stammen sich an ihre Wandungen mittels zweier dick behaarter Hocker deS achten LetbesringeS, lassen nur den breiten Kopf etwaS Hervorragen und packen alle kleinere, unvor- fichtig fiber sie hinlaufende Kerfe. Einige der in Deutsch- land vorkommenden Arten leben auf offenen Sandfeldern, andere in burren Kieferwaldern. — Die Gattung Ctenostoma (Ctenostoma) unterscheidet sich von den Cicindelen durch sehr lange, borstenformige Ffihler, Gestalt der auhern Kiefertaster, fast gestielten Hinterleib und lebt im tropischen Sfidamerika. DaS magere Ctenostoma (C. macilentum) Fig. 2922. vergr. ist kupfergrfin, auf den Flfigeldecken gelb punktirt. Zweite Familie. Carabiden. Kops meist schmaler als daS Halsschild, mit wenig vorragenden Augen. Ffihler faden- oder borstenformig. Oberkiefer ganzrandig und scharf oder mit einem einzel- nen Zahne (Fig.2925. A von Carabus auratus). Unter- kiefer (B) mit unbeweglichem oder kaum bemerklichem Zahne an der Spitze; Endglied der Kiefertaster abge- stumpft oder auch spitzig; Taster fast immer kahl. Unterlippe (0) vorgestreckt mit seitlichen Anhfingen oder I Nebenzungen. Tarsen bei dem Mannchen an beiden vorderen Fuhpaaren oder nur an dem ersten sehr ver- breitert. Alle Carabiden entsprechen vollkommen dem Begriffe der Raubthiere durch schnelle Bewegung, Rfistigkeit, Muth und arge Gefrfihigkeit, leben ausschliehlich auf dem trockenen Lande und werden nie im Wasser gezeitigt. Viele geifern einen stinkenden, braunen Speichel aus dem Munde, wenn man fie ergreift, manche spritzen wohl auch scharfe und fibelriechende Flfisstgkeiten auS dem After. Durch lebhafte Ffirbung zeichnen fie sich weniger aus als die Kafer anderer Familien, tragen oft ein ganz einfacheS braunes oder schwarzes Kleid, doch kommen unter ihnen wohl auch einzelne vor, die grfin, blau oder violett mit stark metallischem Glanze leuchten. Wenn auch in der Gesammtheit nicht lichtscheu, so Halten doch viele fich gern im Halbdunkel auf oder lauern unter Steinen und in Erdspalten, weil fie so am Ersten Ge- legenheit finden, ihre Beute zu fiberraschen. Bei dieser Jagd entwickeln fie Scharfstnn und Unermfidlichkeit, oder fie fiben allerlei Kfinste, um den Gegner zu fiberlisten und wehrlos zu machen. TodteS berfihren fie nicht. Viele fliegen deS AbendS, jedoch nicht um zu jagen, andere gehen nie unter den Baumrinden oder auS den Verstecken hervor, die ihnen zum Aufenthalte dienen, einigen fehlen die Flfigel. Ihre Larven haben meist einen langgestreckten, drehrunden, aus zwolf Ringen bestehenden Leib, sechs Ffihe, grohen, mit starken, ge- krfimmten, spitzigen Oberkiefern bewehrten Kopf, fressen nur lebende Thiere und verpuppen fich, der Mehrzahl nach, unter der Erde. Man theilt fie in mehrere Rotten. Erste Rotte. Elaphrinen. Oberkiefer (Fi- gur 2923. A) am Jnnenrande fast ganzrandig oder mit einem undeutlichen Zahne. Endglied der auheren Kiefertaster (B) breiter als daS vorhergehende, stumpfe Oberlippe (C) abgestutzt. Vorderschienen mit zwec Dornen (D), der eine an der Spitze, der andere vor derselben, am Jnnenrande ganz. Korper langlich. Der gemeine Uferkafer (Elaphrus riparius ) Fig. 2923. 2924. Hat noch viele Aehnlichkeit mit den Cicindelen, Iduft und fliegt schnell, miht 4 Linien, ist glanzend grfin, in Kupferroth oder Erzfarbe ziehend, tragt auf den Flfigeldecken vier Reihen runder, blauge- randeter Vertiefungen und ist an sandigen Ufern nicht felten. Zweite Rotte. Carabinen. Oberkiefer und Kiefertaster (Fig. 2925. A B) der Elaphrinen. Ober- lippe zweilappig. Zwei Dornen an der Spitze der Vorderschienen. Kfirper gedrungen. Von dieser grohen Abtheilung besitzen wir zahlreiche Reprasentanteu. — Die Gattung Laufkafer (Cara- bus) hat Oberkiefer mit gebogener Spitze und in der Mitte kurzgezfihntem Jnnenrande, dreilappiges Kinn (C) mit vorgestrecktem Mittelzahne, am Halsschilde verlfin- gerte Hinterecken. Hierher gehoren mehrere metallisch glanzende bekannte Kfifer, wie der violette Lauf- kafer (C. violaceus) Fig. 2926., Welcher schwarz, an den Seiten blaugolden gerandet und in Waldern nicht felten ist. — In der Gattung Calosoma (Calosoma) ist die Oberlippe schwach zweilappig, das Endglied der Taster kaum verdickt, der Mittelzahn deS KinneS kurz, der Oberkiefer fast ungezahnt, daS Halsschild an den Hinterecken abgerundet. Der in Waldern nicht seltene auf Baume kletternde MoschuSkfifer ( C. Syco- plianta) Fig. 2927. verdankt den deutschen Namen seinem eigenthfimlichen, lange Haftenden Geruche, ist dunkel veilchenblau, hat goldgrfine mit vielen punktirten LangS- streifen und drei Reihen groherer Punkte gezierte Flfigel- dccken, schwarze Beine und miht 1 Zoll. Die Larve nfihrt fich zumal von Procesfionsraupen. — Die LeistuS (Leistus) haben ungemein lange auhere Kiefertaster; ihre Lippentaster find langer als der Kopf, die Zunge (Fig. 2928. a) zerfallt in drei lange Spitzen. Der rothbartige Leistus (L. rufibarbis) kommt in Deutschland vor.