Zimmermanns-arbeiten
År: 1921
Forlag: Georg D. W. Callwey Verlagsbuchhandlung
Sted: Dresden
Sider: 92
UDK: St.f. 728.61 Zim
Mit 9 Abbildungen Im Text U. 40 Tafeln
Zweite Auflage
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Plauderel tiber das Holz als Baumaterial
oder weniger praktischeVerwendung und Anordnung
des Materials fur den kunstlerischen Wert einer Ar-
beit keineBedeutung,-dieser Wert der Arbeit bestimmt
sich vielmehr nach dem Berhaltnis, in welchem Ma-
terial und Zweck der Arbeit zueinander stehen.
Aber unsere Heutigen Bauaufgaben und Hier be-
sonders wieder die Aufgabe, die Hauptmaterial-
massen zu bestimmen, sind so rein praktischer Natur,
das; wir hier auch erst mal rein als Praktiker die
Materialien zu wahlen und zu bearbeiten haben.
Es ist darum unserm Heutigen Bauen wenig damit
gedient, wenn wir z. B. bemuht sind, das Holz bei
unserm Bauen so zu benutzen, wie es die alten Bau-
meister benutzten, -wir denten dabei nicht so sehr an
das eigentliche Bauen, sondern es ist uns mehr um
das Aussehen, um „die Wirkung" zu tun. Sollen
uns aber die alten Baumeister Lehrmeister sein, so
wollen wir erkennen, das; sie weit in erster Linie Prak-
tiker waren, das; ihnen bei der Wahl ihrer Materi-
alien deren Aussehen gar nichts bedeutete, dah es
ihnen fast allein darum zu tun war, das Material
nach bestem Konnen rein praktisch zu verwenden und
zu bearbeiten, und wenn ske auch fur unsere Heutigen
Begriffe z. B. oft denkbar unpraktische Dachstuhle
bauten, fur ihren Holzreichtum, frir ihre Werkzeuge,
ihrer Meinung nach, usw. waren das eben die am
meisten praktischen Dachstuhle. Ze mehr wir die alten
Baumeister als Lehrmeister ansehen und se mehr
dann unsere Werke autzerlich den alten Meisterstueken
ahnlich sind, um so mehr zeigen wir, dah wir diese
alten Praktiker nicht verstanden Haben.
Die Ausnut;ungsmoglichkeiten des Holzes sind
durch die Einfuhrung der vielen Holzschneidemuhlen
und auch besonders infolge der ganz neuen Trans-
portverhaltnisse gegen fruher ganz und gar andere
geworden,• dazu kommen die Einrichlungen der Feuer-
versicherungen usw., so dah fur die Wahl des Holzes
als Baumaterial Hente vollkommen neue Gesichts-
punkte gegen fruher bestehen.
Bei der Bewertung des Holzes als Baumaterial
kommt es darauf an, zu bestimmen, wie weit das
Holz rein praktisch fur unser Bauen Bedeutung hat,
und wenn es dann im Bergleich z. B. mit Stein
oder Eisen minderwertig ist, warum wollen wir dann
nicht Stein oder Eisen nehmen?
Wo ware z. B. unsere Heutige Kunst des Eisen-
bruckenbaues, wenn die Ingenieure dabei geblieben
waren: „Wir bauen die Brucke aus Holz, koste es,
was es wolle, es sieht sein aus"?
Fur die Ausfuhrung unserer Bauten, wie immer
fur die Losung praktischer Aufgaben, kommt es in
erster Linie auf die Tuchtigkeit der Mittel an, nicht
auf deren Schein. Der angenehme Schein einer
Wahrheit hat Hauptsachlich insofern Wert, als er uns
die Wahrheit schneller als solche annehmen laht. Wir
sollten aber gegenuber dem sympathischen Schein, den
das Holz als Baumaterial so oft fur uns Hat, auf
der Hut sein, weil sich ja schlietzlich unser Geschmack
mit uns selbst fortwahrend andert und wir Bauleute
spater leicht bedauern, das ; unsere Geschmacksauhe-
rung so kostspielig geworden ist.
H. Tessenow.