Das Unbekannte Spanien
Baukunst, Landschaft, Volksleben
Forfatter: Kurt Hielscher
År: 1922
Forlag: Verlagt Von Ernst Wasmuth A. G.
Sted: Berlin
Sider: 328
UDK: st.f. 72(46) Hie
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Und in dieser Stimmung schreitet man den Berg weiter empor zum maurischen Sommer-
palast, dem Generalife.
Eine Doppelreihe schlanker, schwarzgrüner Zypressen — düsterer Bäume des Schwei-
gens — empfängt uns und zeigt uns den Weg.
Hoch über dem Abgrund thront das Generalife, in terrassenförmige Gärten gebettet.
Die Gärten! Die Natur hat in ihnen ihren ganzen verschwenderischen Reichtum,
ihre ganze Farbenglut entfaltet. Kletterrose, Glyzinie, Weinrebe und Efeu überwuchern
die Mauern; Magnolie, Oleander, Mandelbaum, Lorbeer, Zypresse, Araukarie, Olive, Agave,
Palme und Mimose streiten um den Vorrang; Rammende Granatblüten, blutrote Rosen,
violette Malven, blaue Schwertlilien, weißer Jasmin, gelbe Narzissen und die Goldorange
im dunkelgrünen Laub ringen um den Farbensieg. — Um die kleinen Brünnlein stehen
Kugelmyrtenbäumchen und lauschen dem Geplauder des springenden Silberquells, und im
Gezweig singen die Vögel hinein in den heiligen Sonntag der Natur. —
Ein wundersamer Friede ruht über diesen Gefilden.
Und durch Bäume und Hallen und Mauerbogen öffnen sich köstliche Fernblicke über
die Alhambra und die zu ihren Füßen ausgestreuten bunten Häuser der Stadt, über den
malerischen Albaicin und über den kakteenbewachsenen Sacromonte mit seinen Zigeuner-
höhlenwohnungen, empor zur Sierra Nevada mit ihrem Firndiadem und hinaus über die
weite, vom Kranz feingeschwungener Berge umgürtete Fruchtebene, die Vega, durch die
der Genil sein helles Wasserband zieht. —
Und war der Tag schon leuchtenden Glückes voll, er wird mit aller seiner Schönheit
restlos überstrahlt beim Sonnensinken, wenn die Sonne ihr Goldnetz über das Land breitet.
Wie in Blut getaucht stehen die einst kampfumtobten Mauern der Alhambra. Bronzegolden
schimmert es über die Berge in die Weite, und in Feuerflammen lodern die Schneehänge
der Sierra Nevada. Allmählich erstirbt dieser Feuerzauber; ein kaltes Geisterweiß senkt sich
auf die Schneegipfel herab; die Dämmerung breitet ihre grauen Schwingen aus und zieht
den Sternenmantel hinter sich her. Nie zu vergessen!
Der Spanier hat das stolze Wort geprägt: »Quien no ha visto Granada, no ha visto
nada!« »Wer Granada nicht gesehen hat, der hat nichts gesehen«, und ich möchte hinzu-
fügen: Wer Granada und seine Alhambra in leuchtenden Frühlingstagen sah, der trägt
einen Talisman mit sich gegen alle Kümmernisse selbst in trübste Tage hinein, der kann
in seinem Leben nie mehr ganz unglücklich werden!
O
Die Moschee von Cordoba. Es zog ein Volk aus, seinem Glauben die Welt
zu erobern; sein Feldgeschrei in diesem heiligen Krieg war »Allah!« Und es zog von Sieg
zu Sieg, bis endlich dieser Siegeszug des Glaubensfanatismus am Glaubensbollwerk des
Gegners zusammenbrach. Die Woge brandete zurück, und das Kreuz der Christen trium-
phierte über den Halbmond der Mohammedaner.
Und dieses Ringen des einen Glaubens wider den andern, des einen Erdteils wider den
andern grub unauslöschliche Spuren in die Gefilde, in denen der Kampf getobt.
Um Gottes willen war dieser Krieg entbrannt; ihm, dem Sieger, errichtete man Heilig-
tum um Heiligtum. Auf den Trümmern der Moscheen erstanden als Siegesfanale die herr-
lichsten Kathedralen, die die Welt kennt.
Ohne diese erbitterten Glaubenskämpfe hätteSpanien nie sein heutiges Gepräge erhalten.
Der Edelstein der maurischen Städte des Abendlandes war Cordoba, ausersehen, die
Schwestern Damaskus und Bagdad im fernen Morgenland in Schatten zu stellen. Hier ent-
faltete sich aller Reichtum, aller Prunk der Maurenherrschaft; Cordoba ward Millionenstadt;
war Sitz der arabischen Kunst und tiefgründiger Gelehrsamkeit, war Mittelpunkt des religiösen
IX