ForsideBøgerDas Unbekannte Spanien :…, Landschaft, Volksleben

Das Unbekannte Spanien
Baukunst, Landschaft, Volksleben

Forfatter: Kurt Hielscher

År: 1922

Forlag: Verlagt Von Ernst Wasmuth A. G.

Sted: Berlin

Sider: 328

UDK: st.f. 72(46) Hie

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Side af 336 Forrige Næste
Die Häuschen des Dorfes werden kleiner und kleiner. Die letzten Bäume bleiben hinter uns; über würzig duftende grüne Hänge schreitet der kuli, bis auch diese unter den Frümmer- halden der Felsriesen verschwinden. Hart unter dem Absturz der Pena vieja ein Jagdhaus, in dem fast alljährlich Spaniens König ein paar Tage weilt, um hier der Gemsjagd obzuliegen. Der Tag ging mählich zur Rüste. Um die Pena vieja wehten mächtige Nebelfahnen; bleiche Schemen zogen, wankten silbergrau wie Spinngewebe, und von allen Seiten brodelte es grauweiß empor und hernieder. Schon zogen die wallenden Nebel dichter und dichter ihr häßlich Gespinst um uns, als wir an der Schenke der Minenarbeiter von Lloroza an- langten. Ein Aufseher lud uns ein, in seiner Hütte zu nächtigen. Dankbar nahmen wir sein freundliches Anerbieten an. Und wenn auch die Hütte und der Hausrat anmuteten, als seien sie Versuche der Urmenschen, auf die unterste Kulturstufe zu klettern, wir waren doch herz- lich zufrieden, ein Obdach gefunden zu haben. — Geruhsam war die Nacht auf dem harten Erdboden ja nicht, und wir waren froh, als der nahende Tag uns vom Lager rief. Wir traten ins Freie. Ein überraschender Anblick bot sich uns dar: die Nebel, die uns gestern abend jede Aussicht genommen hatten, lagen zu unseren büßen im I al. Schwarz ragten wie Inseln die Bergspitzen aus den Wolkenwogen. Der geheimnisvolle Augenblick des Kampfes zwischen Nacht und 1 ag nahte. Droben am tiefblauen Westhimmel stand noch die silberne Scheibe des Vollmondes, und auch der Morgenstern behauptete sich noch einige Zeit dem im Osten allmählich emporwachsenden Licht gegenüber, bis beide zuletzt gläsern verblaßten, als das große Fagesgestirn seine Vorboten aussandte. Ein rosenroter Schein erhellt den Horizont, zu den Himmelsfenstern werden als Willkommensgruß lange rote Wimpel herausgehängt, und endlich taucht All- mutter Sonne über das Nebelmeer empor, vergoldet die Kämme seiner Wellen, umgießt mit einer Lichtglorie den Berggipfel im Osten und umglutet die Felswand, an die unser Hüttchen sich schmiegt. O wunderbares, tiefes Schweigen! ---------- »Zu neuen Ufern winkt ein neuer Tag!« Eine kurze Strecke noch gibt es gebahnten Pfad, des Königs Jagdweg zu seinem Gemsen- schießstand. Dann weg- und steglos an Felswänden hin über Grate, Geröllhalden und Schnee- felder mitten in die Steinwildnis mit ihren Zinnen, Zacken, Türmen. Ganze Rudel Gemsen äugen erstaunt nach den seltsamen Eindringlingen in ihr Paradies, lassen sich aber im übrigen kaum stören. — Öde und öder, wild und wilder wird die Bergwelt, von einer unsäglichen Schwermut bedrückend umwebt. Dabei wächst ihre Größe von Augenblick zu Augenblick. Groteske Steinriesen — wie aus glühendem Erz geschmiedet in den Gluten des Himmels — halten die Totenwacht über diesem Riesengrab der Natur. Wehe dem einsamen Wanderer, der sich hierher wegunkundig verirrt: in den Schründen und Schroffen lauert der Tod!— Und endlich halten wir vor dem Beherrscher dieses großartigen Reiches. Sein I hron steht im ewigen Schnee, sein stolz erhoben blondes Haupt ist umspannt vom gleißenden Sonnengoldreif. Vom abgeschiedensten 'Fal der Berge bis zur Küste des brandenden Meeres kennen alle sein hochragend Bild, bewundern alle seine Schönheit, nennen alle seinen Namen : Naranjo de Bulnes. — Als vierseitige, 600 Meter hohe Pyramide erhebt sich dieser gewaltige Felskoloß über seine Umgebung. Seine senkrechten Wände zeigen kaum einen Riß. Und es klingt tast unglaubwürdig, daß ihn der kühne Bergsteiger Marqués de Villaviciosa de Asturia dennoch bezwungen hat. Wir umwanderten den stolzgewaltigen Felsturm. Ein Wandern — losgelöst von aller Erdenschwere hoch in Welteinsamkeit über den Tiefen der Menschheit. XIX