Gothisches Musterbuch 1

Forfatter: G. Ungewitter, D. Statz

År: 1856

Forlag: T.O. Weigel

Sted: Leipzig

Sider: 34

UDK: 723

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Side af 232 Forrige Næste
Kleinlichkeit aus, welcher jeden freien, frischen Anflng lähmt; das Auge wird verwöhnt und die Originalität zerstört, so viel der herrschende Eklektizismus deren überhaupt noch bestehen läßt. Schon durch die Wahl der Werkzeuge wäre auf eine andere Bahn einzulenken, man sollte die Kohle, die Kreide und die Rohrfeder den Schülern vor Allem in die Hand geben. Sodann sollte man darauf hinwirken, daß sie, fern von jeder tobten Nachahmung, schon in den (5on to uren den Geist lind Charakter des darzn- stellenden Gegenstandes ausdrücken lernen, daß bei Riffen die geo- metrische, nnd nicht die perspectivische Darstellungsweise die Regel bildet, daß einfache Linien, Und nicht die, in zwiefacher Hinsicht unwahren s. g. Licht- und Schattenstriche gezogen werden, daß die Verschiedenheit des Materials schon in der Zeichnung erkennbar wird, nnd daß eine freie Behandlung erst bei vollem Verständnis; der Sache eintritt. Um ein solches Verständnis; herbeizuführen, lasse man recht viel Durchschnitte und, wo es angeht, nach der Natur zeichnen, Letzteres jedoch, unter Hervorhebung des Charakte- ristischen , in möglichst wenig Zügen. Bei der Benutzung alter guter Muster aus dem Mittelalter zum Studium liegt die Gefahr ziemlich nahe, in eine Art von christlicher Renaissance zu gerathen, die wie die heidnische des 16ten Jahrhunderts das Plagiat an der Stirne trägt. Ueberhaupt ist es nichts Leichtes, nach keiner Seite hin zu viel oder zu wenig zu thun — es ist dies ein Merkmal der ächten Klassizität —* im Zweifel aber neige man sich doch lieber nach der Seite der Natur hin, soweit nicht, wie bei der kirchlichen Kunst, gewisse Typen, welche eine traditionelle Sanction haben, oder sonst Rücksichten höherer Art maßgebend sind. Vor Allem gehe das Streben nach Wahrheit und Gesundheit! der große Apparat von Mitteln, nnd selbst von Gedanken oder Bezügen inacht das Kunstwerk nicht aus. — Um jener Eigenschaften willen sind noch die besseren alten Holzschnitte als Nebungsmaterial zu empfehlen; das Angemessenste ist, sie in größerem Maßstabe nach- zuzeichnen oder doch Einzelnes daraus, was ein hervorstechendes aktuelles Interesse darbietet, abgesondert solchergestalt zu behandeln. Da hier die Vorbildung znin s. g. Kunsthandwerke vorzugsweise in Rede steht, so möchte ich noch darauf aufmerksam machen, wie solche alte Holzschnitte, Stiche und Bilder eine wahre Fundgrube für dasselbe darbieten. Hier haben wir die baulichen mib häus- lichen Einrichtungen, das Geräthe, die Bekleidung, den Schmuck, knrz Alles, was dein äußeren Leben der großen christlichen Klmst- pcriode Gestalt und Farbe gab, vor unseren Augen. Wie bildend nnd lohnend würde es nicht sein, diese Gegenstände aus dein Ma- lerischen ins Realistische zurückzuübersetzen, die verschiedenen Geräth- schasten schulgerecht zu construiren nnd die etwaigen Modifikationen anzubringen, welche der Gebrauch derselben im Leben erheischt! Dllrch eine solche Ucbung würde man am sichersten dazu gelangen, die alten Formen recht zu verstehen und mit unseren neuen Be- dürfnissen in Einklang zu bringen, während die sich selbst über- lassene Phantasie unserer Schlosser und Tischler bis dahin fast nur Zerrbilder zu Tage gefördert hat, wenn Jemand etwas Go- thisches von ihnen zu haben wünschte. — Aber nicht blos ans das Zeichnen nach guten alten Mustern soll man sich beschränken; weit mehr nutzbringend noch sind die plastischen Nachbildungen, und zwar wo möglich iin Materiale des Originals, nicht in Gips, Kork oder Pappdeckel, wie es wohl zu geschehen pflegt. Ich will auf bereits Gesagtes nicht zurückkom- men, sondern nur noch die Ueberzeugung aussprechen, daß es sich hier um einen wahren Angelpunkt für die Zukunft unserer ge- sammten Kunstübung handelt. Alles Zeichnen, Messen, Lernen, Jmaginiren und Reflectiren wird derselben nicht auf einen grünen Zweig helfen, so lange nicht wieder eine nähere Verbindung der Kunstschulen mit den Werkstätten stattfindet: wie ein Irrwisch wird der Geist der Kunst umherflattern, so lange er mit seiner stofflichen Hülle, die das Handwerk ihm bietet, nicht wieder Eins geworden ist. Für die jungen Architekten insbesondere möchte ich noch einen Vorschlag hier niederlegen, welcher sich an das zuvor hinsichtlich der Benutzung der alten Bilder Gesagte anreiht oder vielmehr mir eine speziellere Anwendung davon macht. Ich meine nemlich, sie sollten sich recht emsig nach alten Ansichten von Städten und Gebäuden umthun und ans das Studium derselben eine besondere Sorgfalt verwenden. Vor Allein möchte ich zu diesem Zwecke Merian's Topographie empfehlen, ein Werk, auf welches unsere Nation alle Veranlassung hätte, stolz zu sein, mib das sie wohl nur um deswillen so gründlich ignorirt, weil sie darin zugleich, wie in einem Spiegel, ihr Unglück und — sagen wir es nur ge- rade heraus — ihre Schmach erblickt. An einem anderen Orte*) habe ich bereits darauf hingewiesen, wie diese zahllosen Abbildun- gen, indem sie uns in ihrer anspruchlosen Wahrhaftigkeit die ehemalige inonumentale Herrlichkeit der deutschen Nation vor das Auge führen, so recht dazu geeignet sind, unser Nachdenken über den so traurigen Wechsel der Dinge und dessen Ursachen zu wecken. Unsere Gaubeflissenen mögen hier an den Wäldern von Thürmen und Monumenten aller Art, an dieser Ueberfülle der malerischsten Baugruppen, an diesen so phantastischen und doch immer so gesetz- mäßigen Formen und Combinationen sehen, wie Deutschland, ja Europa aus der bildnerischen Hand des Mittelalters hervorgegangen ist, und dann vergleichen, was die „Aufklärung", der Classizis- mus, der intelligente Staat, die Acadeinien und die Bücherweisheit, mit Hülfe der Baupolizei nnd der Stadtbanmeister, iin Verfolge daraus gemacht haben — und es werden ihnen, denke ich, die Augen darüber aufgehen, wohin wir mit all' den besagten Errun- genschaften, in ästhetischer Hinsicht wenigstens, gekommen sind, unb was uns noch bevorfteht, wenn es auf diesem Wege weiter fort gehen sollte. — Sehr instruktiv würde es sein, wenn die Bau- schüler einzelne Bauwerke und Gruppen aus Merian kunstgerecht im Großen ausführten und nach den vorhandenen Andeutungen profilirten. Sie würden sich so allmählig in die Bildungsgesetze der Alten hineinfinden nnd namentlich sich daran gewöhnen, ihre Erfindungsgabe immer innerhalb gewisser Schranken zu halten; zugleich aber wäre dies auch der naturgemäßeste Weg, sich in der Geschichte der deutschen Baukunst näher zn orientiren und dieselbe Fleisch nnd Bein gewinnen zu machen. Znr Aufmunterung der Schüler nicht blos, sondern auch 511111 Vortheil der betreffenden Unterrichtsanstalten würde es gereichen, *) Die christlich-germanische Baukunst und ihr Verhältniß zur Gegenwart. 2tc Ausl. S. 32.