Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seife 80
Bayerifche Hubildums«kandes»HusHeUung 1906
Or. 4
u. a. durch Denhmaler oder Stiftungen geehrt, die Mun-
chener Uhademie der Wissenschaften rvird von Bayern
und Nichtbayern mit Schenkungen bedacht, aus dem Munde
norddeutscher Gelehrter - wie erst jungst des Hamburger
Philologen Erwin Nohde - hann man es oft vernehmen,
datz sie nirgend lieder als in Munchen ihre Mohnstatte
aufschlagen wurden. 3m llnfang des 19. 3ahrhnnderts
erfreuten sich Ingolstadt-Landshut, Murzburg, Lrlangen
heiner besonderen Nchtung unter den deutschen Hochschulen.
Hente haben unsere Landesuniversitaten den Vergleich mit
heiner deutschen zu scheuen. Und wie sehr hat sich unser
Universitatsstudium gehoben durch die mit Thierschs philo-
logischem Seminar einsetzende Grundung von Seminarien,
durch den Bruch mit dem verderblichen System einer aus-
schlietzlich rezeptioen Tatigheit der Studierenden! Vie schon
in der Mitte des 18. 3ahrhunderts von 3ckstatt erhobene
Forderung staatlicher Fursorge fur naturwissenschaftliche und
technische Bildung ist durch die Lrrichtung der technischen
Hochschule, der Nealgymnasien, 3ndustrieschulen u. s. w. er-
fullt. 3ckstatt rourde staunen, roenn er von unserem neuesten
plane, der Begrundung des grotzartig gedachten technischen
Museums horte. Maren doch vor roenig mehr als Hundert
Jahren alle Bildungsanstalten bel uns so zugeschnitten, als
ob nur Theologen oder Hofhavaliere Herangezogen roerden
soliten!
Eine grvtze Ueihe roissenschaftlicher Unternehmungen,
die Bayern zum Uuhme gereichen, hat Konig Maximilian II.
angeregt, unterstutzt oder durch seine Munifizenz erst er=
moglicht. 3n der „Bavaria" rourde nach dem elgenen
plane des Konigs ein Sammelroerh fur Volhs- und Landes-
hunde geschaffen, roie es damals noch hein anderer deutscher
Stamm besatz. Kein anderer besitzt auch ein so ausge-
zeichnetes etHnograpHisches Linzelbild roie Bayern in Riehls
Pfalzern. Iteben der philosophie Schellings fuhlte sich der
Konig am meisten von der Geschichte angezogen und autzer
den Monumenta Germaniæ historica ist von heiner Seite
fur die deutsche Geschichte so Grotzes geleistet roorden, roie
durch die von Maximilian II. begrundete und aus seinen
Privatmitteln reich dotierte Historische Kommission in Munchen.
3n den 3ahrbuchern des Deutschen Ueiches, den Stadte-
chronihen, den Ueichstagsahten, der HUgemeinen Deutschen
Biographie, der Geschichte der Missenschaften u. a. Hat sie
Werhe von monumentalem Lharahter und Hochster Be-
deutung fur die deutsche Geschichtsroissenschaft geschaffen.
Mie die Bavaria auf dem Felde der Landeshunde literarisch
voranging, so die Freude des Volhes und der GeleHrten,
die gratze hulturgeschichtliche Sammlung des Nationalmuseums
in Munchen auf dem Gebiete der Sammlungen. 3n iHr
und im Germanischen Nationalmuseum in Nurnberg, das
dem franhischen Ldelmanne v. Nufsetz seinen Ursprung
verdanht, besitzt Bayern die bedeutendsten Sammlungen
dieser Art auf deutschem Boden, ja auf dem ganzen Lrd-
hreis hann ihnen roenig an die Seite gestellt roerden. Dazu
hommt in Nurnberg das dem geroerblichen Leben des
ganzen Landes dienende, die technische und hunstlerische
Forderung des Handroerhers und die Geschmacksbildung des
Publihums betreibende Bayerische Geroerbemuseum. Neben
diesen Museen roerden roir nach Nbschlutz der im Gange
befindlichen 3nventarisierung der Kunstdenhmale des Konig-
reichs ein literarisches Denhmal von HoHem Mert erhalten.
Uberall, roohin roir auch blicken, das regste Streben nicht
nur nach Dertiefung, sondern auch nach Verbreitung und
Popularisierung des Missens! 3u den hochschulhursen und
ahnlichen Veranstaltungen drangt sich ein zahlreicher und
danhbarer Horerhreis und roenn die Nnziehungshraft neu
aufgehommener artistischer Vorstellungen niedrigeren Schlages
als 3eichen des sinhenden Geschmacks angehlagt roird, barf
man billig nicht verschroeigen, dah jede Nuffuhrung einer Beet-
hovenschen Symphonie oder einer Bachschen passion mit noch
grotzerer Sicherheit auf einen uberfullten Saal rechnen hann.
Mie sehr sind seit hundert 3ahren auch die Mittel
zur Verbreitung von Gedanhen, Nachrichten und Bildern
verbessert roorden! Nuch auf diesem Gebiete behauptet
Bayern eine ruhmliche Stellung. Man denhe an den Tele-
graphen, in dessen Erfindungsgeschichte der Erlanger Georg
Simon Dhm nicht ubergangen roerden darf, an die Schnell-
presse, deren erste und grbfote Fabrih von Konig und Bauer
Gberzell bei Wurzburg beherbergt, an die Lithographie,
deren bayerischer Erfinder Senefelder der grotzartigen mo-
dernen Entroicklung der polygraphischen Geroerbe die Bahn
gebrochen hat, an die Photographie, in deren Werdegang
Bayern durch roeltbehannte Firmen vertreten ist und in
deren Verlag Munchen in Deutschland die meisten personen
beschaftigt, an die Stenographie, deren bestes System der
Munchener Gabelsberger erfand!
Unser geliebter Prinzregent Luitpold ist vor allem ein
Erbe des vaterlichen Kunstsinnes. Mer aber das nun bald
zroanzigjahrige wirhen seiner Negentschaft aufmerhsam ver-
folgt Hat, roeitz, mit roelcher gleichmatzig abroagenden Un-
parteilichheit und mit roelchen Erfolgen er fur Wissenschaft
roie Kunst und fur alle Gebiete des Staatslebens und des
offentlichen Wohls ein roarmherziger und verstandnisvoller
Schirmherr und Forderer ist. „Lebe hoch, roer Leben
schafft!" Bayern ist glucklich zu preisen, dah es in diesen
hundert 3ahren stets nur Fursten besatz, die mit echter
Furstlichheit edles Menschentum vereinigten und die fort-
schreitende Entroicklung nach allen Seiten aufs gunstigste
zu beeinflussen verstanden. (Sortienung folgt.)