Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seite 1070
Bayerifche Jubilæums*kandes »flusHellung 1906
fir. 42
Nirgends im Deutschen Beiche und noch weniger autzer-
halb desselben erfreuen sich die Kunftler auch nur annahernd
ahnlicher Wohlgeneigtheit seitens des Herrschers, wie in
Bayern und Munchen. Dieser Buffassung des Regenten
von des Kunstlers hoher Berufung ist's zu danken, datz
Munchens Kunstler ein gesellschaftliches Rnsehen genietzen,
das zum mindesten fur manchen Hochtonenden Besehl anderer
Herrscher an die Kunstler, der wohl reichliche Mittel und
Rrbeit, aber sehr unkunstlerischen Zwong dem Beauftragten
auserlegt, entschadigt. Gewitz haben grotze Herrscher in
Epochen einer in gesicherten tvegen sich entwickelnden
kunstlerischen Produktion die Entstehung von Kunstwerken
in einer lveise ausgetragen, die den Kunstlern eine mehr
oder weniger grotze Beschrankung des eigenen Kunstlerischen
Gestaltungsdranges bedeutete. fiber in Keiner Seit dursten
enggesahte kunstlerische Ruftrage surstlicher Macene so be-
denklich gewesen sein, wie in der grotzeren letzten halste
des letzten Iahrhunderts.
Es ist deshalb in unseres Regenten echter und rechter
Kunstlerfreundschast eine besonders gluckliche Fugung fur
Bayern zu feiern.
Befehle an die Kunstler kennen wir hier unter der
Regentschast des Prinzen Luitpold nicht. Wie viele Freiheit
lassen des Regenten Kunstlerische Rustrage. Roch Keiner
Kunstlerischen Richtung in dieser gårenden und wider-
spruchsvollen Seit am Ende des letzten Bahrhunderts wurde
Mitzachtung oder gar Spott von feiten unseres Landes-
Herrn zuteil. 3ebe unserer nur allzuvielen Richtungen der
Malerei hat des Koniglichen Landesoerwesers Gastlichkeit
genossen. Das Konigliche Kunstausstellungsgebaude am
Konigsplatz wurde der Kunstlergesellschast eingeraumt, die
anderwarts als allzu kunstrevolutionar offensichtlich gemieden
wurde. Das ist des Prinzregenten Russassung: ein vor-
nehmer Gastfreund allen Kunstlern zu sein, unter den
Gasten jede Bevorzugung zu vermeiden, ja sogar jeden
vergessen zu lassen, datz er nur zu Gaste ist.
So konnte sich in Munchen Maleret, Bildnerei,
Rrchitektur und Kunstgewerbe sreier entwickeln als in
anderen groven Residenzen des Reiches und Bayerns Resi-
denz Konnte die Kunststadt des Reiches bleiben, zu der sie
unseres Regenten Koniglicher Vater erhoben.
Besonders glucklich wurde unter unseres Regenten
Ruspizien die kunstlerische Gestaltung der Stadt sortgesetzt.
Ludwig I. und Max II. zeigten die Wege an, die nun mit
grotzerer Freiheit versolgt werden Konnten: Vie Kunst der
Strahenanlage. Sweifellos ist unter festlicher Betonung
des gestarkten Burgertums so manche Stra^e Kunstlerisch
Korrigiert worden, die unter den meist armseligen Verholt-
nissen der ersten Konige Bayerns Kein befriedigendes Stadt-
bild geden Konnte. Das Stadtbauamt Munchens unter
Theodor Zischers Fuhrung hat das Konigliche Erbe Kunst-
lerischer Stadtgestaltung mit solcher Begabung ausgegriffen,
datz andere Stadte in Munchen ihr Vorbild bereits seit
einiger Seit erkannt.
Wahrend also in der ersten halste des letzten Sahr-
hunderts die Bauten der Konige der Stadt ihr Geprage
geben, Hat nun ein gluckliches Burgertum die Rufgaben
verfolgen Konnen, die die Konige ihnen gestellt. ©b nicht
in diesem Surucktreten grotzen Koniglichen Geprages des
Landesverwesers vorbildliche Bescheidenheit zu erkennen
sein durste, sollte damit zu verstehen gegeben werden, datz
er nicht Konig, sondern nur des unglucklichen Konigs Ver-
weser ist?
Leider sind die Seitumstonde der Vurchfuhrung edler
Kunstlerischer Gesinnungen unseres Regenten nicht so gunstig,
wie es solche huld verdiente.
Munchens Kunstsammlungen sind in vielen Teilen
durch die reichen Museen der Reichshauptstadt uberslugelt
worden. Manches Museum, was dringend notwendig ware,
um Munchen auch als Museumsstadt fernerhin als erste im
Reiche gelten zu lassen, ist hier vorlausig unmoglich zu errichten.
Dazu Kammt, datz unseres Regenten Regierungszeit
in eine Epoche des Ubergangs falit, in der die Maleret
eine durchaus ungesunde hohe der Produktion erreichte und
durch ein hin und her malerischer Tendenzen bald des Rus-
landes, bald der Vorzeit, bald des blotzen Experimentierens
an gefestigtem Rnsehen verlieren mutzte.
Trotz vieler ungunstigen Sustande, trotz eines Landtages,
dessen weitaus grotzte Sahl von Mitgliedern fur Kunstlerische
drangende Zragen der Gegenwart nicht das geringste Ver-
standnis und sast Keine Mittel besitzt, hat sich doch in
Munchen zuerst eine neue Kunst am glucklichsten entwickelt.
Plastik und Rrchitektur haben an monumentalem Werte
Hier uberraschend gewonnen. Und eine neue angewandte
Kunst, deren ganze Konstitution eine vollwertige, zukunfts-
reiche ist, hat Bayerns kunstlerischen Ruhm neu erhoht!
Und wenn auch mancher kunstlerische Wunsch durch
die materielle Ungunst der 3eiten Keine Ersullung finden
Konnte, ss wissen wir doch, datz sur alle Seiten des Prinz-
regenten Luitpold von Bayern edles Freundschaftsverhaltnis
zu allen Kunstlern Vorbild sand im Urbilde des rornischen
Maeeenas und Vorbild sein wird sur alle, die mit geringen
oder grotzen Mitteln die Kunst und die Kunstler als schonste
Lebensgestalter wirken lassen wollen.