Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Die Technologischen Mitteilungen des Bayerischen Gewerbemuseums werden nach der Ausstellung als selbståndige Zeitung
weiterbeste hen. — Nach^.dck ist nur mit Genehmigung der Schriftleitung gestattet.
Alle Sendungen, die diesen Teil der rtusstellungszeitung betreffen, bitten wir direkt an den Schriftleiter zu adressieren.
Schriftleitung: Dr. Otto Edelmann, Oberingenieur am Bayerischen Qewerbemuseum in Nurnberg.
Inhaltsangabe: Moderne Verwendungen der Zellulose, von Prof. Dr. Lassar-Cohn, Konigsberg i. Pr. — Uber das Åtzen des Holzes,
von Ing.-Cheni. W. H. Schramm, Qraz. iSchluB.) — Oebrauchsinuster und Qeschinacksinuster, von Ingenieur Hammer, Nurn-
berg. (Fortsetzung). — Allerlei aus der Praxis. — Literarisches. — Mitteilung der Schriftleitung.
Moderne Verwendungen der Zellulose.)
Von Prof. Dr. Lassar-Cohn, Konigsberg i. Pr.
Die Zellulose ist ein im Pflanzenreiche auBer-
ordentlich stark verbreiteter Stoff; von Beginn
des Wachstums an bildet sie einen wichtigen
Bestandteil jeden Oewåchses. Sie ist daher in
beliebigen Mengen zu haben. Mit dem fortschreitenden
Wachstum der Pflanzen hauft sie sich namentlich in
deren festeren Teilen, also in den Stengeln und schlieB-
lich im Holze an. Sie bildet dort zarte Fasern; und
die Festigkeit der Stengel und llblzer stammt nicht
rum wenigsten daher, daB die in ihnen befindlichen
einzelnen Faserchen mittels Harz auf das innigste mit-
einander verklebt sind. Die vorzugliche Klebkraft
soleher Harze ersehen wir z. B. daraus, daB leinene
Tucher beliebig oft gewaschen werden konnen, ohne
daB die Faden zu Zellulosefasern zerfallen. Dieses
andert sich jedoch vollig, wenn man etwa einen Haufen
nasse Leinenwåsche oder nasse leinene Lumpen långere
Zeit liegen låBt. Unter Selbsterwarmung tritt dann das
ein, was wir Fåulnis nennen, und der Beginn dieser
Fåulnis veranlaBt hier, bevor noch die Zellulose selbst
irgendwie leidet, daB die zusammenklebenden Harze
in kochendem Wasser, namentlich wenn man etwas Kalk
zusetzt, loslich werden, sich also jetzt etwa wie Gummi
arabicum verhalten. Wird eine derartige Masse nach
dem Kochen mit viel Wasser durehgearbeitet, so wird
schlieBlich nur die Zellulose zuruckbleiben, indem die
Harze, die zuvor die Zellulosefasern zusammenhielten,
mit dem Wasser fortflieBen. GieBt man weiter den
nassen ZeUulosebrei auf ein Sieb, so wird der groBte
*) Mit bes. Genehmigung des Verlags E. Nagele, Stuttgart,
der Zeitschrift „Aus der Natur" eutnommen.
Teil des Wassers durchlaufen, und ein Håutchen von
verfilzten Zellulosefåserchen zuruckbleiben. Solches
dunne Håutchen nennen wir in trockenem Zustande
Papier, vorausgesetzt, daB wie die Papiermacher sagen,
es seinerseits wiederum geleimt worden ist. Denn
wurde man das Leimen unterlassen und nicht dafur
sorgen, daB die Zellulosefåserchen in jenem dunnen
Håutchen wieder miteinander verklebt werden, so wurde
ja alles Papier, sobald es naB wird, auseinanderfallen.
Diese alte Kunst der Papierherstellung, die
wir zum Verståndnis der modernen Verwendungen
der Zellulose hier erwåhnen mussen, ist von den
Chinesen erfunden worden. Durch die Araber kam
sie nach Europa, und die erste vollståndige deutsche
Papiermuhle wurde 1390 in Nurnberg in Betrieb gesetzt.
Die Erfindung der Buchdruckerkunst steigerte bald den
Papierbedarf auBerordentlich, und im Laufe der Zeit
wuchs er so, daB die Lumpen, die zuerst allein als
Rohmaterial fur die Papierfabrikation in Betracht kamen,
anfingen, knapp zu werden. Da suchten sich denn
die einzelnen Staaten auf alle Art zu helfen, um
wenigstens ihre Untertanen vor Papiernot zu bewahren.
So fuhrte Friedrich der GroBe einen Ausfuhrzoll auf
Lumpen ein, um seine inlåndischen Fabrikanten vor
den Lumpenkåufern der englischen Papierindustrie,
die damals schon recht bedeutend war, zu schutzen.
Solche MaBregeln konnten wohl einzelnen Låndern
helten, hinsichtlich des Papierbedarfs der ganzen Welt
blieben sie naturlich einfluBlos, und seine Deckung
ertorderte gebieterisch das Aufsuchen weiterer Roh-
materialien tur die Papierindustrie. Da kamen dann