Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Rr. 11
Bayerikhe 3ubildunis - handes-Husitellung 1906
Seife 243
åltesten Zeiten hergestellt werden und oft ganz auBer-
ordentlich kostbar sind, so sind andererseits emaillierte
Gegenstånde mit Eisen als Unterlage in den letzten
Jahrzehnten fur Gebrauchszwecke in die weitesten Kreise
gedrungen. Bei allen diésen glasierten und emaillierten
Gegenstånden ist die Vorbedingung jedes Erfolges die,
daB der Uberzug mit seiner Unterlage ein gleiches
Verhalten gegen die ausdehnenden und zusammen-
ziehenden Wirkungen von blitze und Kålte zeigt, sodaB
ein Abspringen nicht stattfinden kann. Andernfalls wird
ein Abspringen der Glasur entweder schon wåhrend
der Fabrikation oder nach kurzerer oder långerer Ge-
brauchszeit erfolgen. Jedoch wird auch eine gute
Glasur immer mit der Zeit eine gewisse Anzahl von
Rissen bekommen, durch die Flussigkeit eindringen
kann, ein Umstand, der sich namentlich bei emaillierten
Eisenwaren sehr låstig macht. Denn da die betieffenden
Flussigkeiten das Eisen stets mehr oder weniger stark
angreifen, so wird dieses an solchen Stellen unter dei
Glasur weg angefressen, sodaB letztere nach einiger
Zeit abblåttern muB.
Gehen wir nun zu den Erzeugnissen der keramischen
Industrie und der Bausteinindustrie uber, so haben wir
bereits bemerkt, daB deren Rohstoff Silikate, in der
Regel tonhaltige Massen sind, die auf die verschiedenste
Weise zusammengesetzt und verarbeitet werden konnen.
Die Verhåltnisse sind hier weit weniger ubersichtlich
als bei der Glasindustrie.
Ehe wir nun zu den einzelnen Zweigen dieser
beiden Industrien iibergehen, wird es gut sein, eine
Ubersicht daruber zu geben, wie die verschiedenen
Erzeugnisse hergestellt werden, da diese Iderstellungs-
weisen nicht nur je nach den Industrien, sondern auch
innerhalb eines und desselben Industriezweiges vielfach
wechseln und nebeneinander hergehen. Wir haben
hier zu unterscheiden:
a) Freiaufdrehen auf der Topferscheibe,
b) Aufdrehen in Formen, wobei die Masse durch
schnelle Bewegung gegen die Wånde der Form
geworfen wird.
c) GieBen, wobei die Masse in die Form ein-
gegossen, gegebenenfalls das nicht an den
Wånden der Form haften gebliebene wieder
ausgegossen wird.
d) Eindrucken in Formen, worauf die einzelnen
fur sich hergestellten Teile eines Gegenstandes
vielfach spåter durch Anschlickern miteinander
vereinigt werden.
e) NaBpressen, wobei das Material. aus einer
Strangpresse heraustritt und durch Zerschneiden
des Stranges in einzelne Teile abgeteilt wird.
f) Trockenpressen, wobei das Material fur jedes
Stuck besonders in eine PreBform gefullt und
durch starken Druck vereinigt wird.
Die so hergestellten Erzeugnisse werden dann oft
auf mannigfache Weise weiter behandelt, und zwar
konnen wir hier wieder unterscheiden:
a) ein Uberarheiten vor dem Brennen, um die
Form zu veråndern, solange das Material noch
weich ist.
b) Engobieren oder Tauchen, wobei das Material
mit einer Schicht anders gefårbten Materials
iiherzogen wird.
c) Glasieren, hierbei besteht der Uberzug aus
leichter schmelzendem Material, das beim
Brennen einen glasartigen, nicht, wie die
Engoben, einen matten Uberzug bildet.
d) Bemalen mit einzubrennenden Farben, wobei
die Farbe entweder eingebrannt wird, ehe der
betreffende Gegenstand seine Glasur erhålt,
oder nachher. Wir unterscheiden deshalb Be-
malen unter und uber Glasur.
e) Dåmpfen, wobei in dem Brennraum ein Dampf
entwickelt wird, der die Erzeugnisse fårbt.
Flierher kann auch die Erzeugung der Salz-
glasur durch in den Ofen eingeworfenes Salz
gerechnet werden.
f) Nachtrågliche Bearbeitung der Erzeugnisse
durch Behauen und besonders durch Schleifen.
g) Nachtrågliche Verzierung durch Aufbringen von
Farben, die nicht eingebrannt werden, soge-
nannte Lackfarben.
Gehen wir nunmehr zum einzelnen fiber, so wåre
zunåchst die keramische Industrie zu besprechen, die
man am besten in die drei groBen Gruppen der Por-
zellanindustrie, der Steinzeug- und Steingutindustrie,
und der Industrie der gewbhnlichen Topferwaren ein-
teilen kann. Die Porzellanindustrie wird dadurch ge-
kennzeichnet, daB als Rohstoff nicht gewohnlicher Ton,
sondern Kaolin verwendet wird, das ist eine in der
prozentischen Zusammensetzung aus ihren Bestandteilen
dem Ton zwar gleiche, jedoch in ihrem ganzen fibrigen
Verhalten so stark von diesem abweichende Masse,
daB wir sie nicht wie es offers geschieht, schlechthin
als eine Tonart erklåren durfen. AuBer Kaolin erhalten
die Porzellanwaren noch Quarz und Feidspat als Zu-
såtze, von denen ersterer als Magerungsmittel, letzterer
als FluBmittel dient. Seine Aufgahe besteht wesentlich
darin, daB er bei dem Brennen des Porzellans vermbge
seiner leichten Schmelzbarkeit die fibrigen Bestandteile
zu einer durch und durch gesinterten Masse verbindet,
wåhrend Kaolin und Quarz noch nicht schmelzen und
dadurch bewirken, daB das GefåB seine Form nicht
verliert. Die Porzellanwaren werden zweimal gebrannt,
und zwar zunåchst unglasiert im sogenannten Scharf-
feuer, hierauf zwecks Aufschmelzens der Glasur im
sogenannten Glattbrand. Damit die Waren durch Flug-
staub nicht verdorhen werden, werden sie nicht frei
in die Brennofen eingesetzt, sondern in Kapseln ein-
gebaut. Porzellanwaren, die mit feineren Malereien
versehen werden, werden auBerdem oft noch ein drittes
Mal gebrannt, um die Malerei auf der Glasur zu he-
fesligen.