Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seife 242
Bayerifche SubUdums-Landes-Husifellung 1906
Hr. 11
Als gegossenes Glas ist hauptsåchlich das Spiegel-
glas zu erwåhnen, das aus den Qlasschmelzhåfen un-
mittelbar auf eiserne Platten ausgegossen und mittels
Walzen glatt gewalzt wird. Das feinste Spiegelglas
wird zu Spiegelscheiben, zu Fenstern und dergleichen
verarbeitet und ist vollkommen durchsichtig. Geringere
Sorten, auch Rohglas genannt, sind mehr oder weniger
farbig oder trube. Sie werden nicht nachgeschliffen,
vielfach dagegen mit dem Sandstrahlgeblåse geatzt und
so ganz undurchsichtig gemacht. Hierher gehort auch
das neuerdings viel benutzte Drahtglas, wobei in das
Spiegelglas Finlagen aus Drahtnetz eingewalzt werden.
Dies Drahtglas dient namentlich zum Eindecken von
Oberlichten oder von solchen Fensteroffnungen, die
gegen Feuersgefahr widerstandsfåhig sein sollen.
Das optische Glas schlieBlich wird nicht, wie die
anderen Glaser, schon heiB in die Formen gebracht,
die es spater haben soll, sondern erhalt seine Form
lediglich nach dem Frkalten durch Schleifen.
Damit wåren wir schon zu der Bearbeitung des
Glases nach dem Frkalten gekommen. Hier ist das
gewohnlichste Verfahren das Schleifen, das fur die robe
Formengebung mit Rådern aus Sandstein oder GuB-
eisen, fur die feinere Politur mit solchen aus Holz,
Filz oder dergleichen ausgefuhrt wird. Als Schleifmittel
dienen die auch sonst gebrauchlichen Mittel, wie Sand,
Zinnasche u. s. w. Verwandt dem Schleifen ist das
Gravieren mittels kupferner Radehen. Das Finritzen
von Verzierungen mittels des Diamanten wird nur selten
ausgefuhrt. Dagegen ist das Glasatzen mittels des
Sandstrahlgeblåses fur billigere Frzeugnisse sehr beliebt.
Es dient namentlich auch zur Herstellung von Firmen-
schildern aus Glas, wobei der Hintergrund der Buch-
staben weich geatzt wird. Derartige Firmenschilder
aus schwarzem Glas sehen nachher wie solche aus
schwarzem Marmor aus.
Das eigentliche Atzen im chemischen Sinne des
Wortes erfolgt mittels wasseriger Edsungen von Fluor-
verbindungen. Die zu atzenden Glaser werden mit
einem Wachsuberzug versehen. In diese werden die
einzuatzenden Muster eingeritzt. Dies geschieht ge-
wdhnlich mittels der Guilloschiermaschine. Fine der-
artige Verzierungsweise ist namentlich fur Weinglåser
und Becher sehr beliebt. Weiter sind hier noch die
Verfahren zu nennen, bei denen das Glas nachtråglich
mit einem Uberzug versehen wird. Als solehes kommt
in erster Finie die Qlasmalerei in Betracht. Die Glas-
gemalde werden auf sehr verschiedene Weise hergestellt.
Zunåchst ist das Auftragen der Zeichnung und der
verschiedenen Farben auf einfarbiges Glas zu erwåhnen.
Derartige Malereien, die wesentlich nur fur die Be-
trachtung in auffallendem Fichte geeignet sind, werden
insbesondere auf Trinkbechern eingebrannt. Fur die
Betrachtung im durchfallenden Fichte setzt man die
Glasgemalde aus einzelnen, verschieden gefarbten Glas-
stucken zusammen, die nur teilweise durch Malerei
eine Musterung oder Schattentonung erhalten. In dieser
Weise werden die eigentlichen Glasgemalde in Kirchen
dargestellt. Glasgemalde aus in der Masse verschieden
gefarbtem Glas, wie sie heutzutage fur Wohnråume
vielfach gebrauchlich sind, wurden schon vorher bei
Opaleszentglas erwahnt.
Fine eigentumliche, in den letzten Jahren aufge-
kommene Art von Glasmalerei ist das sogenannte Fuce
Floreo, nach welchem System die Glasmalereien i m
neuen Berliner Dom ausgefuhrt sind. Hierbei wird das
Glasgemalde auf drei verschiedene, hintereinander
liegende Glastafeln verteilt, deren eine gelb, deren
zweite blau und deren dritte rot uberfangen sind.
Durch Atzen werden die jeweils nicht zu farbenden
Partien von der oben liegenden Farbschicht befreit.
Nach Ubereinanderlagerung der drei Platten ergibt sich
dann ein Gemalde, dessen Wirkung ahnlich zu stande
kommt, wie das der neuerdings aufgekommenen Photo-
graphien in naturlichen Farben, wobei auch alle Bilder
in drei Tone zerlegt .und aus diesen drei Tonen wieder
zusammengesetzt werden.
Wåhrend die bisher beschriebenen Glasmalereien,
soweit sie nachtråglich auf das Glas aufgebrannt sind,
mit diesem durch Einbrennen vereinigt werden, so
werden auch gelegentlich Glaser durch Anmalen mit
Fackfarbe gefårbt. Hierher gehdren manche billige,
nachtråglich bemalte PreBglaserzeugnisse, sowie anderer-
seits bunte Birnen fur elektrische Qluhlampen.
SchlieBlich ist noch eine Musterung des Glases
zu erwåhnen, die je nachdem als Irisieren oder Fuster
bezeichnet wird, und wobei das Glas in der Hitze den
Dåmpfen von gewissen Chemikalien ausgesetzt wird,
die ihm ein schillerndes, mehr oder weniger wie ver-
wittert aussehendes, offers auch an patinierte Bronze
erinnerndes Aussehen erteilen.
Auf die zahlreichen Formen, in denen Glas mit
anderen Materialien, insbesondere mit Metallen, ver-
bunden wird, wurde hier einzugehen zu weit fuhren.
Es sei nur erwåhnt, daB diese Verbindung mitunter
auch in festester Weise derart geschieht, daB das durch
einen Uberzug von Graphit leitend gemachte Glas zu-
nåchst mit einer ganz dunnen Schicht von Silber elekto-
lytisch uberzogen wird, welches Metall auf dem Glas
besonders gut haftet. Auf dieser Silberschicht werden
dann gleichfalls elektrolytisch dickere Schichten von
Kupfer niedergeschlagen und gegebenenfalls auf
passende Weise weiter bearbeitet oder mit weiteren
Metallschichten uberzogen.
Die zahlreichen Glåser, die unter dem Namen
Glasuren zusammengefaBt werden, treten, auBer im
Frittenporzellan, nie selbståndig auf, sondern werden
als Uberzug mit Erzeugnissen der keramischen oder
Bauindustrie, oder mit solchen der Metallindustrie un-
mittelbar verbunden. In dem ersteren Falle entstehen
Frzeugnisse, auf die wir gleich noch zuruckkommen
werden. Ist Metall eine Unterlage der Glasuren, so
heiBen letztere gewdhnlich Emaillen. Wåhrend in der
Kunstindustrie emaillierte Gegenstånde schon seit den