Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seite 250
BayeriTche Subilfiums-Landes»Huskellung 1906
fin 12
Vorrechte: Ls jollen nur drei Messingfabriken in Nurnberg
bezw. seinem Gebiete bestehen. Kein Handwerksmann,
der Messing verarbeitet, darf fremdes Messing oder Vraht
weder hier noch ausroarts Kaufen, er muh seinen Bebavf
am platze decken. Mit fremdem Messing darf in Nurnberg
kein handel getrieben roerden, abgesehen von den Heftlein-
machern, die gegen Konzession fremden Messingdraht be-
ziehen durften. Lin Fabrikarbeiter, der einen anderen
Lebensberuf ergreift, muh durch einen, vor der hohen
Gbrigkeit abzulegenden seierlichen Lid sich verpflichten, seine
auf der Fabrik erlernte Kunst nicht mehr zu betreiben, oder
etwas davon zu entdecken. Lrgreist er in Nurnberg selbst
ein anderes burgerliches Geroerbe, erhalt er unentgeltlich das
Burgerrecht, um von der Kusmanderung abgehalten zu roerden.
Das in Nurnberg Hergestellte Messing zeichnete sich
aus durch seine Farbe, Dauerhaftigkeit, Geschmeidigkeit,
durch die Nnnahme einer vorzuglichen Politur und durch
seine Tauglichkeit zur weichen und Harten Edtung. Nament-
lich bewirkte der Ton der daraus gefertigten Saiten, dah
solche in alle Teile der Welt versandt wurden, weil nur
die aus diesem Draht gefertigten Messingsaiten den un-
widersprochenen Vvrzug der Mangreinheit besahen.
Das gelbe und weihe Lohngold, Nausch- oder auch
Knittergolb wurbe erst im 17. 3ahrhundert bekannt unb
sogleich ein vorzuglicher Hanbelsartikel fur Nurnberg. 3hm
ist auch bie ausschliehliche Fabrikation bieses Artikels ge-
blieben, obwohl oft versucht wurbe, bie Herstellung aus-
zusorschen unb anbern Landern mitzuteilen. Die von
Napoleon verhangte Kontinentalsperre vernichtete ben Lxport
nach bem am meisten bavon benotigenben Lnglanb.
In biesen brei Messingfabriken wurben 60 — 70 Nrbeiter
mit ihren meist zahlreichen Familien beschaftigt.
Der Betrieb unb ber Verschleih bieser Fabriken ist so
bebeutenb gewesen, bah eine berselben vor ber unseligen
Landersperre unb bei ganz sreier Schiffahrt ungefahr 120 3tr.
an gegossenen Messingtafeln geliefert hatte. Durch bie
erwahnte hanbels- unb Seesperre ist ber Nbsatz auher-
orbentlich verminbert worben unb bie Unternehmer waren
zu bebeutenben Gpfern gezwungen, auf beren Lrsatz sie
Keine trbstenbe Nussicht hatten. Nuherbem wurbe ber Betrieb
beeintrachtigt burch bie entzogene Zufuhr bes Kupfers aus
bem Norben, insbesonbere aus Sachsen, burch bie Lrhebung
bes erhbhten Konsumzolles vom Bruttogewicht bes Kupfers
unb bes „Gallmey" unb burch einen ziemlich hoch bemessenen
Nnsgangszoll.
Kaum minber wichtig fur ben Nurnberger unb in-
lanbischen hanbel war bie Spiegelglasfabrikation,
welche 10 Kaufleute betrieben: K. G. Kiehling zu Doos,
I. lv. Kirchboerfer in Firma Museat unb Kehler zu Roll-
hofen bei Schnaittach, zu Diepolbsborf bei Lauf unb zu
Uzmansbach bei Hilpoltstein, H. P. lv. Gunther zu Glais-
Hammer, 3. LH. H. Hermanns lvittib zu Schniegling,
G. P. Herbegen zu Noetenbach bei £auf, Bahr unb Soergel
auf ber Sorg bei Noth unb am Sanbbuhl bei Nurnberg,
hammerbacher in Firma Winter & Lomp. zu Lauf. 3n
biesen Fabriken wurben rohe bbhmische unb anbere, grune
weihe Glaser, beinahe burchgehenbs grohe unb feine Sorten,
zu Spiegelglasern unb anberem Gebrauch verarbeitet, ge-
schliffen, poliert, fassetiert, belegt unb zum Gebrauch im
Snlanbe ober zum Dersanb ins Nusland aptiert.
Die Glasfabriken waren ehebem bloh in Venebig
einheimisch^ Nurnberg war bie erste Stabt in Deutschlanb,
in ber bergleichen Betriebe errichtet unb besonbere Ver-
gunstigungen von bem Keichsoberhaupte erteilt wurben.
Sie erreichten bamit einen Vorzug, ber ihnen beinahe ben
Nileinhandel mit ihren Fabrikaten zubrachte. Selbst nach
Durchfuhrung ber Kontinentalsperre vermochten sie noch
viele Hunbert Menschen zu ernahren.
hohe 3blle, unmahige Mautabgaben auf bie ein-
gefuhrten Rohprodukte unb bie ausgefuhrten Glaser fuhrten
eine weitere Verschlechterung bes Nbsatzes herbei, namentlich
seit 1796, seitbem Preuhen einen grohen Teil bes Nurnberger
Gebietes okkupiert Hatte, Pfuscher sich ba unb bort eta-
blierten, babei sogar unterstuht wurben unb bas Lanb mit
wohlfeiler schlechter Ware uberschroemmten. Der Ruf
ber Nurnberger Ware titt barunter ganz bebeutenb.
Die Nabelfabrik, welche bie Bruder 3. P. Th.,
3. Fr. unb G. Fr. Fleischauer in Nurnberg unb Lauf be-
sahen unb in welcher Nabeln aus Stahl unb Lisen ver-
fertigt wurben, ist anfangs bes 18. Sahrhunberts von Georg
Friebrich Kellner errichtet worben. Diese Fabrik war trotz
verminberten Rbsatzes immerhin noch von groher Bebeutung.
Die Nnzahl ihrer Werkstatten in Lauf betrug gegen 60,
in beren feber 3-4 Personen arbeiteten. 3m ganzen be-
fahten sich an 300 Arbeiter mit biesem Fabrikzweige, bie selbst
in biesen ungunstigen Seiten regelmahigen Verbienst Hatten.
Nuher bem inlanbischen Draht muhte auch auslanbischer,
besonbers aus ben grohherzoglich Bergschen Lanben, zur
Derfertigung verschiebener Sorten Nabeln bezogen roerben.
Da von jebem Sporco-Str. bieses ausroartigen, unent-
behrlichen Materials eine Mautabgabe von 2 fl. entrichtet
roerben muhte, verminberte sich ber Nbsatz ber Fabrik sehr, unb
es bestanb grohe Gefahr, bah sie uberhaupt eingehen roerbe.
Lisenbrahtfabriken roaren brei in Nurnberg eta-
bliert, von J. G. Glaser mit einem hammerroerk unb Draht-
zug zu Lauf, von N. Sichling mit einem Drahtzug in
Katzroang, von M. Haas jun. Lrben mit zroei Harnmer-
roerken unb Drahtzugen zu Lauf. In diesen roard rohes
Lisen zu allen Sorten Lisendraht verarbeitet. Der Lxport
beschrankte sich auf die nachstgelegenen Gebiete, den grohlen
Bedarf hatten Nurnberger Manufakturisten. Die Rohstoffe
rourden aus dem Zichtelgebirge bezogen, dessen Lisen am
besten zu verroerten roar. Die anselige Kontinentalsperre
beeintrachtigte sehr den Nbsatz und ein niedriger Lingangs-
zoll auf Lisendraht lockte die Nurnberger Lisenhandler,
ihren Bedarf in Nltona oder in Schmalkalden zu decken.
Die Lrben M. Haas jun. besahen auch eine Stahl-
drahtfabrik, die schon seit einigen Iahrhunderten bestand.
Der erforderliche Stahl muhte aus Steiermark oder Krain
bezogen roerden^ er ist in der jungsten Seit mit Hohem
Soli belegt roorden, so dah dieser Fabrikationszroeig sehr
zuruckging. Nm meisten bezog von diesem Stahldraht
Frankreich, roohin er zollfrei eingefuhrt roerden durfte und
roo er zu den sogenannten englischen Nadeln verarbeitet