Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seife 252
Bayerifche Hubiltiums-handes= Husifellung 1906
Hr. 12
wurde. In diesem Lande war sogar ein betrachtlicher
Preis sur denjenigen ausgesetzt, der solchen brauchbaren
Siahldrahi versertigen Konne. Bayern bezog aber einen
grogen Teil des benotigten Siahldrahtes aus den Nieder-
und Sauerlandischen Fabriken, was die Preise des Nurn-
berger Siahldrahtes Herabdruckte.
Von Lisenhammern oder Eisensabriken bestanden
funs in Nurnberg, -sie gehorten der 3. 3. Albrechs tvitroe
zu lvendelstein, dem A. Port zu
Nottenbach bei Lauf, dem 3. A.
S. Schops zu Schnigling, dem
A. L. Schweiher in Nottenbach
bei St. Wolfgang und dem 3.
V. Sichling in Katzwang. 3n
diesen Betrieben ward rohes und
altes Lisen zu Stangen, Pflug-
scharren, Nadschienen, Nagel-
schmiedseisen u. s.w. verarbeitet.
Nur wer ein Hammerwerk besah,
durfte solches Lisen verkaufen.
Viese Hammerwerke litten am
meisten durch Wasserschaden und
hohe Lingangszolle.
Don den zwei vorhandenen
Nupserhammerwerken ge-
Horte das eine dem Handlungs-
hause 3oh. Ferd. Langroetger
in Doos, das andere der Witwe
des 3ohann Brunner aus der
hadermuhle. Sie verarbeiteten
altes und neues Kupfer, Hatten
einen ausgebreiteten Verschleih
und waren schon einige Iahr-
hunderte alt. Sie versertigten
alle Arten von Geschirren, Kessel
sur Bierbrauer, Branntwein-
brenner und zu Hauslichem Ge-
brauch. Die Kupserbleche zur
Dachbedeckung waren im 3n=
und Auslande gesucht. Durch
die Kontinentalsperre waren die
Nurnberg.
Blick durch die Xlntere Schmiedgafse aus ben
Sinwelturnl der Burg.
Photogiaphische Aufnahme und Klischee von Serteif) & Co., NUrnberg.
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^ -
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Bezugs- und Absatzverhaltnisse etwas beeintrachtigt.
Die Ntennigfabriken des H. P. W. Gunther zu
Nollhofen bei Schnaittach und des D. Thr. Aug. Lozbek
zu St. Peter bei Nurnberg ubertrafen in ihren Leistungen
alle europaischen Fabriken dieses Genres durch Gute, Fein-
Heit und Schonheit der Farbe ihrer Lrzeugnisse. Freilich
litt auch dieser Fabrikationszweig schwer unter der Ungunst
der Verhaltnisse. Das benotigte, aus dem Harz oder der
Nheingegend eingefuhrte Blei war mit hohem Einfuhrzoll
belegt, was schadigend aus die Nentabilitat wirkte.
Die Zinnsoliensabriken des H. W. P. Gunther aus
dem Franzenhammer bei Schnaittach, des 3. L. Ries zu
Doos und Wbhrd, und der Gebruder Fischer zu Laus waren
nach dem Ubergang Nurnbergs an Bayern die einzigen
im Lande. Vor der Kontinentalfperre verarbeiteten sie
Zinn von Malakka und Bankar, spater sachsisches von
weit geringerer Qualitat und doppeltem Preise. Vie
Fabrikation drohte uberhaupt einzugehen.
3n der dem 3oh. Tob. Egkert gehorigen Fayence-
sabrik wurde eine Art von geringem Porzellan oder
Fayence zu Krugen, Schusseln, Tellern, Svalen u. s. w., teils
t14
gemalt, teils ungemalt, fur den
Bedars des gemeinen Ntannes
verfertigt. Der Vertrieb dieser
Produkte beschrankte sich aus das
Inland. 3nsolge des ungunstiger
gestalteten Bezuges der Nohpro-
dukte entbehrte auch diese Fabrik
jeder Nentabilitat.
Linzig und allein die Ta-
baksabriken erfuhren nicht
nur Keinen Nuckgang, sondern
erfreuten sich eines betrachtlichen
Ausschwunges. Der Tabakbau
in Nurnbergs Umgebung Hatte
seit Ntitte des 17. 3ahrhunderts
eine stetig sich vergrotzernde An-
bauslache erobert. Als durch die
Kontinentalsperre und durch die
Verbote des sreien handels in
den meisten europaischen Staaten
die Tabakaussuhr abnahm, da-
gegen durch den Stillstand von
Fabrikbetrieben genug Arbeits-
lose sich ansammelten, warfen sich
Unternehmer aus die Subereitung
des Heimischen Tobakes und
schasften dadurch Arbeit und Ver-
dienst. Der Nurnberger Tabak
war von so geringer Qualitat,
„datz er nur zum Gebrauch des
gemeinen und armen Ntannes
bient". Lrst die Appretur er-
Hbhte seinen Wert und Neiz.
Das Gesamtbild der Nurnberger Fabrikindustrie am
Ansang des 19. Sahrhunderts isi also ein sehr unerfreuliches.
Wir dursen etwa 600 in Fabrikbetrieben beschaftigte Per-
sonen in der zweiten halste des 18. Sahrhunderts annehmen,
denen zur halfte durch die politische und wirtschaftliche
Lntwicklung des Napoleonischen Zeitalters die Bedingungen
eines auskommlichen Daseins entzogen wurden. Die sabrik-
mahig betriebenen Industrien waren aus einem Stande
angelangt, der ihre Fortsuhrung fast zur Nnmoglichkeit
machte. Gleichwohl haben sie sich phonixartig aus der
Asche zu erheben vermocht, haben nicht nur die einmal
besessenen Absatzgebiete zuruckgewonnen, sondern Haben
noch unendlich weitere dazu erobert.