Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Or. 13
Baverirche 5ubildums-bandes-Husifellung 1906
Seite 283
wird das Verfahren unter Anwendung von gemahlenem
Rizinussamen in Substanz durchgefuhrt. Das Fett wird
mit ca. 10 °/o seines Gewichtes feingemahlenem Rizinus-
samen und der notigen Menge Wasser, welches mit
Essigsåure oder einem geeigneten sauren Salz ange-
såuert ist, zu einer ternen und gleichmåBigen Emulsion
verruhrt und bleibt nun ca. 24 Stunden der Einwirkung
des im Rizinussamen enthaltenen Fermentes uberlassen,
wobei otters umgeruhrt wird, um die Masse in inniger
Durchmischung zu erhalten. Nach Ablauf dieser Zeit
wird die Masse unter Zusatz von Schwefelsåure erhitzt;
dureb die Wirkung der Såure und der Hitze trennt
sich die Emulsion in drei Schichten. Die unterste stellt
eine wåsserige Glyzerinlosung dar, die oberste besteht
aus Fettsåure, in der Mitte betindet sich eine aus
Samenteilen bestehende Mittelschicht, welche ebenfalls
noch Glyzerin und Fettsubstanz enthålt. Die drei
Schichten werden getrennt. Der Mittelschicht wird
durch Auswaschen das noch darin enthaltene Glyzerin
entzogen, wåhrend ihr Fettgehalt durch direktes Be-
handeln der gesamten Masse mit Lauge und daraut-
tolgendes Aussalzen als Seite in Form eines sogenannten
Kerns gewonnen wird. Die Oberschicht, die aus reiner
Fettsåure mit einem gewissen Gehalt an ungespaltenem
Neutralfett besteht, wird wie ublich weiter behandelt;
das nach Trennung der Reaktionsmasse zu unterst be-
tindliche Glyzerinwasser, vereinigt mit den Wasch-
wåssern der Mittelschicht, wird, analog wie die bei
der Autoklavenverseifung gewonnenen Glyzerinwasser,
eingedickt und aut sogenanntes Saponifikatglyzerin
vom spez. Gewicht 1-240 (28° Bé) verarbeitet.
Dieses termentative Fettspaltungsvertahren, welches
von den Vereinigten Ghemischen Werken in Charlotten-
burg ausgearbeitet und in die 4 echnik eingetuhrt wurde,
ist von der genannten Firma noch dadurch verbessert
worden, daB statt Anwendung von Samen in Substanz
ein sogenannter Fermentextrakt verwendet werden kann.
Dieser „Extrakt" ist allerdings keine Losung des Fer-
mentes, wie es denn uberhaupt bisher unmbglich ge-
wesen ist, das wirksame Prinzip in Idslicher Form aus
dem Rizinussamen zu isolieren. Immerhin stellt dieser
Extrakt, der durch teines zerreiben und zentritugieren
der Samensubstanz in wåsseriger Aufschwemmung ge-
wonnen werden kann, ein konzentrierteres, von in-
ditterenten Samenbestandteilen betreites, daher stårker
aktives Pråparat dar. Dadurch wird einerseits die Ver-
unreinigung, welche das Glyzerinwasser durch Aut-
nahme vegetabilischer Slotte aus dem Samen ertåhrt,
verrnindert, andererseits auch der Umfang der „Mittel-
schicht", deren Verarbeitung immerhin eine ziemlich
låstige ist, eingeschrånkt.
Nicht unerwåhnt bleiben durten die Arbeiten des
Franzosen M. Nicloux, dem es gelang, durch intensives
verreiben des Samens in 01 und zentritugieren dieser
oligen Emulsion eine sehr stark wirksame und gut
haltbare Substanz zu erhalten. Diese Substanz stellt
das Cytoplasma, d. h. das der Eebenståtigkeit der Samen-
zellen zu Grunde liegende EiweiB dar. Man kann
dieses Cytoplasma als trockenes grauweiBes Pulver
gewinnen, wenn man die beim zentritugieren erhaltene
1eichlere Fraktion vom Ol durch behandeln mit
Pelroleumålher trennt. Ein besonderer Vorzug des
termenlativen Vertahrens liegl darin, dals die dabei
gewonnenen Feltsåuren von schdn heller Farbe sind,
well sie nicht wie die Autoklaventettsåuren der Ein-
wirkung langdauernder starker Erhitzung ausgesetzt sind.
Die elwas dunklere Fårbung mancher Autoklaven-
tellsåuren hålt hente viele Seifensieder noch von ihrei
Verarbeitung ab, well dunkel getårble Seifen ungern
gekauft werden. Immerhin ist bei vorsichtiger und
rationeller Arbeit auch im Autoklaven ein befriedigend
helles Produkt zu erzielen.
Wir haben nun einen Oberblick fiber die ublichen
Methoden der Fettspaltung gewonnen. Die Fettspaltung
liefert neben einem Fertigprodukt, dem Glyzerin, ein
Zwischenprodukt, die Fettsåure und stellt vom Stand-
punkt des Seifensieders aus erst die Vorstufe, resp. eine
Hilfsoperation des eigentlichen Fabrikalionsprozesses dar.
Dieser besteht in der Verseifung der Feltsåuren, d. h.
in ihrer Ubertuhrung in ihre Alkalisalze. Die lechnischen
Feltsåuren, wie sie nach den beschriebenen Methoden
gewonnen werden, sind keineswegs reine Feltsåuren
im Sinne der Chemie. Sie enthalten vielmehr noch
immer einen belråchllichen Prozentsalz ungespaltenen
Neutralfettes, der durchschnitllich 10% betrågl, aber
nicht selleri auch einen Belrag von 15% erreicht. Die
eintachste, aber keineswegs billigste Methode, diese
technische Fettsåure in Seite zu uberfuhren, besteht
nun in der direkten Verbindung derselben mil Atz-
alkalien, also ihrer Verseifung mit sogen. kaustischen
Laugen. Bei diesem Vorgang wird der (uberwiegende)
Anteil der lechnischen Fettsåure, welcher Fettsåure i m
chemischen Sinne ist, durch eintache Neutralisation in
fettsaures Salz d. i. Seite ubergetuhrt. Dies tritt, wie alle
Neutralisationsvorgånge, momentan beim Zusammen-
geben beider Reaklionsleilnehmer ein. Nebenher ver-
låuft eine langsamere Reaktion, die Verseifung des in
der Masse enthaltenen ungespaltenen Neutralfettes, welche
erst nach einem långeren SiedeprozeB vollståndig wird.
Der Seifensieder verfåhrl bei dieser Verseifung der
Feltsåuren mit Åtzalkalien prinzipiell ebenso wie er es
von allersher bei der Verseifung der ungespaltenen
Felle zu lun gewohnl war.
Erst in den lelzlen satiren hal sich eine neue Art
der Verseifung der Feltsåuren eingetuhrt, die sogen.
„Kohlensaure Verseifung." Wie schon der Name besagt,
bedient man sich bei dieser Methode der kohlensauren
Alkalien an Stelle der Åtzalkalien zur Verseifung der in
der lechnischen Fettsåure enthaltenen treien Feltsåuren.
Durch ihre Såureeigenschatt sind die Feltsåuren befåhigt,
aus den kohlensauren Alkalien die Kohlensåure zu ver-
drången und mil dem Alkali fettsåure Salze zu bilden,
wåhrend die Kohlensåure bei dem Vorgange infolge
ihrer Fluchtigkeit enlweicht. Der Seifensieder erspart