Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seite 426
Bayeritoe Subildums-Landes -flusHellung 1906
Rr. 20
denen das zur Renten noch eine Garderobe und eine
Halle zum Rbftellen der Fahrrader enthalt. In dieser
Breilenenlwicklung der von (Oberbaural v. Kramer starn-
menden Rnlage liegt ein besonderer Reiz. Sie berettet
aus das Grotzraumige des Ganzen vor. Rus einen Tor-
bogen wurde verzichlel,-tiberhaupt war man bestrebt, das
Tor mbglichst einfach zu gestalten, um zunachst die land-
schaftlichen Reize sprechen zu lassen und erst dann mit den
Kraftigen Rkkorden der Rrchitektur einzusetzen. Rur zwei Fan-
farenstbtze vernehmen wir hier. Das schwer in seinen Rngeln
sich bewegende eisenbeschlagene breite Mitlellor slankierend
erheben sich zwei originell gebildete, durch (Ornament und
Farbenlone zart geschmuckte (Obelisken, an deren Tcken
Rogenlampen hangen und von deren Hbhe lustige Fahnen
herabflattern. Das Ganze macht den Lindruck eines
Parktors und doch ist es zugleich Festdekoration- man
merkt es ihm an, dah es fur einen vorubergehenden
Zweck geschaffen worden ist. Zart schimmert durch das
hohe Lattenwerk das dustige Grun des anmutigen Vor-
parks durch und lockt zum Tintritt. Don den Bauten sieht
man noch wenig. Rur rechts ragt ein hoher Turm auf,
der als abgekantetes Diereck ansteigt, sich oben zu einem
dunnen saulenumstellten Zylinder verjungt und mit einer
grunlich schimmernden Kuppel abschlietzt. Ls ist der eine der
beiden Orme, welche die Hauptrestauration flankieren.
Iver durch das Gittertor hindurchlugt, sieht zwei schlanke
(Obelisken und dazwischen aus hohem Postamente eine den
Willkommgrutz entbietende weibliche Gestalt: die Personi-
fikation der Roris. Diese steht auf der hohe des Rum-
berger hauses, welches am Schlusse der hier am Tingang
beginnenden ungefahr 800 Rleter langen Hauptaxe liegt.
Lin von vier Ulmenreihen beschatteter, in der Mitte von
einem grogen Rondell unterbrochener 30 Meter breiter
Weg liegt vor uns, wahrend zu beiden Seiten tiber wun-
derbar gepflegten Rasenslachen in malerischer Iveise ver-
teilte und gruppierte sreundliche Birken, deren zarte
weitze Stammchen sich so schon und wirkungsvoll von dem
wohltuenden satten Grun des Grundes abheben, ihr zier-
liches £aub im Minde spielen lassen und in schmeichelndem
Fitisterton denen, die ihre Sprache verstehen, wunderliebliche
Dinge sagen. Wir gonnen uns jetzt ja nicht die Mutze,
uns ihrem Zauber Hinzugeben, denn es drangt uns zu-
nachst in die Mysterien der eigentlichen Russtellung ein-
zudringen, bevor wir in Raturgenussen schwelgen, wir
werden aber nicht versaumen, von Zeit zu Zeit die stillen
und lauschigen Wege des Parkes aufzusuchen, um darin
Geist und Ruge, die vom vielen Schauen ermattet sind,
ausruhen zu lassen und tiber die Schonheilen der Ratur
stir eine Weile die der Kultur zu vergessen. Wir machen
uns aber auch nicht die sich uns gleich hier darbietende
Gelegenheit zunutze, mit Htilse der elektrischen Rundbahn
in wenigen Minuten in medias res d. H. in eine der
grotzen Russtellungshallen geftihrt zu werden, sondern sparen
uns solche Fahrt stir spater aus, nachdem wir einmal das ganze
Gelande zu Futz durchwandert haben und mit allen seinen
Teilen vertraut sind. Derlockend ist es sreilich, in einen
der hier gleich am Lingang haltenden Wagen einzusteigen,
die so leicht und gesallig gebaut sind und einen so sroh-
lichen Farbe anstrich haben, datz man es schon ihnen an-
merkt: in diesem Bezirk, den sie umkreisen, Herrscht immer
Sonnlagsstimmung. Die Lingangsallee wird nicht von ihnen
tiberschritten. Das ging nicht an. Line Uberbrtickung
oder Rntertunnellung war hier ausgeschlossen und so Hals
man sich durch die Rnlage zweier seitlicher Schleifen, die
es den ankommenden Wagen ermoglichen, gleich wieder
aus die Strecke, die sie gekommen sind, zurtickzulenken und
auf dem parallel lausenden Gelcise die Rtickfahrt anzu-
treten. Rus Seite 405 in Rr. 19 dieser Zeitung Haben
wir eine der schonen Wegpartien des Dorparkes abge-
bildet. Die Rbbildung ist ganz dazu angetan, von dem
jedermann aus das Rnmittelbarste bertihrenden Reiz des
Parkes, den aus einem verwilderten Geholz mit seinem
landschastlichem Sinn und liebevollstem Fleitz Herausge-
arbeitet zu haben, das Derdienst des Stadtgarteninspektors
Franz Llpel ist, eine Dorstellung zu vermitteln. Rtirnberg ist
dadurch um eine landschaftliche Besonderheit reicher geworden.
Man Kann Hier zum lyrischen Dichter werden. Wir moller,
der Dersuchung widerstehen, reihen uns gewaltsam los von
Maienduft und Dogelsang und schreiten der Porta triumphalis
zu, die mit ihren beiden, schon von serne geschauten, in der
hohe anmutig durchbrochenen und mit vergoldeten Mono-
grammen bekronten (Obelisken ben Zugang zu dem grohen
platze vermittelt. Die beiden Torgebaude sind den ver-
schiedensten Zwecken dienstbar gemacht Das zur Sinken
dient der Derwaltung. Hier hat der Russtellungsleiter sein
Sprechzimmer und besinden sich die Bureauraume des
Russtellungssekretariats und der Kasse, sowie des Zeichen-
bureaus und der technischen Rbteilung. In diesen Raumen
ist die schwierige (Organisation des Ganzen durchgeftihrt,
sind die Komplizierten Rnterhandlungen mit den Russtellern
und Rnternehmern gepflogen, sind die ost reicher und
phantasievollen Lntwtirse zu den Russtellungskiosken
und Rrrangements zum grohen Teil geschaffen und sind
die grotzartigen technischen Rnlagen durchdacht, berechnet
und gezeichnet worden. Rnd auch jetzt ruht hier die
Rrbeit nicht, vielmehr lausen hier alle Faden der Rus-
stellungsleitung zusammen und werden alle die Rus-
stellung betreffenden Fragen und Klagen erledigt. Dies
alles bertihrt die Russtellungsbesucher nicht. Sie sollen,
wie bei einem Kunstwerk, nichts von dem Lrnst und der
5chwere der Rrbeit, die dahinterliegt, merken, sondern sollen
nur den srischen und srohen Lindruck gewinnen, den das
vollendete Werk gewahrt. So gehen wir auch nicht in
diese Raume Hinein, sondern begntigen uns mit der Besich-
tigung des grotzen Mittelraumes, dessen geoffnete Ttir zum
Lintritt einladt. Dorerst sehen wir uns aber den Hohen
Giebel der Mittelhalle an, die in dem Gebaude gegen-
tiber ihr entsprechendes Seitensttick hat. Uber der Dor-
halle, zu der einige Stusen hinanstihren, schneidet ein spitz-
bogiges (Oberlichtsenster in den seinkonturierten Giebel
hinein, dessen Wand durch weitzes Balkenwerk in rot-
grundierte Felderflachen geteilt ist. Der Reiz dieser Giebel
liegt darin, datz Hier ein alles Motiv, wie wir es in
Hundertsacher Dariierung in unseren alten deutschen Stadten