Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Ur. 21
Bayerifche Subilciums«Landes =Hus[fellung 1906
Seite 449
Es ist gut, diese uns so gelaufig gewordenen Tatsachen
gelegentlich sich etwas auszumalen, um desto desser den
Abstand ermessen zu Konnen, der unser modernes Leben
von der Seit vor Hundert Bahren trennt.
Mer damals, wie unser Berliner Buchhandler — der
niemand anders als der aus der deutschen Literatur-
geschichte bekannte und einesteils beruchtigte Friedrich
Nicolai war — von Berlin nach Buddeutschland reisen wollte,
fur den gab es solgende Arten der Besorderung. Tr
Konnte naturlich zu Futz gehen, wie der wandernde Hand-
roerksbursche, das hatte der Wohlhabende nicht notig.
Aber auch das Reiten war fur einen alteren Mann nicht
nur zu beschwerlich, sondern damals auch schon ziemlich
autzer Gebrauch
gehommen. Bahr-
hunderte lang war
es die vorwiegend
ubliche Art des
Reisens in denroest-
europaischen Lan-
derngewesen.Richt
etwa nur Ritter
und Kriegs= oder
Kaufleute, auch
Gelehrte, Geist-
liche und selbst
Monche und Non-
nen ritten. Das
hleine zarte Mann-
lein, den beruhrn-
ten Lrasmus
Roterodamus, der
oft feinen Mohnsitz
wechselte, mussen
wir uns auf seinen
zahlreichen Reisen,
die ihn, oft zu
winterlicher Seit,
von einem uber-
Das Lichtenhofer Schlotzchen bei Nurnberg.
Photographische Aufnahme von F. Schmidt, Klischee von Zerreih & Sie., Niirnberg.
Hitzten Wirtshaus ins andere fuhrten, ebenso hoch zu Rotz
denken wie die schone Lucrezia Borgia, als sie im Januar 1502
von Rom zu ihrem jungen Gemahl, dem Erbprinzen Alfons
von Ferrara, reiste. Trotz der rauhen, regnerischen Witte-
rung und obgleich sie und ihre Frauen des Reitens roenig
gewohnt roaren, blieb sie doch fast roahrend der ganzen
Dauer ihrer Reise im Lattel. Nur felten benutzte sie, roie
es scheint, die Banste, die ihr der besorgte Vater zum
Geschenk gemacht hatte. Dabei roar sie dreizehn Tage
tung unterroegs, allerdings rourde osters ein langerer
Halt gemacht, roenn sich die einer sehr rationellen Bchon-
Heitspflege ergebene Dame die Haare rousch und dann
einen ganzen Tag lang das Simmer hutete. Neben der
von Menschen getragenen Banste mag aber die sogen.
Rotzbahre, ein Bitzgestell ohne Rader, das von vorn und
Hinten eingespannten Pferden halb getragen halb gezogen,
bezro. geschoben rourde, hein so ubles Vehikel geroesen sein.
Die eigentlichen Magen, die damals nach Keine Federn
Hatten, roaren zu unbequem, als datz sie in der Regel
anders denn von alten und gebrechlichen Leuten, allenfalls
nach von einzeln reisenden Frauen, benutzt roorden roaren.
Doch scheinen sich die sagen. Rallroagen, eine Art Omnibus,
auf denen man sich, roie auf unsern Leiterroagen, gehorig
durchstukern lassen mutzte, einer ziemlichen Beliebtheit er-
freut zu haben, namentlich bei geringeren Leuten, daher
sich denn auf ihnen eine recht gemischte Gesellschaft zu-
sammensand, deren Gesprache nicht immer die saubersten
geroesen sein magen, roovon sich die Redensart Herschrieb:
„Das gehart aus den Rallroagen". Mit der technischen
Verbesserung der Magen rourde auch das Reisen darin
immer allgemeiner. Aber nach in der zroeiten Halste des
18. Bahrhunderts
machte dasstarkere
Geschlecht roenig-
stens Kleinere Rei-
sen oft zu Pserde.
Wir alle roissen
dies von Gaethe,
von seinen Be-
suchen in Besen-
Heim, von seiner
ersten Bchroeizer-
reise (1775). Auch
nach auf seiner
Harzreise mitten
im Minter (1777)
ritt Gaethe. „Gar
hubsch ist's, aus
seinem Pserde mit
dem Mantelsack-
chen, roie auf einem
Bchiffe, Herumzu-
Kreuzen", schrieb
er an Frau von
Btein. Mer es
Konnte, ritt aus
eigenem Gaule,
doch gab es in alten grofjeren Btadten Pserdeverleiher, vor
deren abgetriebenen „Mietkleppern" allerdings Haufig ge-
roarnt roird. In Btuttgart roaren die Metzger die „Rosse-
lehner." Datz man auch auf der post uberall Reitpferde
entleihen Konnte, scheint nicht ublich geroesen zu sein, eine
Koniglich bayerische Past-Verardnung vom Bahre 1812 sieht
dies aber roenigstens autzer fur Btaats-Rouriere auch fur
diejenigen vor, die „im Gefolge hoher Btandes-Personen
reisen". Die Runst des Reitens, fur den geroohnlichen
Gebrauch roenigstens, roar damals allgemein verbreitet.
Als im Bahre 1780, ein Bahr vor Nicolai, ein junger
Nurnberger eine gratze Reise durch Gsterreich, Deutschland
und die Niederlande unternahm, fand er, roie roir dies
aus der daruber erhaltenen Rarrespondenz erfahren, uberall
Freunde, junge Raufleute und Btudenten, die reiten
Kannten and ihm nicht felten meilenroeit, ja aus ganze
Tagereisen Hinaus das Geleite gaben, neben seinem Magen
einherreitend.