Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
Søgning i bogen
Den bedste måde at søge i bogen er ved at downloade PDF'en og søge i den.
Derved får du fremhævet ordene visuelt direkte på billedet af siden.
Digitaliseret bog
Bogens tekst er maskinlæst, så der kan være en del fejl og mangler.
Seite 458
Bayerirche Subildurns’handes-fluskellung 1906
Hr. 21
vielen ist es uberhaupt ganz ausgeschlossen. Deshalb
hatte mit dem AbschluB der Handelsvertråge auch
eine Reorganisation des deutschen Konsulats-
wesens Hand in Hand gehen sollen. In der Tat
entspricht das deutsche Reglement zur Prufung der
Berufskonsulen kaum den noch nunmehr eintretenden
Verhåltnissen. Dieses Reglement wurde am 28. Februar
1873 geschaffen, zu einer Zeit, wo es im Geschåft
gewissermaBen noch „gemutlich" zuging, hente muB
es aber als veraltet gelten. Es steht zu wunschen, daB
die „Handelskonsuln" die vielfach dem betreffenden
Staate angehoren, in dem sie Deutschland vertreten,
abgeschafft und durch Berufskonsulen ersetzt werden.
Aber die Amtsgeschåfte dieser letzteren sind zugunsten
des deutschen Exports ebenso zu erweitern, wie die
Vorbildung eine andere, namlich die kaufmånnische
Ausbildung mehr berucksichtigende sein muB. Bei
unseren Konsulen wird in erster Linie die juristische
Ausbildung berucksichtigt, bei dieser ist aber beim
besten Willen niemand in der Lage, die Handels-
interessen so wahrzunehmen, wie es in der Ara der
neuen Zollvertrage unbedingt notwendig sein wird.
Wir befurchten auch, daB die juristischen Konsulen
zum Beispiel fur die Konsulargerichtsbarkeit mehr
Interesse haben, als fur die Fuhrerschaff auf kauf-
mannischem Gebiete. Das ist so selbstverstandlich und
so tiet in unseren Verhåltnissen begrundet, daB uns
niemand diese Vermutung ubelnehmen kann. Nun
bekommen wir allerdings die Berichte der deutschen
Konsulen in den im Auftrage des Ministeriums des
Innern herausgegebenen „Nachrichten fur Handel und
Industrie" zu lesen. Aber diese Berichte sind so
allgemein gehalten und gelangen durch die Fachpresse,
die sie aufnimmt, auch zur Kenntnis unserer aus-
landischen Konkurrenten, daB sie nicht viel Zweck
haben. Viel praktischer ist zum Beispiel die Einrichtung
des belgischen Konsulatswesens. Die belgischen
Konsulen erblicken ihre Hauptaufgabe darin, in ihren
Bezirken durch direkte Anregung Absatzquellen fur die
heimische Industrie zu erbffnen, bei vorubergehendem
Aufenthalt in Brussel stellen sie sich taglich einige Stunden
den Exporteuren zur Verfugung, senden Muster, Kataloge
ynd Preislisten solcher Waren nach Brussel, die von
nicht belgischen Firmen in ihren Bezirken vertrieben
werden, und berichten nach Hause, wie es gemacht
werden muB, um ins Geschåft zu kommen. Man geht
wohl kaum fehl, wenn man dieser wertvollen Klein-
arbeit der belgischen Konsulen, ihrem Eingehen auf
die kleinsten Details einen bestimmten Anteil an den
Erfolgen der belgischen Industrie auf den Markten des
Auslandes beimiBt. Es ist zu beobachten gewesen,
daB diese Konsulen ihre heimischen Industriellen auch
dann schon auf groBe Projekte aufmerksam gemacht
haben, wenn diese noch im Entstehen begriffen waren,
derart, daB die belgischen Interessenten imstande
waren, schon auf die Ausarbeitung der Projekte einen
gewissen EinfluB zu gewinnen, der ihnen naturlich bei
Vergebung der betreffenden Arbeiten sehr zu statten
kam, wie bei Bahnbauten, Elektrizitats- und Gaswerken,
Bewåsserungssystemen, Wasserleitungen und anderen
mehr. Hierher gehort auch die Erweiterung der Amts-
fatigkeit der amerikanischen Konsulen, die denselben
ubrigens nicht anbefohlen wurde, sondern zu der die
Konsulen auf Grund elgener Beobachtungen gekommen
sind und die sie im Interesse der amerikanischen
Industrie freiwillig auf sich genommen haben. Sie
besfehf in der Einrichtung von Katalog-Registraturen
in den Konsulaten. Der betreffende Konsul, der sich
das Studium der Absatzquellen fur die amerikanische
Industrie angelegen sein laBt, hat beobachtet, daB fur
diese oder jene amerikanischen Warengattungen gunstige
Aussichten in seinem Bezirke vorhanden sind. Er
berichtet daruber nach Hause, und von da aus geht
die Anregung an die betreffenden Industriellen, dem
Konsul Muster, Kafaloge und Preisverzeichnisse zu-
zusenden. Dies geschiehf, und der Konsul, der die
Kafaloge nach Geschaffszweigen und Firmen ordnet,
isf in der Lage, auf jede an ihn aus seinem Bezirk
ergehende Anfrage nach diesem oder jenem Artikel
sofort mehrere dafur in Frage kommende amerikanische
Kafaloge (nebst Mustern, sofern dies nach der Natur
der Erzeugnisse angångig) vorzulegen. Diese erweiterte
freiwillige Amfstatigkeit ist nach dem Vorgange eines
amerikanischen Konsuls jetzt schon von einer ganzen
Reihe seiner Kollegen aufgenommen worden. In
erschbpfenden Berichten uber die industriellen Vor-
gange in ihren Bezirken tun sich namentlich die
amerikanischen Konsulen in Chemnitz und in Frankfurt
am Main hervor, mehr als uns eigentlich lieb sein
kann. Der erstere berichtet besonders auch uber
technische Neuerungen und Vervollkommnungen aus
seinem Bezirk nach Hause.
Wir meinen also, daB der Befrieb unserer Konsulats
der Bestimmung dieser letzteren, unsere Handels-
interessen im Auslande zu fordern, eigentlich nicht
mehr entspricht. Mag es unfer gunstigeren Absatz-
verhaltnissen der Fall gewesen sein, heute erscheint
eine Reorganisation am Platze, und die bedrangfe
Lage, in die mancher deutsche Industriezweig in kurzem
kommen wird, muB der Regierung ein baldiges Ein-
schreiten nach der von uns angegebenen Richtung hin
zur Pflicht machen. Ist es doch so wenig, was die
Industrie hierdurch fordert, und zwar mit vollem Rechte
fordern kann. Mbchten bald Schritte getan werden,
daB unsere Konsulen unfer Mifwirkung der heimischen
Handelskammern in die Lage kommen, ihre Tafigkeit
zu erweitern und zu vertiefen.
K r.