ForsideBøgerAusstellungszeitung Nürnberg 1906

Ausstellungszeitung Nürnberg 1906

Forfatter: Paul Johannes Rée

År: 1906

Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei

Sted: Nürnberg

Sider: 1096

UDK: St.f. 91(43)(064) Aus

Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern

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Side af 1124 Forrige Næste
Seite 518 Bayerifche Subildums-Landes -Husnellung 1906 Ilr. 24 gerechnet) 1 Guiden 30 Kreujer, es hing dies von den Futterpreisen ab. Der Postillon erhielt dasur 30 Kreuzer Trink- und 9 Areuzer Schmiergeld. Der Wagen, die „Thaise", die der Postmeister dazu gab, Kostete 30 Areuzer. Schifsgeld (fur das Ubersetzen uber einen Strom), Sperr-, Weg- und Druckengelder muhte der Passagier sowohl aus dem Hinweg als auch fur die zuruckkehrenden Postpferde bezahlen. Wir sprachen schon oben davon. Had) diesen Satzen berechnet sich eine Reise nach Munchen mit der ge- wohnlichen Post aus etwa 11 Guiden gleich ungefahr 19 Mark, ein Satz, den man aber in flnbetracht der da- mals viel Hoheren Kaufhraft des Geldes eigentlich ver- doppeln muhte. Lxtrapost sur einen Wagen mit zwei Pferden Kostete, allein das Fahrgeld gerechnet, beinahe 40 Guiden gleich saft 70 Mark. Man sieht daraus, dah vier Personen billiger sortkamen, menu sie zusammen Lxtra- post nahmen. Natiirlich sind dabei die Verpslegung, der Preis stir ein etroaiges Qbernachten, die Thaussee- usw. -Gelder nicht mitgerechnet. Die gewohnliche Post ging ubrigens damals von Nurn- berg nach Munchen nur alle Dienstag, Mittwoch und Sams- tag ab, an den beiden letzteren Tagen uber flugsburg. Dabei bestand nach der Landeshauptftadt noch die befte Poftverbindung. Frachiftucke zwischen einzelnen Grten be- sorgten sogenannte Landkuischen, sahrende Boten und Fuhr- leute, die — wie ja zum Teil noch Heute — ihre bestimmten Gasthauser hatten, in denen sie einkehrten und roo sie meist an bestimmten Tagen abgingen und ankamen. Sie durften Reisende nur aus Nebenwegen, wo Keine Post ging, mit- nehmen. Sie waren da wohl billiger, aber auch noch lang- samer als die „ordinare" Post, weil sie Keine Pserde wechseln dursten. Hus dem allen geht hervor, dah das Reisen selbst noch in den entschieden besser gemordenen 3eiten nach fluslosung des alten Reichs unbequem und teuer war. Dernentsprechend fanden Vergnugungsreisen auch nur felten statt. Den Kauf= mann freilich zwang sein Geschast, oft wiederholt im Iahre, nicht selten zu ungunstigster Iahreszeit, weite, nach damaligen flnschauungen weite Reisen zu machen, entfernte Mehplatze zu besuchen, das Meer und die fllpen zu uberschreiten. Die anberen blieben schon daheim und wenn sie einmal eine Reise wagten, so war dies, wie bei Nicolai, ein Lreignis im Leben, von dem Iahre vorher und nachher gesprochen wurde. Solch ein Lreignis war es wert, ein genaues Tage- buch daruber zu fuhren und dieses dann womoglich nach der Ruckkehr zu einem Reisebericht zu verdichten. Gder auch man nahm sich die 3eit - wer tut es wohl heute im 3eitalter der flnsichtspostkarte? — an seine Lieden daheim die aussuhrlichsten fein stilisierten Reiseberichte zu schreiben, die dann auch womoglich, nur wenig verandert, im Druck erschienen. Dem weit- und vielgereiften Mann hastete zeit- lebens ein gewisser Nimbus an, aus den Heute Kaum ein flsrikareisender flnspruch erheben dars. Wie wenige er- laubten sich damals den Luxus einer Hochzeitsreise! In der Regel Kam sie wohl nur dann vor, wenn der Gatte die junge Frau, die er in der Fremde gefreit hatte, ins eigene Heim mit sich fuhrte. Wir alle Kennen das entzuckende Bild von Moritz von Schwind. Die Neuvermahlten Haben in einem bergumkronten, altertumlichen Stadtchen Rast ge- macht. Lben verlassen sie das durch ein weit Hinaus- ragendes Schild mit goldenem Sterne Kenntliche Wirtshaus. Die jungen Leutchen scheinen an der 3eche nicht gespart zu Haben, das verrat uns der Herndsarrnelige Wirt mit feinem Katzenbuckel und dem Kappchen in der hand an den Stein- stufen seines Hauses. Die Geldtasche urngehangt, steigt der Gatte zu dem im Kutschenschlag seiner harrenden Weibchen. Die Krippe ist leer, der Postillion strangt die Pserde an. Wer 3eit Hat, tritt in die Tur und sieht der Rbsahrt der Fremden zu, denn dies alte Schauspiel weckt immer von neuem die Neugier der Bewohner des sriedsam behaglichen Stadtchens. Ls will flbend werden, aber die Sonne scheint und die Liebenden werden eine schone Nachtsahrt haben. Vielleicht steigt ihnen auch der Mond aus und enthullt seine 3auberwelt, wenn er Zeld und Hugel mit Silber be- sirahlt oder aus verschwiegenen Waldeswegen uber die Wipsel hoher Tannen gudit. Lin Kurzer Schlas und die Dammerung naht und tausend Sanger erwachen und wecken die Reisenden zu dem Genutz eines neuen, liebeglucklichen Tages. Wer das erlebt hatte, dem blieb es unvergehlich, und noch Heute hort wohl der Lnkel sinnend, was, wie ein Marchen aus weltferner 3eit, der Grohvater erzahlt von jenen Tagen, da er die Grohmutter nahm. Wir alle sind noch nicht geseit gegen den 3auber damaliger Reise- romantik. Lieblich war die Maiennacht, Silberwolklein flogen. Dort halt der Postillion und blast dem vorangegangenen Freunde seinen Gruh ins Grab. Vor einem altersgrauen Turm in Pommern pflegte ein Postillion jedesmal ein Stuckchen zu blasen, um das Herrliche Lcho zu wecken, zur Freude der Reisenden, die sich dadurch gern im Schlummer staren lietzen. Und wem sein Geschick wohl wollte, dem Konnte es auch wohl passieren, dah er aus langer Post- fahrt sur die Reise des Lebens eine Gefahrtin stch erkor. Wir fuhren allein im dunkeln Poftwagen die ganze Nacht, singt Heinrich Heine und am Morgen entdeckte das zart- liche Parchen, dah „flmor, der blinde Passagier", sich zu ihm gesellt hatte. Der Dichter verrat uns sreilich nicht, ob es Hier zu einem bleibenden Bunde Kam. Immerhin war das Reisen im Wagen im allgemeinen nur sur diejenigen angenehm, die uber eigenes Fuhrwerk verfugten. Hier bildete vor allem die Ungebundenheit bis zu einem gewisfen Grade einen Lrsatz sur die Heutige Schnelligkeit der Beforderung. Wir sprachen schon oben da- von, wie vielleicht Heutzutage das Automobil, wenn richtig angewendet, jene alte Freiheit und Poesie des Reisens wieder ins Leben rusen Konnte. Sie werden wohl ausbleiben, beide, denn die Welt ist anders geworden, man hat Heute Keine 3eit mehr und diesem Mangel leistet die Moglichkeit, das Fahrtempo beliebig fteigern zu Konnen, nur allzu bereit- willig Vorschub. Wer aber fruher die Rosten der teuren Wagenfahrt oder Lxtrapost nicht bestreiten Konnte, der