Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Nr. 28
Bayerircke Subildums-bandes-flusffellung 1906
Seite 615
Der (n Bayern untergegangene Bergbau auf 3inn.
Von Dr. Rib. Schmibt, lvunsledel. ..
1 (Schlutz.)
Senlger ertraglich rote die 3innbergroerke bei
Schonlind und Weihenhaid und Weihenstadt,
aber doch fo, dah ein lange roahrender und
ausgedehnter Betrieb sich lohnte, roaren die
zahlreichen 3innroaschen, roelche roir an den
®ft= und Westhangen der Berge sinden, roelche
die Schneeberggruppe im Fichtelgebirge aufbauen, auch dort,
roo der sagenhaste Fichtelsee sich dehnte. Die Wege, roelche zu
ihnen fuhren, gehoren zu den schonsten in roeiter Runbe.
Lange Halbenzuge, die entroeder regellos nebeneinander
lagern oder langs den Fluhlaufen austreten, ziehen sich
dort in den Walbern, neben ihnen liegen die Gruben oder
Graben, aus roelchen man das zinnfuhrende Lrbreich hob.
Das Terrain ist uberhaupt unterrouhlt, aufgeschuttet oder
umgeroorfen. Blitzend und hupsend durcheilt der Gebirgs-
bach die Rnlage, der stets durch Menschenhanb reguliert,
hier gestaut und zu Tumpeln erroeitert, dort so lange
gebammt roar, bis er die Stauung sprengte. Manchmal
sind auch ferne vom Schneeberg Kleine Weiher, roie bei
Kirchenlarnitz oder an der 3innleite bei Wunsiedel etagen-
artig angelegt, so bah das Wasser vom einen zum andern
laufend, den Zinnstein absetzen Konnte. Ls sind einsame
Stellen im Nadelroalde, der seine Baume setzte aus die
Reuthalde und sie mit uppigem Beerengrun uberzog und
mit Farrnbraut schmuckte. Rm Berge Farrenleite traf man
aus das meiste Seifenzinn und ein alter Schriftsteller Hat
vielleicht nicht ganz Unrecht, roenn er die dort geroonnenen
3innsanbe als das Rusgehenbe von Finn fuhrenden Gangen
erklart, die in der Tiefe noch reichlich Lrz zu liefern in
der Lage sind. Diese Seisen zeigen sich roeit Herein in
das Wunsiebler Tal, ihre Reste begleiten heute noch den
Fluy Rosla sast bis an die Tore von Wunsiebel, das sein
mittelalterliches Rufbluhen, seine Stadtgerechtsame, reiche
alte Stistungen diesen 3innbergroerken dankt. Durch die
oinn- und auch die Lisengeroinnung in der auch sonst mit
Rtetall gesegneten nachsten Umgebung roar es moglich, bah
sich im Rtittelalter in zahlreichen Kleinbetrieben die Herstellung
oon verzinnten Eisenblechen und ein ungemein lohnender
Txport derselben dort entroickeln Konnte. Der dadurch Hervor-
gerufene Wohlsianb der Rtitglieber ber alten Sinnerinnung,
^^lche noch baburch geroann, bah man bie burch bie Konter«
reformation aus Bbhrnen vertriebenen, meist ber intelligenten
Bevblkerung zugehbrigen Lxilanten aufnahm, errnbglichte,
dah biese sich ber Schulen unb Wohltatigkeitsanstalten
annehmen Konuten. Nan errichtete nach Dorschriften
Rtelanchthons ein Lyzeum, ber humanismus zog ein unb
bas heute noch bluhenbe Wannsche Mannerhospital in
Wunsiebel, bessen Geschichte unb vor allem bessen Hoch-
ftehenber Stifter, als einer typischen Persbnlichkeit jener
entroickelten 3eit, allein einer Stubie roert sinb, rourbe
gegrunbet. Lin Wunsiebler, ber 1442 geborene, als Karbinal
Rom verstorbene Professor ber Theologie, Friesner, ber
einer 3innerfamilie entstammte, richtete zu Leipzig bie erste
Druckerei ein; Kurz, es roar Leben unb Bilbung, bie biese
jetzt unscheinbaren im bichten Walbe gelegenen Gruben,
es roar ber Segen bes Bergbaues, ben sie in bas einsam
gelegene Bergstabtchen brachten.
Ruch Hier machte sich ber breihigjahrige Krieg furchter-
lich bemerkbar. Die 3innerinnung starb aus unb roas
nachher geschah, roar im Vergleiche mit bem, roas vorher
roar, Kaum bemerkensroert. 3roar muhten sich bie Mark-
grafen von Bayreuth, bie Werke roieber in Gang zu
bringen, in ben Dbrfern Furthammer unb Vorborf bei
Wunsiebel rourben Schmelzstatten angelegt, aber roas bis
in bas 18. ober gar bis in bas 19. Jahrhunbert Herein
sickerte, roar so roenig bebeutenb, bah es auf bie RUge=
meinheit Keinen Linfluh hatte. 3inngeroinnung, 3inn=
verarbeitung gingen unter, bie 3innerinnung ibste sich auf
unb auher ben Gebauben unb Besitzungen bes Wannschen
Stiftes in Wunsiebel, seinen Pfrunbnern, roelche Heute noch
bie im 15. Iahrhundert ubliche Tracht ber Burger tragen
mussen, ist es nur bie uralte, recht charakteristische, aber
røenig bekannte 3inner=®rbnung, roelche auf bem Rathause
zu Wunsiebel liegt, roelche an jene 3eiten erinnert. —
Noch einen Bergbau auf 3inn mussen roir Kurz er-
roahnen, ber etroas entfernt vom Fichtelgebirge betrieben
rourbe, bessen Ruftauchen unb Untergang hbchst merkrourbig
ist: ber 3innbergbau an bem alten Bergorte Buchig
(sruher puchig) unroeit Hirschberg bei hof. Line von gneih-
artigem (Yuarzit zusammengesetzte hbhe liegt gegenuber
von einem stejlen, ein furstlich-reuhisches Schloh tragenben
Hange; am Fuhe beiber liegt bas reuhische Stabtchen
Hirschberg unb im Tale lauft bie im Fichtelgebirge ent-
sprungene Saale. Ruf ber erstgenannten hbhe, bie noch
innerhalb ber Grenzen Bayerns liegt, ziehen langere Reihen
von Pingen (b. i. Grubenresten), 3eugen eines uralten
Baues, ber schon im 16. Jahrhunbert verlassen roar. Da
fanben 1560 Bergknappen in ber sogenannten Neujahrs-
grube 30 Meter tief 3innerz in einer Quantitat unb von
einer Gute, bah sofort eine Bergmanns-Kolonie ins Leben
trat, bie man St. Georgen im Tale nannte. Der 3inn-
stein soli in Gangen von einem Halben Meter Machtigkeit
angetroffen roorben sein. 1561 gingen schon 27 3echen auf
ber Rnhbhe unb Markgraf Georg Friebrich von Bayreuth
(1556—1603) lieh eine Schmelzstatte in hof bauen und
errichtete auf dem Buchig eine „Bergstabt" mit Rrbeiter-
roohnungen, ja fogar mit einer Kirche. Von den Kanzeln
in hof rourde die Bergfreiheit verkundet. Ls stak ein
groher Lrzreichtum noch in dem Berge, der roohl Heute
noch nicht abgebaut ift. Man fand neben richtigem 3inn,
auch Lifen und Wismuth. Rber es roar immer die alte
Geschichte im Markgrafenlande, man scheute die Kosten,
man ging nicht tief genug. Schon 1566 ging das Lamen-
tieren an uber schlechte Verroaltung und Mangel an Sach-
verstandigen, roie bei den Gruben bei Weihenstadt. So
rasch sie gekommen, so rasch verschroanden die Bergleute