Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seife 616
Bayerirdie Subildums«bandes-flusHenung 1906
Nr. 28
wieder, 1566 schon waren einige Gruben offen geblieben
und auch in den Iahren 1586 und 1593 unternommene
Anlaufe blieben ersolglos. Da griffen benachbarte adelige
Grundbesitzer zu, die sich in ihren Grund- und Wasser-
verhaltnissen geschadigt glaubten, die schon verfallenen Ge-
baude rourden abgetragen — und Uhr und Glocke des
gleichfalls eingeworfenen Kirchlurmes wurden nach Hof
geschafft und zieren jetzt noch die Lorenzerkirche in Hof.*)
Es war ein Aufbluhen von so Kurzer Dauer und ein so
rasches Verbluhen wieder, datz man es Kaum fur moglich
halt, datz so etwas in einem mittelalterlichen deutschen
Uleinstaate geschehen Konnte.
Was wir von dem Zinnbergbau im Fichlelgebirg uber-
Haupt zu berichten wissen, steht mit dem, was man jetzt
bort antrifft, in Keinem Verhaltnisse. Immer mehr mehren
sich die Spuren jener alten bergmannischen Tdligkeit, je
langer darnach gesucht wird, immer neue, allerdings ost
recht Kleine Betriebe werden aufgedeckt' soweit es sich
um Zinnwaschen handelt. Nach diesen Spuren hat sich
weit mehr in den dichten Waldern des Gebirges nach dieser
Bichtung ereignet, als wir geschichtlich delegen Konnen.
Nuch in den Zinnbergwerken bei Weitzenstadt und aus
dem Bilchig bei hos trafen, wie wir horten, die Bergleute
stets aus altere Arbeiten, aus die Arbeiten wie der tech-
nische Nusdruck lautet, des alten Mannes. Ls ging eine
Zinngewinnung im Fichtelgebirge in uralten Tagen, wie
im Erzgebirge um, und es ist Kaum daran zu zweifeln,
datz unsere Behauptung, datz man sich ein gut Teil des
Zinns hier Holte, das man zur Bronze gebrauchte in vor-
historischer Seit, richtig ist. Da der Wald seine Moo§- und
Vaccinaendecke schutzend tider die Arbeit der Menschenhand
legte, sa Konnten sich die Spuren derselben lange erhalten.
Leider sehlen aber sowohl im Erz-, wie im Fichtelgebirge
bisher Fundstucke, welche sichere Schlusse zulietzen. Das
ist zum grotzen Teile erklarlich. Die Bergwerke sind seit
Iahrhunderten ganz autzer Betrieb und bei den Waschen-
und Tagbauten wurde meist mit Holzgeraten Hantiert,
(sogar Stiefel mit dicken holzsohlen wurden getragen) die,
wenn sie verlegt oder versteckt wurden, in den Schlamm
oder in das gelackerte Erdreich einsinken mutzten. Die
Holzerne Gabel, die Schaufel, der elende Wassertrog, wie
Konnten sie sich halten, wenn Sahrhundert um Iahrhundert
alljahrlich Schnee- und Wassermassen iiber sie Hinwegjagten!
Da ist es nur das durchwilhlte Grubenfeld, die meist sehr
verstandig regulierten Wasserlause, die Spur der Arbeit,
welche zu denken geben. In einer Studie ist L. Schurz**)
den Volkern nachgegangen, welche mutmatzlich zuerst im
Erzgebirge Zinnbergbau trieben, ohne zu einem abschlietzen-
den Re(ultate zu gelangen. Es werden Slaven, tvenden,
Kelten und Germanen, ja sogar finnische Volksstamme
genaunt. Wurde die Frage fur das Erzgebirge zu lasen
gewesen sein, wurde man sich auch fur das Fichtelgebirge bei
der Gleichheit der Verhaltnisse entscheiden, aber so bleibt
*) S. Urchiv f. Gelch. von Gberfranken Bb. XV, Heft 3 1883,
Bb. XV, Heft 3 1886, Bb. XVIII, Heft 1 1890.
*) Siehe Forschungen zur beutschen Lanbes- unb Dolhshunbe.
Heraurgegeben von ft. Uirchhoff, Stuttgart.
alles nur Vermutung und Sage. Wendische Valker satzen
zwar vom 6. Iahrhunderte an im Fichtelgebirge und bei
Kirchenlamitz beschutzt Heute noch eine Radschin (Burg) ge-
nannte Wallanlage alte Zinngrubenfelder. Datz aber die
wendische Invasion viel spater Kam als die ersten Berg-
leute, durfte behauptet werden.
Auch der Umstand, datz die Sage sich dieser Berg-
werke bemachtigte, latzt auf ein hohes Alter derselben
schlietzen. Es ist die Venedigersage, welche wohl in Keiner
anderen Gegend sich so srisch erhielt, wie im Fichtelgebirge.
Ieder sremde Bergmann, den der Ruhm des Gebirges
hierherlockte, der suchend in den Waldern umherging und
dessen Sprache und Ligenart man nicht verstand, wurde
von den Fichtelgebirger Bauern als ein Venediger oder ein
Wahle (walisk = fremd) angesehen und jede Schursarbeit
wurde Kurz als Wahlereitreiberei bezeichnet. Die Venediger-
sage ist selbstverstandlich viel alter, wie die Lagunenstadt,
mit der sie im Mittelalter erst verquickt wurde, aber es
ist verstandlich, datz man von Rom aus oder von den vor-
geschobenen romischen Kolonien in Regensburg und Passau
aus bei der hohen Entwicklung des Kunstgewerbes dart
Zinn und Gold gebrauchte. Beides lieferte das Fichtel-
gebirge (Goldbergwerke bei Gold-Kronach). Es ist auch
moglich, datz Romanen, welche nach diesen Metallen suchten,
damals in unsere Walder kamen, die man sogleich als
halbwesen und Venedigermannlein erklart hat. So Kommt
Geschichte und Sage wie anderwarts auch hier zusammen.
Auch der Umstand spricht sur das hohe Alter des Bergbaues
im Fichtelgebirge, datz schon ©tto der Grotze zur Hebung
des Bergbaues im Harze sich Bergleute aus dem Fichtel-
gebirge hat Kommen lassen, deren Riederlassungen Heute
noch sich durch ihre Romen, wie Frankenheirn, Franken-
scharte u. s. w. erkennen lassen und deren Dialekt Heute
noch von dem ihrer Rachbarn abweicht.
Der ganze Bergbau im Fichtelgebirge aus Metalle,
aus Gold, Lisen, Zinn, Blei, Antimon hatte sein Schicksal,
ohne datz, was wir ausdrucklich betonen mussen, die Lrze
ganz nachgelassen haben, er ging zuruck, zum Teil ganz
ein. Mangel an Sachverstandigen im Mittelalter, Kriege,
dann Mangel an Geld und wenig Verstandnis fur die
Fortschritte der Technik, welche auswartige Konkurrenz
viel besser ausnutzte, waren die Ursachen. Als 1791 die
markgraflich Ansbachisch-Bayreuther Lande an Preutzen
gefallen waren, sandte die preutzische Regierung Keinen
Geringeren in das Fichtelgebirge als Alexander von Hum-
boldt, den Bergbau zu Heben. Derselbe wohnte longere
Zeit zu Arzberg und Gold-Kronach, errichtete die Berg-
schule zu Steben und schreibt im Kosmos (Seite 273),
„datz ihn an diese Gegend die schonsten Lrinnerungen seines
Iugendalters Knupflen". Aber seibst humboldt vermochte
nicht den Ruckschritt aufzuhalten. Lrstens war er, um
einen gang und gaben Ausdruck zu gebrauchen, mit einem
Futze schon drautzen und dann waren die unmittelbar
Kommenden Tage zu nichts weniger angetan, als friedliche
Unternehmungen zu fordern. Rach privater Mitteilung
und Lrzahlung aus jener Zeit soll es humboldt beim
Durchwandern der grotzartigen Felsen der Luisenburg bei