Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seite 668
Bayerifche Subilaums«handes-HusHellung 1006
Hr. 30
Mag der schwarzpolierte Flugel und ebenso das ihm ent-
sprechende Pianino bei Kunstlerischer Gliederung noch Heute
in manchen Raumen seine Stelle behaupten, in viele Milieus
passen sie doch garnicht Hinein, hier dilden sie vielmehr
eine storende Dissonanz.
Nicht leicht ist die Rufgabe, einen Flugel oder ein
Pianino kunstlerisch zu gestalten, denn der Lharakter des
Stuckes als eines Instrumentes mutz gewahrt bleiben.
Reich geschmuckte Klaviere sind ein Unding und so wenig
am Platz wie reich verzierte Geigen und Trompeten. Nur
das richtige Mah zu finden, also bei Lrzielung eines Kunst-
lerischen Stimmungsreizes doch innerhalb der Sphare des
Jnstrumentalstils zu bleiben, hann nur bei seinem Kunst-
lerischen Takt gelingen. Sehr ersreuliche flrbeiten dieser
Art weist die in uberaus geschmackvoller Weise arrangierte,
aus drei Flugeln und sieben Pianinos bestehende flus-
stellung der Firma Neupert in Bamberg aus. Insbesonbere
fesseln den Blick die drei Flugel: ein schwarzer mit silbernem
Schmuck, ein dunkelroter mit einzelnen Teilen aus mattern
schwarzen Holz und der hier zur flbbilbung gebrachte
grotze Flugel aus schwarzgrau gebeiztem, mattpolierten
amerikanischen Nutzbaurnholz, von dem sich in Elfenbein
und Perlmutter ausgefuhrte lila, rote, schwarze und grune
Linlagen zu einer uberaus freundlichen Farbenwirkung ab-
heben, die noch gesteigert roird durch die matten Zinn-
beschlage an den Futzen der Lyra und beren Streben, am
Notenpult und dem Namen im Klappbeckel. Die Lntwurfe
zu diesen Flugeln, wie zu der Mehrzahl der Pianinos und
zu dem gleichsalls hier ausgestellten, aus unserer flbbilbung
durch den roten Flugel verdeckten Schreibtisch stammen von
dem Maler Hermann Schwabe in Nurnberg. Lin guter
Gedanke der Firma war es, diesem zugleich das Gesamt-
arrangement zu uberlassen. (Es ist ihm vortresslich ge-
lungen. Der Naum zeichnet sich durch besondere Vornehm-
heit aus. Wohltuend sind seine Nbmessungen, Harmonisch
ist die Gliederung der IDanbe unb reizvoll ber ben Maler
verratenbe Farbenbekor. Der Treppenausgang mit seinen
seitlichen Postamenten unb Vasen sorbert unwillkurlich zum
Betreten bes Naumes auf. Doch vorher nehmen wir auf
einem ber bavor ausgestellten Sessel platz unb lauschen ben
schonen Klangen, bie weich, Klar, wuchtig unb voll zugleich
uns schon von ferne angezogen haben. Welchem Nmstanbe
bie Instrumente ihre jebermann entzuckenbe Tonschonheit ver-
banken, wissen wir nicht. Sie Hangt mit einer neuen Erfinbung
zusammen, beren Geheimnis bie ruhrige Firma auf bas strengste
Hittet. Bewunberungswurbig ist besonbers bie Tonfulle ber
Pianinos, so batz man einen Flugel zu horen vermeint.
flus Kleinen flnfangen hat sich bie 1868 gegrunbete
Firma, bie Grotzbritannien, Nuhlanb, Italien, Gsterreich,
Hollanb, bie Schweiz unb Danemark als flbsatzgebiete Hat,
zu ihrer Heutigen Bebeutung emporgearbeitet. Ihre Fabrik
bebeckt Heute fast 2300 (Quabratmeter Flachenraum unb ist
mit ben neuesten Kraftmaschinen eingerichtet. Im Hinblick
auf bie erwahnte (Erfinbung Kann man auf ihre Weiter-
entwicklung gespannt sein. Die flussichten fur bie Zukunft
sinb bie benkbar gunstigsten. R.
Die Unterriditsausftellung im Staatsgebåube.
IV.
1. fadjichulen fur fjolzbearbdtung.
^■■^Lin Runbgang burch bie gesamte Nnterrichtsaus-
^teUung fuhrt uns zunachst vom Portal in ben
Dorraum ; Portal wie Vorraum sinb nach bem
Entwurf bes Professors an ber Kunstgewerbeschule
Munchen,Bernbl, entstanben. Der Vorraum ist einfach, aber
gefallig in stumpf-bunkelblau gehalten, zur linken Hanb
betritt man ben Reprasentationsraurn, ber als „fluskunfts-
stelle" fur bie Kultusausstellung eingerichtet ist. Dieser
Raum ist ein Teil ber Kollektivausstellung; er ist als
flrbeitszimmer eines hohen Beamten gebacht unb ganz in
Rusternholz mit Marquetterien aus Konigsholz unb kau-
Kasischer Eibe ausgefuhrte ben (Entwurf bazu lieferte ber
Schulvorstanb ber „Hanbwerker-Fachschule fur Holzinbustrie"
in Furth, Professor Iveitz, -ber Raum wirb burch
Gberlicht erhellt, -ber freie Teil uber ber Ivanbvertafelung
ist mit Stoff uberspannt unb mit einem Fries geziert, ben
bie Stabtische Malschule Munchen beifteUte ; es will mir
scheinen, batz bieser Fries, teilweise meisterhaft burchgefuhrt,
fur biesen begrenzten Raum zu reich ist. Die Iveitzschen
Mobel zeigen Keine eigentlich moberne Stilrichtung ,-bas
Schwergewicht ihres lvertes liegt fraglos in ber minitiosen
technischen flusfuhrung, in ber vollenbeten Beherrschung
ber (Einlegearbeit unb in ber fonstigen Sauberkeit ber
holztechnischen Durchfuhrung; bie sehr schonen Beschlage
ber Mobel unb anbere Kleinarbeit bieses Raumes
stammen von ber Kupferschmiebfachschule Munchen, bie
Keramiken von ber Keramischen Fachschule Lanbshut,
bas Tintenfatz von ber Porzellanmanufaktur Nymphen-
burg, ber reich gestickte Wanbteppich von ber Frauen-
arbeitsschule Munchen (Gert. Rommel).
Die Further Fachschule fur Holzbearbeitung,
ber in biesem wie in anberen Raumen ber Kollektivaus-
stellung weitaus ber grbtzte Teil ber praktischen flrbeiten
zugemessen ist, ist eine Anstalt mit Lehrwerkstattenbetrieb;
sie will bie Meisterlehre erganzen, sie nimmt aber auch
Schuler nach ber 7. Volksschulklasse auf unb bilbet biese
in zjahrigem Lehrgang zu Gesellen aus ; ihr Unterricht
teilt sich auf in einen Schreiner- unb einen Bilbhauer-