Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Telte 672
Bayerifche 3ubildunis - bandes = Huslfellung 1906
Nr. 30
Hat sich mit so uberraschender Spannkraft Bahn gebrochen,
Hat in Kurzer 3eit so viele Individualitaten in sturmischem
Rnprall mit sich gerissen, datz die Lebensphasen des Lin-
zelnen in dem ungeheuren Strom verschwanden." —
Von dem lvandel dieser Ruffassungen uber so weit
verzweigte Stoffgebiete glaubten Berufene und Unberufene
auch gleich einen lvandel im Grganismus der Pflegestatten
des Kunsthandwerkes verlangen zu sollen;womoglich in dem-
selben Tempo, das „so viele Jndividualitaten in sturmischem
llnprall mit sich gerissen hat", und weil es nicht allsogleich
geschah, ging der Ruf: „unsere Runstgerverbeschulen sind ruck-
standig", als Feldgeschrei durch die Reihen, durch die Presse.
Ls durste den bayerischen Runstgewerbeschulen sehr
willkommen Kommen, datz ihnen bei dieser Gelegenheit ein
hinaustreten in die Gffentlichkeit ermoglicht wurde, dazu
ein Ruftreten in so uberaus reprasentativer Form, denn
der Munchner Rnstalt waren an 250 □ m, der Nurnberger
an 180 Q m zugemessen.—
Sie Konnten zeigen und bemeisen, dah sie weit Hoher
stehen, als der oberflachliche Beurteiler von ihnen zu
glauben gewillt war.
Freilich werden ihre Organisationen gerade nach der
Seite des Zufammengehens mit der Kunstgewerblichen
Praxis und der Rngliederung Kunstgewerblicher Lehrwerk-
statten noch weiter auszubauen sein (man wird wohl als
nachste Rufgabe an die Schafsung von Lehramtern fur
Raumkunst Herantreten und den Berufensten Riemer-
schmied, Pankok, Bruno Paul diese Lehraufgaben
anvertrauen); aber schon ihr diesmaliges Ruftreten Hat
gezeigt, datz in Munchen namentlich die plastik, die Edel-
metalltechnik, die Textilkunst, die Keramik, die Buch-
schmuckkunst, die Raumdekoration, in Hurnberg der Buch-
schmuck und das holzschnitzen auf vollster hohe stehen.
Beide Rnstalten haben die Rufgabe, Gelegenheit zu
Kunstlerischer und Kunstgewerblicher Tatigkeit in einem
Umfang zu bieten, als es die erfolgreiche Rusubung im
Sinne Kunstlerisch-stilistischen Schaffens erforderte, sowie
Lehrkrafte fur den Kunstgewerblichen Lehrberuf Heranzu-
bilden; die Russtellungen beider Rnstalten sollen schlietzlich
zeigen, bis zu welchem Grade den Forderungen der Kunst-
gewerblichen Praxis Rechnung getragen und ein standiger,
inniger Kontakt mit dem produzierenden Kunsthandwerk
und seiner Industrie herbeigefuhrt wird.
Die Munchner Rnstalt tritt mit den Lndergebnissen
des Unterrichtes ihrer 8 Rbteilungen auf; wir sehen Hier
plastische Rrbeiten der lvadere-Klasse in Stein, Metall,
Holz, Terrakotta, Majolika; Losungen von Rufgaben fur
plastischen Bau- und Raumschmuck, fur Ziergerate und
fur Kleinkunst; des weiteren Tdelmetallarbeiten der Klasse
von Miller vom reichen Tafelaufsatz mit dekorativen
Zutaten in Tmail und Juvel bis zum eisengeschmiedeten
Leuchter, Buchschmuckarbeiten der Klasse Dasio fur alle
Reproduktionsarbeiten und Plakatentwurfe, Textilarbeiten
der Klasse Spietz, sehr feine Gewebemusterentwurfe fur
lvandbespannstoffe, Proben weiblicher Handarbeiten, Leder-
schnitt- und Bucheinbande, Keramiken in Porzellan und
Emaillemalerei auf Glas, eine imposante Kollektion Glas-
malereiarbeiten, architektonische Entwurfe, Ivand- und
Plafondmalereien der Klasse Mahler und manches andere.
Die Nurnberger Rnstalt zeigt eine grundliche Schulung
im korrekten 3eichnen, Malen und Modellieren nach
gegebenen Vorlagen wie auch unmittelbar nach der natur;:
sie bekunden die Fahigkeiten der Schuler im selbstandigen
Tntwerfen von Gegenstanden aus dem Bereich ihrer
speziellen Berufszweige, immer unter Rucksichtnahme auf
Material und 3weckbestimmung. Ts sind hier namentlich
die zahlreichen vorzuglichen Studien fur dekorative Malerei,
die Entwurfe fur Buchschmuck und Plakate der Heroor-
ragenden neuen Lehrkraft Bek-Gran, die in den ver-
schiedensten Techniken hergestellten dekorativen Mobel und
insbesondere der grotze Ritar im Stile italienisch-romanischer
Kirchenschmuckkunst zu nennen.
Beide Rnstalten werden aus der Stilbewegung des
Kunsthandwerkes der letzten zwei Iahrzehnte, aus den
Erfolgen der Raumkunstausstellungen Darmstadt 1901,
Turin 1903, St. Louis 1904, Nurnberg und Dresden 1906
die notigen Lehren und Konsequenzen ziehen mussen; Hatten
sie sich dabei an Iohn Ruskins IDorte in seinen
„Vortragen uber Kunst", dritte Vorlesung „Kunst und
Nutzlichkeit:
„Rlle Lebenskraft der Kunst Hangt von ihrer vollkommenen
Wahrheit oder ihrer vollendeten 3weckmatzigkeit ab; mag
sie noch so anziehend, verbluffend und wirkungsvoll er-
scheinen, so bleibt sie dennoch minderwertig und deutet
auf tieferen Verfall, wenn sie eines dieser hauptziele aus
dem Ruge verliert: etwas lvahres zu verkunden oder
etwas Nutzliches zu zieren,"
so Konnen sie den lveg zur Hachsten Entwicklung nicht
verfehlen. (5ortfe§ung folgt.)
Die Kunftballe der Canbes = flusftellung.
Von Dr. phil. Karl £ory.
jer Kunst von Hente einen brauchbaren, nicht
blotz einen wurdigen Tempel zu errichten ist
Keineswegs leicht; denn gerade die besten Sachen
Ider neuen Malerei erfordern mehr als gunstiges
Licht, sie sind formlich auf die Raumentwicklung berechnet
und schreien oft geradezu nach genugender Distanz fur
den Beschauer, dem sie womoglich erst von der entlegen-
sten Saalecke aus recht deutlich werden. Die Kunsthalle
unserer Landesausstellung wird der schweren Rufgabe der
„Distanzbeschaffung" im allgemeinen mit Gluck gerecht,
und die Gesamtwirkung des Gebaudes mochte ich eine
uberaus vornehme nennen, matzvoll und mit intimem Ver-