Ausstellungszeitung Nürnberg 1906

Seite 740 Boyerilche Subilclums-Landes •Husifellung 1906 Hr. 32 Dorberraumes, wie mit benen der ruckwartigen Rische unterhalten hannen, flus allen Tellen bieses Raumes spricht ein ausgereifter Geschmack. Tritt auch bie IHobeU fabrik Johann Hein mit biesem Raum zum ersten Male an bie breite Gffentlichkeit, so hat sie boch ben Beroeis erbracht, bah sie aus bem Gebiete ber Raumansstattung Kein Reuling ist, sonbern schon jahrelange Lrfahrungen hinter sich hat unb biese im besten Sinne auszunutzen ver- steht. So nur war es rnbglich, in bem Mahe wie es Hier geschehen ist, Behaglichkeit mit Lleganz zu verbinben, bei reicher Glieberung bes Raumes unb seiner Wdnbe Klarheit unb Linfachheit ber Gesamierscheinung zu erzielen unb bei Kunsilerischer Steigerung aller Zweckformen alles Gekunstelte zu vermeiben, also einen Raum zu schaffen, ber allen praktischen flnforberungen genugt unb zugleich eine schbne behagliche Stimmung hat. Dazu Kommt noch, bah bie flusfuhrung ber Vertafelungen unb Model eine ganz vorzugliche ist. Mit einem Schlage hat sich hier bie Firma bas Felb erobert. R. Der 3eichenunterrid)t an den Mittelschulen. Von Zeichenlehrer W. Mohring, Lchwabach. S^aSetn Dresbener Runsterziehungstag muh es als ein 1jLM grohes Verbienst angerechnet werben, bah er bie breite Gffentlichkeit auch aus bie Bebeutung bes Zeichenunterrichts unb seine hohe flufgabe im er- zieherischen Leben hingewiesen hat. Bah biese hohen fluf- gaben bis jetzt ost gar stiefmutterlich behanbelt werben, wahrenb boch bie ganze Zeitrichtung ungestum eine burch- schlagenbe Reform bes Zeichenunterrichts forbert, beweist leiber fast burchgangig bie flusstellung unserer Mittelschulen. Die allgemein bilbenbe Schule soll bie schbne flufgabe haben, bas Beobachtungsvermogen fur bie Erscheinungen ber uns umgebenben Ratur, wie sie Form unb Farbe mit sich bringen, zu pflegen unb zu entwickeln. Mit charakter- losen Vorlagen, mit ber Rachahmung von wer weih was fur Grnamenten Kann bie Beobachtungsgabe nicht so ge= ubt werben, wie es bas Leben verlangt. Tine Freube am Schaffen, Lust unb Liebe zur flrbeit sinb von bem Kinb burch bas Kopieren von Vorbilbern, selbst wenn es Um- anberungen erbenken soll, unb vom flbleiten aus ber Ratur zur Grnamentensprache nicht zu erwarten, unb bas Ver- stanbnis fur bie Formen ber Erscheinungen nicht zu er- reichen. Rur bie Ratur ist in ber Lage, mit ihrem nie versiegenben Reiz unb nie nachlassenben Reichtum bem Kinb bie flugen zu offnen, es mit ausrichtiger Freube burch seine Beobachtungen zu ersullen. „Die Kunst liegt in ber Ratur, wer sie Heraus kann reihen, ber hat sie." Vorlagen sinb Gift unb fuhren zur Schablonenhaftigkeit unb zu ober- slachlichster Spielerei. Die naturalistische Richtung, ver- nunftig betrieben, stellt einen gewaltigen Fortschritt gegen bie ornamentale bar. Man mag bie Leistungen ber Reformer, bie sie uns bisher zeigen Konnten, bewerten wie man will, sie bringen uns bas, was uns fehlt unb was wir so notwenbig gebrauchen. Das Haufige Harte unb leibenschaftliche Ringen bes fllten mit bem Reuen muh ja sein, ba bie ganze Entwickelung unserer Kultur bas von ben Reformern ins Leben Gerufene verlangt. Sie forbern bie Starkung bes Gebachtnisses, pragen burch entsprechenbe Ubungen bie Formen unb Farben ber Ratur ein, setzten aber gerabe baburch bem gebankenlosen Raturalismus, ber sein Bestes in ber mechanischen Wiebergabe ber Ratur sieht, eine Schranke. Das Gebachtniszeichnen zwingt ben Schuler, nur bie Hauptzuge ber Erscheinung sestzuhalten, wie es ja ber wahre Kunstler ebensalls tut. Durch sort- wahrenbe Ubungen gelangt er in ben Besitz einer Menge Klarer Erinnerungsbilber, bie bie Vorbebingungen jebes Kunstlerischen Genusses sinb. Unb Hierburch Kommt bie Kunstlerische Erziehung unserer Sugenb wieber in nahere Verbinbung mit ber Kunst, unb bas ist es, was ihr not tut unb was wir freubig zu begruhen haben. „Der Kunstler kann nichts gegen bas Leben, er kann nur mit bem Leben unb aus bem Leben schaffen." Dieses Leben unb Schaffen aber verstehen zu lernen ist eine ber Hervorragenbsten Ruf- gaden ber Zeichenstunbe. Die Zeichnungen ber Mittelschulen zeigen wenig Leden, somit ersullen sie ihren Zweck nicht vollkommen. Die wenigen flusnahmen in ber Rnterrichts- adteilung ber Lanbesausstellung zeigen ja erfreuliche Re- sultate, aber leiber ist z. B. an ben Zeichnungen ber Real- schule Iveihenburg ein Lehrgang nicht zu ersehen. Es ware von Vorteil gewesen, wenn bieser Anstalt ein grbherer Raum uberwiesen worben ware, ba bas wenige, bas ans- gestellt ist, anbeutet, bah ber Zeichenunterricht ben Forbe- rungen ber Reuzeit sich anpassen mbchte. flnbers ist es mit bem Realgymnasium Munchen. Diese Schule zeigt in Mappen eine grohe Zahl Schulerarbeiten, bie einen Einblick in ben Betrieb ber Zeichenstunbe erlauben. „Sehet bie Ratur sleihig an!" Ls gewahrt ein ganz besonberes Vergnugen, biese ausgelegten Zeichnungen zu betrachten, beweisen sie boch mit groher Wahrscheinlichkeit wie Raturzeichnen ge- pflegt werben Kann unb wie biese schbnen flnsatze nach weiteren intensiven Ubungen prachtige Fruchte verheihen. Das fluslassen van Gebachtniszeichnungen ist ein Fehler, ber sich in Zukunst leicht gut machen laht. Selbst bieser noch nicht vollstanbige Lehrgang ist scharf baraus bebacht gewesen, Forberungen an bie Schuler zu stellen, bie sie be- sahigen, bas Tharakteristische ber Erscheinungswelt mbglichst sicher sestzuhalten, ben Typus einer Form, ja selbst ber