Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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tir. 32
Bayerlfche 3ubiIdums« kandes* Husitellung 1906
Seite 741
Farbe mit raschem Blidt zu ersassen. Die Schwierigkeiten
derartiger Ausgaben lassen sich uberwinden, ihr Vorteil ist
unubersehbar. lille Formen, die der Schiller sich aneignet,
werden ihn in der weiteren llusfassung der ganzen Welt
des Sichtbaren nur fordern, er roird nach dem Verlassen
der Schule selbstandig rveiter arbeiten Konnen, da das
fluge durch fortgesetztes richtiges Beobachten die hånd 3ur
richtigen Wiedergabe des Beobachteten erzogen Hat. Viese
Tatsache ist besonders auch sur unsere Lehrerwelt von ein-
schneidender Bedeutung. Die Unterrichtsausstellung Hatte
Gelegenheit geben Konnen, auch den Lehrgang im Zeichnen
an den staatlichen Schullehrerseminarien zu zeigen,- das
Fernbleiben dieser Anstalten ist ties zu beklagen. (Es wurde
Hier sicher das Interesse vieler Besucher ganz besonders
rege gewesen sein, da die Seminarzoglinge es ja sind, die
spater als £ehrer einen grotzen Teil unseres Dolkes auch
im Zeichnen einzusuhren haben, und denen ein sreies
selbstandiges Konnen im Zeichnen ein unerlatzliches
Unterrichtsmittel sein mutz.
Das Ornament wurde dieser sreien Entwicklung frei-
lich ungemein Hindernd im tvege stehen,'denn, Hat der
Schiller das Grnamentzeichnen jahrelang sleitzig geilbt und
versteht selbst die edelsten und Kostlichsten £inienfuhrungen
wiederzugeben, so ist er noch nicht in der £age, die Natur
— von den Bewegungen ganz abgesehen — charakteristisch
darzustellen. flber umgekehrt gibt das Zeichnen nach der
Natur, deren typische flussassung ebensalls durch lange
Ubungen bedingt ist, die lNoglichkeit, sich in die Ornamentik
leicht einzuleben. Der grotte Feind eines ersprietzlichen
Zeichenunterrichts ist eine angstliche £inienful)rung; sie
Hemmt jede sreiere (Entwicklung. Und die Freiheit der Be=
wegung ist es wiederum, die ein gedeihliches tvachstum
zulatzl. Das Zeichnen des Grnamentes beengt den Sinn,
die gottliche Natur aber weitet den Blick. Das gedachtnis-
ubende Naturzeichnen sei die £osung der INittelschule
von fl bis Z, und gerade der flnfangsunterricht verdamme
die Vorlage, sei sie ornamental oder geometrisch, Klein oder
tvandtaselvorlage zum INassenunterricht. Unser Schiller soli
Keine Knechtische flbschrist der Natur geben, aber der ganze
fldel der Naturformen soll ihm eigen werden,' er soll aus
dem sesten Boden der Natur stehen, die ihm einen Halt
auch dann geben wird, wenn er der Schule entwachsen ist.
Ist aber dieser seste halt vorhanden, dann hat er ge=
wonnenes Spiel.
Bunte Biløer
aus Nurnbergs und Mittelfrankens Vergangenheit.
Von Kgl. Kreisard)lpfekretar Sumdel.
Cine deutsche Kaiferkronung und die Hurnberger.
ohl Kein Besucher unseres Germanischen Ntu-
seums, und ware es der slilchtigste, wird sich
einer tieferen Bewegung und eines Gesuhles
ehrfurchtiger Scheu erwehren Konnen, wenn
er in der stimmungsvollen „Kirche" vor jenem wappen-
geschmilckten, silbernen Sarkophage Halt macht, welcher
dereinst die Symbole deutscher Kaisermacht und Herrlichkeit,
die Kronungsinsignien des alten romischen Kaiserreiches
deutscher Nation umschlotz. Seit dem Iahre 1424, seit
Kaiser Sigmunds Tagen, war unser Nurnberg die treu-
besorgte Huterin dieser „Heiltilmer" des Neiches und wenn
der Erwahlte der deutschen Fursten und Volker sich „Sankt
Karolus Kron" auss Haupt setzte, empsing er bezw. der
kirchliche Zeremoniar sie aus den hånden Nilrnberger
Natsboten.
Fur die inneren Geschicke unseres deutschen Volkes ist
vielleicht Keine Kronung wichtiger gewesen als jene vam
23. Gktaber 1520, da der (Enkel Kaiser Maximilians,
Karl V., mit den Insignien der Kaiserlichen Wurde bekleidet
wurde. Uber sie besitzen wir eine Kurze Schilderung der
damaligen Natsdeputierten, welche zwar nur zwecks Kunstiger
Information der flbgesandten versatzt wurde, aber trotz
mancher £ucken ein anziehendes Bild der Feier gibt. Iltit
einiger Verwunderung wird der an die minuzios aus-
gearbeiteten Programme unserer modernen Hofmarschalle
Gewohnte das Improvisierte dieser hohen Staatsaktion
bemerken. Sehen wir nun zu, wie es unseren Nilrnberger
Natsboten bei dieser Kronung erging!
In einem Schreiben vom 1. Iuli 1520 teilte der im
Iuni des vorausgehenden Iahres erwahlte Karl seinen
und des Neiches lieben Getreuen, Burgermeistern und Nat
der Stadt Nurnberg mit, datz er des endlichen Gemutes
und Furnehmens sei mit hilfe des flllmachtigen am nachsten
St. Michaelstage die konigliche Krone zu flachen zu emp-
fangen und befahl ihnen die Neichskleinodien durch ihre
trefflichen Rate und Botschafter wohl verwahrt dorthin zu
schicken, damit er sie an dem genannten Tage oder etwas
fruher gewitzlich habe. Der Rat wahlte aus seiner Illiite
Seanhard Groland, Hans Tbner und Nikolaus Haller,
welche die Kleinodien nach Aachen bringen und der Kronung
beiwohnen saltten. Die mitzunehmenden Reichsinsignien
bestanden aus folgenden Stilcken: der reich mit Tdelsteinen
und (Emailbildern verzierten kaiserlichen Krone, dem goldenen,
gleichsalls mit Saphiren, Amethysten, Granaten und Rubinen
besetzten „Majestatsapfel", dem Zepter, dem Schwerte, einer
weitzseidenen, mit edlen Steinen und Perlen geschmuckten
Dalmatika, einer grotzen, goldenen, mit Perlen und
schwarzen Adlern bestickten Stola, einer braunseidenen,