Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Hr. 34
Bayerikhe ^ubiIdums=ha^des=Hus^fe^u^g 1906
Seite 801
in Splinbern und fertig in Platten zur Schau, gegenuber fetne, teils
gefchliffene Glaswaren. Die Sammelausstellung der Bayer.
Spiegel- und Tafelglasinbuftrie ist in der Haupihalle des
Industriegebaudes untergebracht. Unter einem weih-golbenen Pavillon,
der altøen mit Spiegeln verkleibet ist, steht auf grunem Nohglas-
sockel die Gestalt eines Glasblasers mit Pfeife. Un den inneren
Wanden hangen bildliche Darstellungen aus dem Glasfabril-betrieb,
statistische Tafeln, Modelle, ^albfabrihate und fertige Spiegel, ge-
schliffene, gerahmt und ungerahmt, erganzt durch Nohmaterial und
Werkzeug. Ver Entwurf zu dem flufbau ruhrt von dem Inspektor
Hallfritzsch her, ebenso wie der der Firma N. Wiederer & L o. i n
Znrth, die nicht weit von ebengenannter Sammelausstellung ihr
reiches Arrangement errichtet hat. Das Bayerische Mappen als
Glasgemalde fllllt ein breites Dberlicht und darunter sind Spiegel
aller Urt und Grohe angeordnet, von denen besonders solche in
Venetianer Art auffallen. Lrwahni seien hier auch die Kunst--
verglasungen in der Teichrestauration, die von der Glasatzerei,
Mousselinglasfabrik und Glasmalerei Ieau Gussner in Nurnberg
Herruhren.
Hiermii ware, abgesehen von der Diamantenfasserei I oh.
Schoningers in Nurnberg, welche Glaser- und Spiegeldiamanten,
Rnnd- und Dvalschneidmaschinen, Hobelbiamanten, Kurz eine Mannig-
faltigkeit von Werkzeugen ausstellt, die Gruppe VI erledigt, bis auf
die noch folgenden Steine und Steinerzeugnisse, die zum grohten Teil
im Freien untergebracht sind; so steht 3. B. die Bankanlage aus
blauem Granit von Ludwig Haberstumpf in Defrees zwischen
der Maschinenhalle und den Naumen der Verkehrsanstalten, die
Bayerische Granitaktiengesellschaft Regensburg lieh einen
riesigen Murfel von Pflastersteinen mit einer Kleinen Pyramide aus
gleichem Material darauf ausfuhren, Iosef Nyerle, Nurnberg -
Niedermaneck hat in der Nahe ein Grabdenkmal aufgestellt, wahrend
Wandverkleidungen und Bodenbelage aus Marmor von ihm geliesert
in der Fleischerausstellung Verwendung fanden. Das Fabrikat der
Bayerischen Kunstsanbsi einfabrik, G. m. b. H., Behringers-
dorf, ist zum flufbau der Kesselhausmauern verwendet worden. Math.
Nagleder aus Passau fuhrt eine Bankanlage mit Brunnen fur den
passauer Friedhof vor, Iosef Schiller aus Passau einige Venkmaler
aus Granit. Line gute flrbeit findet sich auhen am Hause der Stadt
Nurnberg: Vie Nachbildung des schonen Renaissance - Friejes vom
Vachgesims des Hirschvogel-Saal-Gebaubes, welche vom Bildhauer
Bernhard Kittier in Nurnberg gefertigt wurde. flus Hubschem Kalk-
stein ist das Taufbecken, welches die Steingewerkschaft Kapfel-
berg,Hasselmann L Kester, Hergestetlt Hat. Vie Weitzenburger
Zementwaren- und Kunststeinfabrik Ioh. Georg Lacher
hat neben dem Panorama Mistbeetfassungen, Grabeinfassungen, Sement-
rohre und farbige Zementsteine arrangiert, August Dogel aus
Langenzenn, Vilbelsteine, Holzzement und Mauersteine hinter der
Ejauptreitauration.
flnmerkung: 3u unserem Artikel in Nr. 25 der Ausstellungs-
3eitung mochten wir noch bemerken, datz bort infolge eines Vruck-
fehlers bie Kaffeerosterei, welche ihren Betrieb auf ber Ausstellung
vorfuhrt, nicht Heinrich Harrer & Lomp., sonbern Heinrich Hacker
& Lomp. Heiht.
Autzerbem unterblieb in Nr. 23 versehentlich bie Nennung ber
burch ihren Krauterlikor ruhmlichst bekannten Kgl. bayer. Hofsprit-
unb Likorfabrik von Franz Grafenhan in hof, bie in ben 60er
Zahren bes vorigen Iahrhunberts begrunbet wurbe.
(Fortsetzung folgt.)
Oebr. Bing, ilktien - Sesellschast, flurnberg.
2SS■SSSK^enn man die Itletne, alte Puppenhudje aus der
I 3æeben Halste des 18. 3ahrhunderts in der
Historischen Ausstellung der Stadt Nurnberg
betrachtet hat, mit ihrem breiten Schlotmantel,
mit ihren einfachen Zinngesatzen und primitiven Mobeln,
und daraus im hauptindustriegebaude, in der Nahe des
Haupteingangs seinen Blidt aus die Rinderkuche richtet,
welche die Ntetallwarensabrik Gebr. Bing zur Schau ge-
stellt Hat, dann tritt einem an einem markanten Beispiel
der gewaltige Fortschriti der Technik und zugleich das
rapide Nnwachsen der Lebensbedursnisse von grotz und
Klein entgegen. Damals die einsachste handroerksarbeit,
heute maschinenmahige Fabrikation im grotzen, -dort ge-
ringe Anspruche an (Qualitat, schone Ansstatiung und
Disserenzierung der Gebrauchsgegenstande, hier nicht biofr
solide, sondern auch aufrerst geschmackvolle (Berdte der
mannigsaltigsten Art.
Die Bingsche Rinderkuche ist ein Zugstuck ersten
Ranges, namentlich bei Frauen und Madchen. Man
Kann sich aber auch Kaum etwas reizenderes denken. In
Halbnaturlicher Grofre stellt sich uns, in blauem Ton ge-
halten, eine moderne, seinere Familienkuche dar. Da ist
alles vorhanden, roas nur in einer Ruche gebraucht roerden
Kann: Psannen und Schusseln, Teller und Tassen, Glaser
und Gerourzbuchsen, Schranke und Etageren, auch Doppel-
Spultisch und Ausgufr, die an eine roirkliche Wasserleitung
angeschlossen roerden Konnens selbst Tee und Maggi sind
nicht vergessen. Lin Korb mit soeben eingekaustem Ge-
muse ist Hingestellt, und leekere Ruchen scheinen vor Kurzem
aus dem Osen gezogen zu sein. Das grofrte prachtstudt
aber ist der sur Gas- und Rohlenseuerung eingerichtete
herd mit Nickelplatte und Nickelgeschirren. Wie das alles
blinkt und glitzert, roie die Grdnung und Sauberkeit einem
ins Herz lacht! Da ist jedes Studt gediegen und schon in
seiner Art, und das Ganze lodtt und ruft die Kleine
Madchenroelt: Rommt nur Herein, Hier ist es Herrlich zu
Kochen und zu wirtschasten. 3a, aber 1500 Mark sind
nicht so leicht ausgegeben. „Nein, ich roill uberhaupt nicht
mehr in die Ausstellung gehen", sagte die bleine Tochter
einer mir besreundeten Familie, „roenn ich da drin nicht
spielen barf." Line gunstigere Rritik Kann man uber dieses
Arrangement nicht fallen.
Damit aber die Rnaben nicht leer ausgehen, Hat die
Firma Bing auf der Rudtseite der Rinderkuche eine zroeite
grofre Romposition geschaffen. Ls ist eine malerische
Landschaft, zroei hohenzuge, in deren Mitte ein roman-
tisches Tal liegt. Line peinlichst korrekt ausgefuhrte Lisen-
bahnbrudte fuhrt daruber, nach dem Vorbild der Raiser-
Wilhelmbrudte bei Mungsfen gebaut, die Remscheid und
Solingen verbindet - ein Runstroerk der Rieinmechanik.
Und roieder ist alles aufs reichhaltigste ausgestattet und
bis ins Kleinste durchgefuhrt. Vom Bahnhof, ahnlich dem
Nurnberger hauptbahnhof, bis auf die zierlichen Schlag-
bdume und Telegraphenleitungen ist alles vorhanden, roas