Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Ilr. 36
Bayerirdie Jubilæums« kandes »HusRellung 1906
Seife 867
bei Borchardt, bei Riemeyer, selbst bei Levier und
Knirr, tritt (im Gegensatz zu Samberger) das freilich
durchweg glanzend beroaltigte Ruherlich-Technische gegen-
uber der Lharakterschilderung fur den unbesangenen Be=
schauer wenigstens in den Vordergrund.
Becker-Gundahl vertritt in der architektonischen
Rbteilung die Sezession mit stark archaisierenden Mosailr-
entrourfen, die sich sreilich dem Stil der sraglichen Kirche
(St. Maximilian in Munchen) mit Gluck nahern. Nuf
plastischem Gebiet hat sich vor allem Stuck mit einer
Reihe ausgesprochen dekorativer, in ihrer Rnspruchslosigkeit
aber durchaus gefalliger Sachen eingefunden, 'die Rrbeiten
der ubrigen (Behn, Bermann, Balthasar Schmidt,
usw.) sind zum Teil beachtenswerte Versuche, ohne dah
sie die brennende Frage nach der tveiterentwicklung der
modernen Plastik allzusehr fordern rvurden.
Vie £uitpolb=6ruppe
vertritt den beiden im vorausgehenden besprochenen
Aunstlervereinigungen gegenuber das Konservative Element.
Sie ist das Pendant zu jener Schriststellergruppe, die Heute
als „Munchener Lklektiker" etroas in Mihkredit gekommen
ist; wie diese sucht sie vor allem das Ideal-Schone, das
asthetische Pathos,-und pathetisch ist im allgemeinen auch
ihre Technik — daher die Vorliebe fur Tempera oder gar
Lnkaustik.
Ls ist eine andere Welt, die uns umgibt. Welch ein
Rbstand zwischen einem Rkt von putz und der nackten
Frauengestalt aus Raffael Schuster-Woldans „Leben".
Muhten roir uns beim Urteil uber die Fleischmalerei von Heute
aus letzteres beschranken, roir Konnten zroischen den Zeiten
Tizians (dessen „himmlische und irdische Liebe" das gleiche
Thema behandelt) und der Gegenroari Keinen anderen Unter-
schied als hochstens den Eintritt einer geroissen muden Deka-
dence Konstatieren. Beim Rnblick von Schafers rnythisch-
allegorischen Stucken aber, furchten roir, fiele roohl jedem
gegenuber der schopserischen Wucht Prellers die Vurstigkeit
unserer Phantasie, beim Rnblick von Fritz Kunz' reli-
giosen Bildern die Verautzerlichung derartiger Stoffe seit den
Tagen der englischen Prarafaeliten ins Ruge. Man sieht:
es ist teilroeise eine absteigende Linie, auf roelcher die
Kunft dieser Gruppe sich beroegt, roenn man nur einiger-
mahen die Historische Distanz halt, und Rrbeiten roie Stucks
Furienbild oder Lrlers Noah im Heurigen Glaspalast rucken
bei solcher Betrachtung erst in richtige Beleuchtung.
Die Konservative Richtung der Gruppe bringt es mit
sich, dah roir in ihren Salen vereinzelt noch einem Ge-
schichtsbilde (Messerschmitt) oder gar der Literatur-
illustration (Kaeser) begegnen; mitunter roird selbst ein
Landschaftsbild anekdotenhast staffiert (man betrachte z. B.
Tihseldts „Sommerabend am Wasser" daraushin). Meniger
als das technisch Schroierige reizt hier der interessante,
roenn moglich reizvolle Vorrourf; z. B. geroisse Molken-
gebilde, die in der Regel slattrig und doch zu schroersallig
Herauskommen und roeniger die Raturroahrheit als der
Reiz der Farbe, der kultursatte Stil des Kolorits sind
malerischer Tndzroeck. Selbst bei den besten Ramen Konnen
roir diese Beobachtung machen, und an Beruhmtheiten ist
die Gruppe geroih nicht arm.
Da erscheint in erster Linie Urban mit seinen ernsten,
sast schroeren romischen Landschasten, die sicher geroissen
sezessionistischen Leistungen gegenuber (man denke an
Pietzsch) einen roarmeren poetischen Glanz besitzen; da ist
Barteis mit seinen beruhmten Rquarellen von der Masser-
kante; Pairnie hat sich mit vier Rnsichten Munchens aus
der Vogelperspektive eingestellt, T. Marr neben vieten
anderen tuchtigen Sachen dus Bild mit der sichersten Per-
spektive der gunzen Rnsstellung geboten („Im stillen
Winkel"), das man von dem gegenuberliegenden Saal
aus am besten betrachtet. Vie Herrschast der Tradition,
und von einer solchen Kann man bei der Luitpold-Gruppe
geroih sprechen, Kommt nicht zuletzt auch dem Bildnis zugute;
und roenn auch Fritz Rugust v. Kaulbach, der bod] sonst gern
ahnlich roie einst Lenbach gleich Kollektivausstellungen zu
geben liebt, die Landes-Iubilaumsausstellung dieser Thre
nicht sur rourdig erachtete, es sind seitens der Luitpold-
Gruppe immerhin eine beuchtensroerte Rnzahl interessanter
Portraitleistungen geboten; roir nennen nur die Ramen
Blos, Bohnenberger, Brune, Gesscken, Ruger, Georg
Schuster-Moldau, Walter Thor, Kunz Meyer. Die
Reigung zum Geschmackvollen verleugnen auch die Bildnisse
der Genannten nicht; und roenn es auch nicht technische
Experimente sind, die hier die letzte und Hochste Rusgabe
des Portrats verschleiern, so geschieht dies manchmal durch
einen dekorativ-maskierenden Sug (man denke an Bios’
„Wanderer"), so frische und ungeschminkte Rrbeiten roie
Georg Schnster-Woldans Iagerbildnis sind im all-
gemeinen leider vereinzelnt.
Da gerade bei dieser Gruppe ubrigens das roirklich
Gute dem Geschmack der breiteren Kreise ziemlich entgegen-
Kommt, roir unsere Rufgabe aber roeniger in einer Kritik
der einzelnen Merke an sich als in Vermittelung des Ver-
standnisses dart, roo Verkennung der Rbsichten des Kunst-
lers nicht ausgeschlossen erscheint, erblicken, Konnen roir
uber die Rrbeiten der Luitpold-Gruppe rascher Hinroeg-
gehen; noch mehr aber ist dies moglich bei den Salen der
JHundjener Kunstler--6ønvssenschaft,
nur dah uns hier teilroeise die roeniger ersreuliche Rusgabe
obliegt, einer Verkennung der roahren Kunst durch event.
Uberschatzung billiger - „Kaushaus-Mare" vorzubeugen.
Ts roar sicher nur recht und billig, dah in der Kunsthalle
der Landesausstellung alle z. 3. in Bayern Herrschenden
Richtungen zu Morte Kamen; aber dah die Kunstler-
Genossenschaft mit ihren teilroeise doch recht fragrourdigen
Leistungen ebenso breitspurig austrat, roie es sehr zum
Rachteil des Rnsehens der Munchener Kunst Iahr fur Iahr
im Glaspalast der Fall ist — roar das notig? Iede In-
dustrie, jedes Geroerbe hat sich bestrebt das Beste und
Reueste zu bringen, und die Kunst, richtiger gesagt die
Kunstler-Genossenschaft? Wie rourde man uber eine Maschi-
nensabrik z. B. spotten, die mit Modellen aus den 60er
und 70er Iahren des vorigen Sakulums vor das Publikum
treten roollte! Die „Kunst" aber darf das Riteste, Uber-