Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Hr. 3
BayeriFche ^ubikfums«handes=flus^telIu^g 1906
Seite 69
Aber selbst wenn es gelingen soilte, nach dieser
Richtung hin noch neue Qesichtspunkte zu gewinnen,
so dart man sich doch nicht dem Wahne hingeben,
da6 damit fortan alle Explosionserscheinungen aus den
Aluminiumbronzefabriken verbannt wurden. Mit solehen
muB immer gerechnet werden, schon aus dem Grunde,
weil auch die weitgehendsten VorbeugungsmaBregeln
durch den Hinzutritt von Zufålligkeiten versagen konnen.
Wir mussen Anordnungen tretten, daB bel irgend einem
Explosionsvorgange Qefahren tur die Menschen nicht
bestehen und Brandschåden nur in einem untergeord-
neten Grade aufzutreten vermogen. Die Vorschriften
der Kgl. Regierung von Mittelfranken vom 23. Dezember
1901 bedeuten bereits einen hochst erfreulichen Schritt
nach vorwårts.
Bestrebt man sich durchwegs, hohe luftige, aus Stein
und Eisen hergestellte, mit Glasdåchern versehene Shed-
bauten zu errichten, welche den darin sich aufhaltenden
Personen eine groBe Bewegungsfreiheit gestalten und
im Falle einer Staubexplosion die Aluminiumflammen
unter Durchschlagung des Daches ins Ereie abfuhren,
so erscheinen Qefahren tur die Menschen ausgeschlossen.
Allerdings mussen auch Vorkehrungen getrotfen werden
oder alle Apparate fur die Aluminiumbronzegewinnung
sind derartig zu konstruieren, daB beiExplosionsvorgangen
die Elammensaulen ausschlieBlich nach oben geleitet
werden und seitliche Ausbuchtungen unmoglich sind.
Bei manchen jetzt noch im Gebrauche befindlichen
Apparaten sind nun im Falle einer Explosion seitliche
Flammenausbruche moglich. Es ist deshalb in Erwågung
zu ziehen, ob man nicht durch SchutzmaBregeln, ahnlich
der Umkleidung der rotierenden Glaskugel, eine voll-
ståndige Abhilte schaffen und die Elammensaulen aus-
schlieBlich nach oben leiten kbnnte, wodurch ein vollig
gefahrloser Zustand tur die sich im Arbeitsraume aut-
haltenden Menschen geschatten wurde. Solche Anord-
nungen wåren meines Erachtens auch keine derartig
kostspieligen, daB sie nicht durchgefuhrt werden kbnnten.
--□
Die Trennung von Fabrik und Handwerk
von Kammersekretår Pape, Insterburg.
Mehr als 100 Urteile und Entscheidungen von
Gerichts- und anderen Behorden haben wir
uber diese Frage eingehend studiert und
kommen danach zu folgendem SchluB:
Als Handwerk muB alles das angesehen werden, was
nach geschichtlicher Entwickelung, nach Gewohnheits-
recht, Art und Charakter der Betriebstatigkeit etc. und
nach dem Sprachgebrauch sich als solehes kenn-
zeichnet. Uberall da, wo handwerksmåBig vorgebildete
bliltskratte (Gesellen und Gehilfen) zur Fertigung der
Arbeitsprodukte ertorderlich sind, hat man es mit
einem Handwerksbetriebe zu tun. Besonders die
historische Entwickelung, die uns die Heranbildung des
Handwerks in den Phasen des primitivsten Haus-
fleiBes, der Fronhofe, der Lohnwerke und der Zuntte
des Mittelalters vor Augen tuhrt, laBt keinen Zweifel
daruber autkommen, daB Handwerker jeder Gewerbe-
treibende genannt worden ist, der: 1. Waren mit der
Hand oder mit eintachen von der Hand gefuhrten
Werkzeugen anfertigte; 2. sich der Notwendigkeit der
Erlernung seiner Tåtigkeit durch die Stufenfolge eines
Lehrlings und eines Gesellen unterwerten muBte;
3. Waren auf Stuckbestellung tester Kunden herstellte
und die produzierten Stucke selbstandig an Konsumenten
absetzte und 4. jedes Stuck ohne wesentliche Arbeits-
teilung von Anfang bis zur Vollendung herstellte.
Zur Feststellung des Begriffs Handwerk im Gegen-
satz zur Fabrik sind tolgende Merkmale stets von
grundsåtzlicher Bedeutung:
1. Alle Betriebe, in denen die Arbeit des gelernten
Handwerkers auch bei Benutzung von Maschinen
uberwiegt und Gehilfen und Eehrlinge be-
(SchluB.)
schattigt werden (wie z. B. Backer, Buch-
binder, Konditoren, Fleischer, Tischler, Schneider,
Schlosser, Uhrmacher, Wagenbauer etc.) oder
wo eine mehr kunstgewerbliche Tåtigkeit ob-
waltet, wie den Verfertigern chirurgischer
Instrumente und der Messerschmiede, bei den
Goldschmieden, Malern, Mechanikern und Op-
tikern, bei Photographen usw. sind stets reine
Handwerksbetriebe und zu den Einrichtungen
des Handwerks kostenptlichtig heranzuziehen.
2. Der Begriff »Handwerk" muB uberall da zur
Anwendung kommen, wo die den beschåftigten
Handwerksgesellen gezahlten Lohne die an un-
gelernte, zur bloBen Bedienung von Maschinen
beschåftigten Arbeiter gezahlten Lohne uber-
steigen und wo eine handwerksmåBige Aus-
bildung des technischen Betriebsleiters er-
torderlich ist.
3. Als Handwerksarten kommen bei Anwendung
dieser Kriterien tolgende in Betracht: Backer,
(Pfefferkuchler), Bandagisten, Barbiere (Friseure
und Perruckenmacher), Baugewerke (Maurer,
Steinmetzen, Steinhauer und Zimmerer, Bildhauer
(Gipsformer, Stukkateure), Bottcher (FaBbinder,
Kufer), Brauer, Brunnenmacher, Buchbinder,
Buchdrucker (Farben-, Stein-, Zink-, Kupfer-
und Stahldrucker), Bursten- und Pinselmacher,
Chirurgische Instrumentenmacher, Ziseleure,
Dachdecker- (Blei-, Schiefer-, Ziegeldecker),
Drechsler, Fårber, Feilenhauer, Fleischer (Metzger,
Schlåchter, Selcher), Gelb-, Kunst- und Metall-
gieBer, Gerber (Eederzurichter), Glaser-, Gold-