Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Stile 904
Bayerifche 9ubildurns-handes-Hus[fellung 1906
Nr. 37
zweier Pavillons des in seiner Urt mustergultigen Instituts
Konzentrieren. flud) das Sebast iansspital und das
stadtische tvaisenhaus rverden hier in der gewohnten flrt
veranschaulicht, desgleichen die stadtischen flnlagen. Ihre
flnwesenheit in nachster Nachbarschast der Krankenhaus-
ausstellung sassen wir ebensalls als eine flrt stummer
Utahnung an die Besucher und verdolmetschen sie dahin,
datz eifriges Spazierengehen der Gesundheit forderlich ist. Das
Herz aber offnet sich uns weit, wenn wir, abermals seit-
warts ausbiegend, nun die stadtische Schulausstellung
betreten; fast mdchten wir noch einmal jung werden, um
auch in so herrlich ausgestatteten Schulraumen die Llemente
des tvissens uns aneignen zu dursen, wie wir sie an dem
vollig eingerichteten Beispiel einer 8. Knabenklasse der
Volksschule hier bewundern) doch trosten wir uns mit dem
Gedanken, datz auch hente noch nicht die gesamte Sd)ul=
jugend einer derartig zweckmatzigen und prachtigen Um-
gebung sich ersreut, und erquicken unser fluge nebenan
an den Kunstlerischen Leistungen stadtischer Schulen aus
dem Gebiete des Zeichnens und der handarbeiten. Im
anstohenden Raume Vil bekunden Lchulhausdarstellungen,
vor allem aber Schnitte, Plane und das gewaltige lUodell
des neuen Stadttheaters den flufschwung des Bau=
wesens in unserer Stabt, die statistischen Tabellen, welche
die Tatigkeit der Gesellschaft fur ossentIiche Lese-
hallen und Volksbildung veranschaulichen, gewinnen
hossentlich den Verdiensten und Bestrebungon des genannten
Vereins neue Freunde. In der „metallenen Thronik"
der 5tadt Nurnberg von 1806 —1906, d. i. einer
Sammlung von Medaillen usw. zur Trinnerung an
Vereine, Denkmaler, Iubilaen, Festlichkellen, Personen
u. dgl., birgt dieser Haum eine der grotzten und wert-
vollsten Sehenswurdigkeiten der gesamten Landesaus-
stellung.
Tine statistische Riefenarbeit mutz die Nbersichtstabelle
uber das Nurnberger tvetter wahrend einer zwanzig-
jahrigen Periode (1881 —1900) genannt werden. Fur
jeden Tag der genannten Frist finden wir hier flusschlutz
uber Temperatur, Lustdruck, Lustseuchtigkeit, Bewolkung
und Niederschlage. Ts gehort jedoch ein im flblesen der-
artiger Tabellen sehr geschultes fluge dazu, um hier nicht
in Verwirrung zu geraten. Das Finanzwesen der Stadt
illustrieren in diesem und den anstotzenden Raumen zahl-
reiche Tabellen und Ubersichten der stadtischen Stistungen,
des stadtischen und stiftischen Grundbesitzes, des Beamten-
besoldungs-, Besteuerungs- und Versicherungswesens. In
Verbindung mit Bildern vom Volksfost deuten dieselben
in sinniger tveise den Zusammenhang zwischen den ver-
schiedenen flrten an, wie man sich uberslussigen Reichtums
entautzern mutz bezw. mag und die Nachbarschast der
statistischen Tabellen uber Bevolkerungsbewegung
weist ebenso zart als nachdrucklich aus die Tatsache Hin,
datz zwischen Geburt und Tod des Lebens ungemischte
Freude, namlich die Steuerfreiheit, regelmatzig Keineni
Sterblichen zuteil zu werden pslegt. Der breiteste Raum
ist aber in den in diesem Teil des hauses gelegenen Salen
der Stratzenbahn zugeteilt, es sehlt hier wohl nichts, um
sich uber die gesamten Einzelheiten des Betriebes wahrend
seiner geschichtlichen Entwicklung zu orientieren. Dabei
finbet sich viel, was uber das rein fachmannische, rein
antiquaeische und rein lokale Interesse well Hinausreicht.
Zeistorungen durch Blitzschlag, flbnutzung der Kontaktrollen
u. a. sind da durch Proben veranschaulicht, die streng
wissenschaftliche flnteilnahme beanspruchen dursen. fln die
flusstellimg des Stratzenbahnwesens schlietzt sich naturgematz
jene des stadtischen Tlektrizitatswerkes an, die durch
Reichtuni der Ntodelle und Proben vieles andere in Schatten
stellen wird, wahrend naturgematz die in folgenden Raumen
unternommenen Dersuche, die stadt. Wasserversorgung,
die Stratzenreinigung und das Feuerloschwesen
den flusstellungsbesuchern zur flnschauung zu bringen, mehr
aus graphische hilfsmittel sich beschranken mussen, ohne
dårum geringeres Interesse etwa zu beanspruchen, 'es sindet
sich im Gegenteil gerade hier manches historisch denk-
wurdige Stuck und von den vielen ausgestellten Planen
redet vielleicht Keiner eine so deutliche Sprache wie jener
3ur Veranschaulichung der Schadenfeuer wahrend der Iahre
1876-1905, der die Bedrohihell der inneren Stadt in
eindrucksvollsier røeife zu erkennen gibt.
Raum XII gewahrt Einblicke in die Fortschritte des
Baupolizeiwesens, welche uns das an matzgebender
Stelle waltende Verantwortungsgesuhl gegenuber den ge-
sundheitlichen Bedurfnissen einer Grotzstadt in erfrenlichster
Enttoicklung zeigen. Ntit mathematischer Prazision weisen
uns die hier ausgestellten Ntodelle nach, wie das Verstandnis
sur die Notwendigkeit von Licht und Luft mehr und mehr
bestimmenden Linslutz aus die Bauordnung gewann. Bei
den Planen zu Industrie- und lvohnquartieren im Luden
und Nordosten der Stadt nehmen flnlagen und dergl.
ebensalls einen breiten Raum ein. Das grotze Ntodell
eines Neubaus mit allen vorschrifismatzigen Schutz- und
Sicherheitseinrichtungen zeigt in teilweise uberraschend natura-
listischer flussuhrung, wie auch hier den Bedurfnissen der
menschlichen lvohlsahrt auss sorgsaltigste Rechnung getragen
wird. Plane und andere flnschauungsmittel illustrieren
die flusgaben, welche an die auch durch Linverleibung
rasch anwachsende Stadt Herantreten, 'Bilder und Karten
in geschickter fluswahl schildern das rasche Emporwachsen
der alten Noris zur modernen Grotzstadt auch in bezug
aus die raumliche flusdehnung.
Ts scheint zunachst, als ware damit flufgabe und
Umfang der stadtischen Verwaltungsausstellung ein Siel
gesetzt. Demgegenuber darf es als ein autzerst glucklicher
Gedanke bezeichnet werden, datz man sich nicht damit be-
gnugte, Nurnberg gewissermatzen isoliert und lediglich unter
dem Gesichtswinkel seiner inneren Entwicklung hier zur
Darstellung zu bringen, datz man vielmehr gewissermatzen
als Schlutz- und Eckstein des ganzen Gebaudes Nurnberg
im 3usammenhang und als Ntittelpunkt des bayerischen und
deutschen nicht nur, sondern uberhaupt des europaischen Ver-
Kehrs den flusstellungsbesuchern zeigte. Der dem bayerischen
Binnenschifsahrtsverein zugewiesene Raum erfullt diese
flufgabe. flusgehend von dem Nachsten, von Darstellungen
des Ludwigskanals, werden hier die verschiedenen grotz-