Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Die Technologischen Mitteilungen des Bayerischen Qewerbemuseums werden nach der Ausstellung als selbståndige Zeitung
weiterbestehen. — Nachdruck ist nur mit Genehmigung der Schriftleitung gestattet.
Alle Sendungen, die diesen Teil der Ausstellungszeitung betreffen, bitten wir direkt an den Schriftleiter zu adressieren.
Schriftleitung: Dr. Otto Edelmann, Oberingenieur am Bayerischen Gewerbemuseum in Nurnberg.
Inhaltsangabe: Uber den Erhårtungsvorgang des Kalkes und des Oipses, von Privatdozent Dr. P. Rohland. - Das Wassergas, von
Ingenieur Kayser, Kiel. - Verstårkung der Maserwirkung bei Nadelholzern durch Beizung. Zweifarbige Effekte, von Willi.
Zimmermann, Chemiker und Lehrer an der Handwerker- und Kunstgewerbeschule in Barmen. - Allerlei aus der Praxis.
Uber den
Erhårtungsvorgang des Kalkes und des Gipses«
Von Privatdozent Dr. P. Rohland.
In der Technik der Mortelmaterialien sind die
hier so wichtigen Hydratations- und Erhårtungs-
-vorgånge am besten von physikalisch-chemischen
Qesichtspunkten aus zu erortern. In bezug auf die
hydraulischen Bindemittel, die Zemente, ist der
Schleier, der uber den Ursachen ihrer Erhårtung liegt,
noch nicht vollståndig geluftet worden. Im folgenden
soli zunåchst der ErhårtungsprozeB des Kalkes und
Gipses besprochen werden.
Der Erhårtungsvorgang des geldschten Kalkes ist
durch folgende Faktoren gekennzeichnet: einmal ist im
Gegensatz zu demselben Vorgang bei dem Gips die
eigentliche Erhartung des Kalkes mit einer Dehydrati-
sierung, einer Wasserabgabe, verknupft, die durch
Bindung der Kohlensaure der Luft hervorgerufen
wird:
Ca (OH)2 + COa M— > Ca COa -|- Ha 0.
Nun pflegt man in Neubauten brennende Koks-
ofen aufzustellen; das hat nicht nur zum Zweck, den
Gehalt der Kohlensaure in der Luft zu vermehren,
sondern auch die Feuchtigkeit, die bei der Erhårtungs-
reaktion entsteht, zu entfernen.
Vor dieser Reaktion findet das Abbinden oder
Anziehen statt, das zur Ursache die Adhåsions-
energie hat. Dabei treten starke Schwindungserschei-
nungen in åhnlicher Weise, wie sie auch bei den Tonen
anzutreffen sind, namentlich ohne Zusatz von Sand, auf.
Der Betrag der Erhårtungsgeschwindigkeit des ge-
Idschten Kalkes ist ein geringer; daher ist selbst bei
sehr alten Luftmbrteln noch nicht umgewandelter ge-
Ibschter Kalk anzutreffen. Knapp1) berichtet, daB man
in den Ruinen des Schlosses Landsberg unter einem
Gewolbe eine noch gefullte Kalkgrube antraf, deren In-
halt trotz SOOjåhrigen Bestehens zum groBten Teil aus
geloschtem Kalk bestand; nur an der Oberflåche war
ca. 5 cm tief die Umwandlung in Kalziumkarbonat
erfolgt. Es ruhrt das daher, daB der an der Ober-
flåche entstandene kohlensaure Kalk gleichsam eine
schutzende Decke vor der Einwirkung der Kohlen-
såure bildet.
Viel schneller und vollståndig erfolgt die Umwand-
lung einer Losung von geloschtem Kalk, der Kalk-
milch, in Kalziumkarbonat an der Luft; denn hier
vollzieht sich die Reaktion zwischen einem gelosten
und daher reaktionsfåhigen, und nicht zwischen einem
festen und gasformigen Stoffe.
Nun ist noch ein Moment bei dem Erhårtungs-
prozeB des geldschten Kalkes der Beachtung wert:
Vollkommen trockener, geldschter Kalk und ebenso
trockene Kohlensåure reagieren uberhaupt kaum mit-
einander; die Geschwindigkeit, mit der diese Reaktion
sich vollzieht, wird aber bedeutend gesteigert, sobald
nur Spuren von Wasser oder Wasserdampf vor-
1) E. Knapp, Lehrbuch der chem. Technologie, I.