Ausstellungszeitung Nürnberg 1906
Forfatter: Paul Johannes Rée
År: 1906
Forlag: Wilh. Tümmels Buch- Und Kunstdruckerei
Sted: Nürnberg
Sider: 1096
UDK: St.f. 91(43)(064) Aus
Amtlisches Organ Der Unter Dem Protektorate Sr. Konigl. Hoheit Des Prinsregenten Luitpold Von Bayern
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Seite 910
Bayerifdie 3ubildums= handes = Hustfellung 1906
Nr. 37
banden sind; ebenso wie sich auch Eisen oder
Kupfer erst an feuchter Luft merkbar oxydiert.
Die Ursachen dieser Erscheinung sind bis jetzt
unbekannt; man hat solche Stoffe, die die Reaktions-
geschwindigkeit zwischen zwei Stoffen åndern, be-
schleunigen oder verzbgern, ohne selbst an dieser
Reaktion teilzunehmen, ohne in einem stbchiometri-
schen Verhåltnis zu den reagierenden Stoffen zu stehen,
Katalysatoren genannt. Das Wasser ist demnach
bei dem ErhårtungsprozeB des Kalkes als beschleuni-
gender, als positiver Katalysator zu betrachten.
Andererseits aber wird bei allzugroBem Feuchtig-
keitsgehalte die Einwirkung des Kohlendioxydes auf
das Kalziumhydroxyd gehemmt. Frischer Mortel,
in einem Glasrohre der Kohlensåure ausgesetzt, ånderte
sich nach långerer Zeit nicht, blieb nasser Brei, ab-
sorbierte nur Spuren von Kohlensåure; Proben von
Mortel, in einer mit feuchter Kohlensåure gefullten
Flasche eingehångt, waren nach acht Tagen noch so
weich wie am Anfange und hatten noch nicht ganz
1 °/o ihres Gewichtes an Kohlensåure absorbiert?) Die
Ursache dieses Verhaltens ist darin zu suchen, daB der
ErhårtungsprozeB, wie erwåhnt, mit einer Wasserabgabe
verbunden ist, die bei Anwesenheit von viel Wasser
nur in mangelhafter Weise vor sich gehen kann. Dem-
nach wurde ein idealer Erhårtungsvorgang durch
trockenen geloschten Kalk und trockene Kohlensåure
bei Anwesenheit von wenig Wasser erreicht. Nach
Versuchen von Wolters tritt das annåhernd ein, wenn
etwa 1 °/o nicht gebundenes Wasser vorhanden ist. Von
dieser Reaktion ist der sogenannte totgebrannte Kalk
ausgeschlossen; derselbe loscht sich nur unvollkommen
mit Wasser. Er entsteht dadurch, dal} tonhaltiger Kalk-
stein gebrannt wird, wobei Verbindungen des Kalkes
mit der Kieselsåure entstehen. (Kalziumsilikate.)
Dem geloschten Kalk wird noch Sand hinzugesetzt;
und zwar zu 1 cbm steifen, von fremden Bestandteilen
freien Kalkbreies 3—4 cbm Sand, der mbglichst grob,
scharfkantig und frei von Ton und Humus sein soli.
Zwei Grunde sind es, die die Anwendung des
Sandes veranlassen: Sandkorner bilden eine groBe
Oberflåche und unterstutzen auf diese Weise die
Reaktion zwischen geloschtem Kalk und der Kohlen-
såure. Ferner haftet kohlensaurer Kalk, wie das auch
in der Natur zu beobachten ist, in charakteristischer
Weise an kieselhaltigen Stoffen.
Fruher hat man als Zusatz zum Kalk auch andere
Stoffe benutzt, Dolomitstaub, zerstoBenen Kalkstein,
z. B. bei dem Bau der romischen Båder in Gelnhausen.
Die fruhere Vermutung, daB der Erhårtungsvor-
gang auf die Bildung von Kalziumsilikat zuruckzu-
fuhren sei, hat sich nicht beståtigt. Zwar kommt in
manchen alten Morteln Kalziumsilikat in geringer
Menge vor; indessen hat sich herausgestellt, daB dieses
Salz dann von dem dem geloschten Kalk beigemengten
Ton herruhrt. Manche alte Mortel sind nach der
*) Dingl, Polytechn. Journ. 196, 344.
Analyse ganz oder fast vollståndig von loslicher Kiesel-
såure frei, wie der vom Pnyx im alten Athen und3)
der vom Karlstor in Munchen:4)
Kalk 45.70 13,27
Magnesia 1.00 0,86
Kohlensåure 37.00 11,31
Lbsliche Kieselerde — Spur
Tonerde 2.64 s 1,72
Eisenoxyd 0.92 J
Wasser 0.36 2,34
Sand 12.06 70,50
99.68 100,00
Die Auswitterungen und Ausbluhungen des Kalk-
mbrtels, die sich auch bei dem Gips finden, sollen
dort erwåhnt werden.
Bei dem Gips kommen in technischer Hinsicht
zwei Arten in Betracht: das Hemihydrat Ca SO*,
’/a Ha O mit 6—7 °/o Wassergehalt, Stuckgips genannt,
und eine wasserfreie Modifikation, Ca SO4, der Estrich-
gips. Die Umwandlung des naturlichen Gipses, Ca
SO4, 2 Ha O erfolgt bei Laboratoriumsversuchen nach
van ’tHoff, bei 107,3° nach dem Schema:
Ca 804 • 2 Ha 0 >!' > Ca S04• V* Ha O + I1/. Ha 0.
In den technischen Ofen, dem Hoffmannschen
Ringofen oder dem Walserschen rotierenden Gips-
brennofen kann die Temperatur nicht so konstant ge-
halten werden, sie kann auch bis zirka 200° heran-
reichen, ohne daB die Befurchtung Platz greifen muBte,
daB ein technisch wertloses Material gebildet wird.
Der Estrichgips, auch hydraulischer Gips mitunter
genannt, wird bei viel hoherer Temperatur, bei zirka
400°-500° aus dem Dihydrat, dem Gipsstein, herge-
stellt. Nach dem R.-P. 160000 Kl. 80b ist unter
Estrichgips der bei Rotglut verbrannte Gips mit der
Eigenschaft des langsamen Abbindens bei geringem
Wasserverbrauch bezeichnet. Der in den Handel ge-
brachte Estrichgips ist infolge inkonstanter Brenn-
temperatur ein Gemisch von verschiedenen, wasser-
freien Modifikationen.
Sowohl bei dem Stuck- wie bei dem Estrich-
gips grundet sich die Erhårtung, rein åuBerlich be-
trachtet, darauf, daB das Wasser wieder gebunden wird.
Dieser Vorgang, der beim Stuckgips bis zum eigent-
lichen Erhårtungsbeginn 8—10 Minuten, beim Estrich-
gips mehrere Stunden in Anspruch nimmt, kann durch
Zusåtze verschiedener Art verlangsamt oder beschleunigt
werden. Die Verwendung des Gipses macht es er-
klårlich, daB Zusåtze gewunscht werden, die die Wasser-
bindung verzbgern. Denn dann ist es moglich, groBere
Gipsmengen im breiartigen, streich- und gieBbaren
Zustande zu erhalten. Das Abbinden des Stuckgipses
in geringer Konzentration verzbgern Eisenchlorid,
Magnesiumsulfat, Natron und Kalikarbonat, Borsåure,
Borax, Kalziumnitrat, borsaures Ammoniak, Alkohol,
es beschleunigen Natriumchlorid, Kaliumchlorid,
‘ ») Dingl, palyt. J. 177, 372. *) ibidem. 147, 190.