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Die Gartenkunst
Abb. 27. Japanische Pagode. Schnitt und Ansicht (Nach Baltzer, Das jap. Haus).
andererseits der japanische Garten das künstlerische Abbild des an Naturschönheiten außergewöhnlich reichen Landes. Das über 25 Breitegrade in das Meer eingestreute Inselreich ist vulkanischen Ursprungs; es ist Berg und Wasser. Der heilige Berg — Fuji-no-yama — wird alljährlich zur schneefreien Zeit von vielen Tausenden von Pilgern bestiegen und die Aussicht von seinem Gipfel ist Berg und Wasser. H o k u s a i , der große Zeichenkünstler Japans, hat den heiligen Berg und seine Umgebung in hunderten .von Bildern festgehalten. Im Park des goldenen Hauses bei Kioto hat man das ganze Inselreich im kleinen nachgebildet als die natürliche Reliefkarte mit Berg und Wasser. Japanische Schriftsteller haben von Künstlern illustrierte Werke über Berg-lind Gartenanlagen, über Tee- und Hausgärten herausgegeben.
Der Palast des Mikado liegt in einem prachtvollen Garten versteckt, zugänglich über eine Reihe von Brücken, die über Kanäle und Gräben gespannt sind. Am Rand einer mit Gehölzgruppen und Riesenbäumen besetzten Rasenebene liegt der kaiserliche Pavillon zwischen Hügeln, auf denen Granitblöcke sich zu Felsen türmen, von denen Gießbäche und Wasserfälle abstürzen. An ein Residenzschloß im europäischen Sinne darf man dabei nicht denken. Die häufigen Erderschütterungen, hervorgerufen durch die zum Teil
noch tätigen Vulkane, gestatten keine Monumentalbauten aus Stein. Die Tempel und Paläste sind nicht wie bei uns große, einheitlich zusammengefaßte Bauten, sondern malerischeZusammenstellungen kleinerer Bauwerke ausHolz und Bambus. Auf steinernem Sockel steht der hölzerne Bau mit seinen Hauptpfosten wie ein Tisch mit niedrigen Füßen. Zwischen dem natürlichen Boden und dem Boden des unteren Stockwerkes bleibt ein freier Raum, den die Luft durch-