Gartentechnik Und Gartenkunst
Forfatter: Franz Sales Meyer, Friedrich Ries
År: 1911
Forlag: Carl Scholtze Verlag
Sted: Leipzig
Sider: 744
UDK: 635.2
Mit 490 Abbildungen Und Plänen Sowie 8 Tafeln In Farbendruck
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Abschnitt XII
Form ergänzen helfen, wo sie die Natur allein nicht fertig bringt oder auffällig über die Schnur haut. So gut man die Kübellorbeerbäume egalisiert, kann es auch bei Kugelrobinien, Buxpyramiden usw. geschehen. Das Nachhelfen durch Schneiden ist in diesem Fall gerade so gut berechtigt, wie man an Trauerbäumen sperrige Äste abschneidet oder durch zeitweiliges Anbinden niederzwingt. „Wenn schon — denn schon“ ist in dieser Hinsicht Grundsatz. Wenn man die Regelmäßigkeit anerkennt, muß man auch die Mittel zur Erreichung derselben gutheißen.
Mit vieler Geduld und Aufmerksamkeit haben die Baumkünstler der Barock- und Rokokozeit aus dem Material des lebenden Buxes alle erdenklichen Dinge zurecht geschnitten: komplizierte Rotationskörper nach Art riesiger Schachfiguren, Kandelaber und gewundene Säulen mit einem Pfau als Aufsatz, an Briefbeschwerer erinnernde Klötze mit figürlicher Krönung, förmliche Tische mit Lehnsessel und Schemel davor und ähnliches mehr. Derartigen Dingen begegnet man bei uns verhältnismäßig selten; in den englischen Herrschaftsgärten sind sie heute noch beliebte und tadellos gepflegte Ausstattungsstücke, wie man sich beim Durchblättern von „Gardens Old and New“, von „The gardens of England“ und andern Prachtwerken überzeugen kann, die in den letzten Jahren jenseits des Kanals erschienen sind.
5. Die Verjüngung und Umänderung bestehender Anlagen.
Die künstlerischen Leistungen des Sängers, des Redners, des Schauspieles wirken augenblicklich und vorübergehend. Die Werke des Dichters, des Komponisten, des Malers, des Bildhauers und des Architekten haben, einmal vollendet, stabilen Wert. Was der Gartenkünstler schafft, das ist zunächst unfertig, erreicht die erdachte Wirkung erst nach Jahren und Jahrzehnten und ist beständig in der Umbildung begriffen. Sein Werk gleicht der Wolke, die auf den ersten Blick ein bestimmtes Bild ergibt, das aber bei längerem Zusehen sich stetig ändert und immer wieder neue Formen und Gestaltungen aufweist. Das Material der Gartenkunst ist eben zum großen Teil nicht tot und starr, sondern lebend, bewegungsfähig und neubildend. Das erschwert die Arbeit und erfordert einen im voraus das Werden erkennenden Blick. Nun läßt sich ja auf Grund der Erfahrung ziemlich sicher ermessen, wie die Gehölze — und um diese handelt es sich hier in erster Linie — sich bauen und auswachsen werden. Aber die Natur ist gelegentlich eigensinnig und die Menschen sind es auch. Am einen Ende wuchert das Wachstum über Erwarten; am anderen schaffen Frost und Sturm unerwartete Lücken. Einmal verbaut ein Nachbar die Aussicht und ein anderes Mal ersteht unverhofft ein durch die Grenzpflanzung verdecktes hübsches Blickziel. Hier wird ein Stück des Gartens anderweitig verwendet oder veräußert; dort wird neues Areal zur Vergrößerung hinzugekauft; der Staat expropriiert einen Teil für die unbedingt nötige Straße oder Bahnlinie; das Ortsstatut über die Zusammenlegung der Grundstücke legt einen für beide Parteien günstigen Austausch nahe usw.