Die Lokomotive In Kunst-witz Und Karikatur
År: 1922
Forlag: Hannoverische Maschinenbau-Actien-Gesellschaft
Sted: Hannover-Linden
Sider: 170
UDK: 625.282(06) Han
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HANOMAG, HANNOVER
LINDEN
nicht geachtet und wäre an den ro Lierenden Heizer heran-
gekommen, so hätte mir mit Leichtigkeit eine Hand oder
gar ein Bein abgeschlagen werden können.
Ich führte meinen Zug planmäßig nach Memel. Als
wir dort in den Bahnhof einfuhren, heulte der Sturm
immer noch gewaltig, trotzdem schien das Rotieren
meines Heizers nachzulassen. Ich ergriff eine Latte und
bremste ihn. richtig ab, so daß er endlich wieder fest auf
seinen Füßen stand. „Na,“ sagte ich, „Bumfiedel, ist dir
der Spaß am Tanzen vergangen?“ Er war jedoch so durch
und durch gerüttelt, daß er gänzlich außerstande schien,
nur ein Wort zu reden. Ich faßte ihn am Arm und führte
ihn nach unserem Aufenthaltsraum. Dabei fiel mir auf,
daß er dauernd die Füße übereinandersetzte und offenbar
ständig rechts mit links verwechselte. Allmählich kam
mir auch hierfür eine Erklärung: Seine Gehirnmasse,
die ich nicht abbremsen konnte, rotierte nämlich immer
noch weiter! Da er nun bald das rechte Begriffsvermögen
auf der linken Seite, bald wieder das linke auf der rechten
Anfahren etwas zu helfen, soweit Feuer und Dampf aus-
reichten. Auf ein genageltes Kreuz, das ich in der Eile
herstellte, hängte ich außerdem meinen Mantel und eine
Dienstmütze, so daß es so aussah, als stehe ein vollständiges
Personal auf der Lokomotive. Die Stationsbeamten in
Memel waren bei Abfahrt des ersten Morgenzuges —
etwa 4 Uhr in der Frühe — recht verschlafen, es dachte
auch keiner daran, daß der Zug so befördert werden
könnte, wie es nun geschah, und das wurde so gemacht!
— Schon während der Einfahrt in Memel hatte ich be-
merkt, daß durch den schrecklichen Sturm Kähne und
Boote in Mengen auf’s Land geworfen waren. Zum Teil
lagen sie ganz in Trümmern. So holte ich mir im Hafen
ein gutes Segel mit Mastbaum, stellte mich damit auf
den hintersten Wagen des Personenzuges, und zwar auf
einen Fußtritt zum Bremserstand. Das Segel band ich
mit Stricken über dem Zughaken fest und lavierte damit
richtig, wie man es auf dem Wasser macht. Glücklicher-
weise hatte sich der Wind etwas gedreht, und bis Heyde-
,,Das Segel band ich mit Stricken über dem Zughaken fest und lavierte damit richtig, wie man es auf dem Wasser macht.“
Seite hatte, wußte er weder wie er die Hände bedienen,
noch wie er die Füße setzen sollte. Es ergab sich daraus
die Notwendigkeit, ihn stehend aufzubewahren; denn,
wenn seine Gehirnmassen weiter rotiert hätten, während
er lag, so hätten die nachhaltigsten Gehirnstörungen bei
ihm verursacht werden können. Dann wäre wahrscheinlich
sein ganzes Gehirn durcheinandergeschüttelt worden.
Ich stellte ihn also an der Wand auf und band ihn fest,
damit ihm ja nichts passieren konnte; dem armen Teufe]
waren seine ganzen Stiefelsohlen abgescheuert, zum
Schluß hatte er sich auf die Absätze stellen müssen,
sonst wären auch die Füße glatt weggewesen.
In meiner Sorge um Bumfiedel vergaß ich ganz, an
meinen Zug zu denken, den ich drei Stunden darauf von
Memel zurück nach Tilsit führen sollte. Es war viel zu
spät geworden, um das Feuer und die Maschine richtig
zur Rückfahrt vorzubereiten, deshalb sah ich die größten
Widerwärtigkeiten voraus, zumal der Wind immer noch
auf das Heftigste blies. Da kam mir ein guter Einfall.
Ich setzte den Bumfiedel vorn auf die Lokomotive mit der
Vorschrift, lediglich zu pfeifen, zu bremsen und mir beim
krug ging die Fahrt ganz vortrefflich. Hinter Heydckrug
gab es allerdings einige Schwierigkeiten, da die Wind-
richtung mit der Fahrtrichtung nicht mehr ganz überein-
stimmte. Aber wenn auch mit etwas Verspätung, brachte
ich doch meinen Zug wohlbehalten wieder in Tilsit an,
und zwar hatte dann auch das Rotieren von Bumfiedels
Gehirnmasse gänzlich aufgehört, so daß er ohne Be-
schädigung davonkam. Aber vom Tanzen wollte er seit
dieser Zeit nichts mehr wissen.“
Nach dieser Erzählung trat eine längere Pause ein,
da der Besitzer der Bahnhofswirtschaft darauf bestand,
nachzumessen, ob sich die Bänke und Tische nicht ver-
bogen hätten. Durch Anlegen eines Lineales wurde er-
mittelt, daß die größte bleibende Deformation der be-
sagten Inventargegenstände nicht mehr als 5—7 mm,
in der Mitte gemessen, betrug. Der Gastwirt erblickte
darin einen Beweis der ungemein soliden Odenwälder
Tischlerarbeit und genehmigte Hilprich eine Schluß-
erzählung. Dieser begann sofort mit der gruseligsten
aller Schilderungen, die alles Bisherige weit übertraf:
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