Die Lokomotive In Kunst-witz Und Karikatur
År: 1922
Forlag: Hannoverische Maschinenbau-Actien-Gesellschaft
Sted: Hannover-Linden
Sider: 170
UDK: 625.282(06) Han
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O M A G , HA
„Wir haben gesehen, wie der Herrgott selber eingriff
um einen Heizer, der seinen heiligen Namen lästerte, zu
strafen. Leider sollte ich auch an mir selber, als Gegen-
stück dazu, die Zauberei des Teufels erfahren. Es wäre
verkehrt, sich darüber Gedanken zu machen, auf welche
Ursachen solche Zauberei zurückzuführen ist, was seine
höllische Majestät damit bezweckte. Dazu ist unser
Verstand zu schwach und unser Fassungsvermögen zu
beschränkt. Wer weiß etwas von dem Leben nach dem
Tode, von den übernatürlichen Kräften der Zauberer und
der Propheten ? Niemand weiß was darüber, und wir
müssen uns bescheiden, das Unerklärliche schauernd über
uns ergehen zu lassen, ohne nach den inneren Gründen
und Ursachen zu forschen.
So will ich denn schlicht und treu meine Erlebnisse
mit dem Heizer-Volontär Sanatas berichten, einem Kerl,
der entweder der Teufel selbst war oder ein Mensch, der
mit dem Teufel im Bunde stand.
Ich war in Insterburg stationiert, einem Ort, der be-
kanntlich dicht an der russischen Grenze liegt. Eines
Tages sehe ich im Lokomotivschuppen eine Gestalt im
Zylinder, schwarzen Rock und weißen Handschuhen auf
und nieder gehen. Ich denke, es sei ein Rattenfänger,
denn die Ratten- und Mäuseplage war dort schrecklich’
Deshalb bekümmerte ich mich zuerst gar nicht um ihn
und dachte: „er mag seine Fallen und Giftpillen auslegen“
Wie staune ich aber, als dieser Kunde sich vor mich
hinstellt und ' -
,cr mag seine Fallen und Giftpillen auslegen“,
sagt: „Bin Ihnen als Heizer zugeteilt, fahre
Abb. 54
zNr. 61^
Blick von einer geradezu grausigen Art —
ein schauerlicher Geselle!
Dabei war sein
zuerst als dritter Mann, später allein mit ihnen!“ Ich
sehe ihn näher an, sein Gesicht war grüngrau und seine
ganze Haut glänzte wie die einer Eidechse. Dabei war
sein Blick von einer geradezu grausigen Art — ein schauer-
licher Geselle!
„Wie heißen Sie?“ fragte ich, nachdem ich mich von
meinem Ekel etwas erholt hatte, worauf dieser Mensch
seine Uhr zieht und seelenruhig versetzt: „Da Ihr Zue
schon in 15 Minuten fahren soll, kann ich Ihnen leider
meinen vollen Namen nicht angeben. Abgekürzt nennt
man mich „Sanatas“. — „Ist Ihr voller Name noch
länger? meinte ich. „Drei Silben genügen doch reich-
lich 1“— Und jener erwiderte: „Mein voller Name hat
weit über 1000 Silben.‘‘ — Ich nahm mir vor, diesen
Namen demnächst festzustellen und forschte ihn weiter
aus. „Verstehen Sie was von der Lokomotive?“ ___________
„Nicht das Geringste.“ — „Was! Sie verstehen ear
nichts!“ — „Nein! Gar nichts!“ — „Aber irgend einen
lei! der Lokomotive müssen Sie doch kennen!“ —
„Allerdings, den Bremsklotz,“ sagte er, ohne mit der
Wimper zu zucken. „Über den Bremsklotz weiß ich so
ziemlich Bescheid!“ —
Jetzt packte mich die Wut. „Dann werden Sie gütigst
Leichenwagenbremser im ersten besten Beerdigungs-
geschäft und nicht Lokomotivmann! Als Leichenwagen-
bremser fahren Sie nur mit geringer Fahrgeschwindigkeit
und Ihre Passagiere beschweren sich nie über Stöße und
Körperverletzung!“ Jener lachte und schnitt eine Gri-
masse. „Hoho! Hoho!“ sagte er dazu, „die Leichen will
ich schon fahren, aber ohne Bremse und im Galopp’
Hussah! Hei!“
Ich ließ mir nun seinen Ausweis zeigen, ausgestellt
für einen Herrn ,,genannt Sanatas“ und erlaubte ihm,
auf der Lokomotive mitzufahren. Dort bekümmerte er
sich um gar nichts, so daß ich ihn bald ganz vergaß.
Plötzlich aber wurde ich durch einen sonderbaren Vorfall
an ihn erinnert. Die Nacht war nämlich hereingebrochen,
der Führerstand aber nach wie vor taghell. Es war ein
sonderbares Licht, ganz anders als das der Deckenlampe,
grünlich wie das Leuchten der Glühwürmer. Als ich mich
nach dem Ursprung dieses Lichtes umsah, bemerkte ich
daß es von den Augen des Volontärs ausøinø dip im’
Dunkeln höllisch glühten.
Während einer längeren Betriebspause machte der
Unheimliche über seine Person folgende Angaben:
„Ich bin Sanatas, auf deutsch der «Unaussprechliche“
Geboren bin ich in Indien, jenem Lande, wo die Strahlen
der Sonne senkrecht zu Boden fallen. Bei uns ist die
Luft so klar, daß man am hellen Tage ohne Fernrohr die
Baßgeigen am Himmel hängen sieht. Die Finsternis der
Nacht ist dort so dicht, daß man sie mit einem Messer
schneiden kann. Solch ein Stück legt man dann tagsüber
auf den Kopf und geht darunter im Schatten, sonst wäre
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