Die Lokomotive In Kunst-witz Und Karikatur
År: 1922
Forlag: Hannoverische Maschinenbau-Actien-Gesellschaft
Sted: Hannover-Linden
Sider: 170
UDK: 625.282(06) Han
Søgning i bogen
Den bedste måde at søge i bogen er ved at downloade PDF'en og søge i den.
Derved får du fremhævet ordene visuelt direkte på billedet af siden.
Digitaliseret bog
Bogens tekst er maskinlæst, så der kan være en del fejl og mangler.
HANOMAG, HANNOVER
LINDEN
Abb- 55 _________, da reißt Sanatas die Zugleine herunter,
wirft sie als Lasso um den Schornstein, wir ziehen beide mit aller Kraft an
der Schnur und bringen so ohne Schwierigkeit den Zug richtig zum Stehen.
die Sonnenglut unerträglich. Die Bevölkerung nährt
sich von der Milch ihrer frommen Denkart und bekleidet
sich mit dem Mantel der christlichen Liebe. Beim Schlafen
schieben sie ihr gutes Gewissen als Ruhekissen unter.
Das Hersagen meines vollständigen Namens würde über
eine halbe Stunde dauern, es mag genügen, daß er anfängt
mit den klangvollen Worten:
„Pujah — Nikaraszujo — Minifaremo — Dilanah —
Von der Lokomotive verstehe ich gar nichts, dafür bin
ich aber ein geübter Seiltänzer und bewährter Bauch-
redner.“
Solche Angaben waren nicht geeignet, meine Unruhe
zu zerstreuen. Als ich kurz darauf mit diesem Menschen
allein fahren mußte, zeigte sich bald, wes Geistes Kind
er war. Er stand dabei im Zylinder und weißen Hand-
schuhen, ich mußte die ganze Arbeit allein schaffen.
Das Unerträglichste war, daß er ständig technische Aus-
drücke, die uns allen geläufig sind, nichttechnisch auf-
faßte. Sagte ich ihm in einer Betriebspause: „Machen
Sie gut Dampf auf!“ so sah ich ihn beim Wiederkehren
buchstäblich in einer Qualmwolke stehen. Um den
Kessel hatte er sich nicht gekümmert, vielmehr paffte
er an einer dicken Zigarre. Sagte ich: „Speisen Sie“,
dann zog er sofort seine Stulle aus der Tasche. Schließlich
sagte ich ihm gar nichts mehr, denn hätte ich von ihm
verlangt, er solle eine Stopfbüchse dichten, dann hätte
er mir ein Heldengedicht auf die Stopfbüchse verfaßt,
und hätte ich gesagt: „Ziehen Sie die Mutter an!“ dann
wäre er nach Hause gelaufen und hätte seine Mutter in
die Kleider gesteckt.
Dabei erklärte er mehrmals: „Rufen Sie mich erst,
wenn Sie gar nicht mehr aus und ein wissen. Ich kann
mehr als Brot essen!“ Nun war durch seine unsägliche
Bummelei mal tatsächlich das Feuer auf dem Rost aus-
gegangen. Ich raufte mir die Haare vor Verzweiflung.
Er aber versetzte: „Ruhig Blut! Alles wird noch gut!“
Und nimmt eine lange holländische Zigarre aus der Fasche,
zündet sie an, hält das Ende in die Feuertür. Da fing es
an zu knistern und zu prasseln, und in drei Minuten war
volle Glut auf dem Rost.
Ein anderes Mal merkte ich beim Einfahren in eine
Kopfstation, daß die Bremse versagte. Ich wurde schon
ganz verwirrt, da reißt Sanatas die Zugleine herunter,
5*
wirft sie als Lasso um den Schornstein,
wir ziehen beide mit aller Kraft an der
Schnur und bringen so ohne Schwierigkeit
den Zug richtig zum Stehen.
Vor allen erdenklichen Possen und
Teufeleien mußte ich schrecklich auf der
Hut sein. Er fand immer wieder was neues
heraus. Eines Tages streicht er, ehe die
Fahrt losgehen soll, immer um die Maschine
herum, streichelt sie an den Stangen, am
Kreuzkopf, an der Pufferbohle, und hebt
zeitweilig wie beschwörend die Hände.
Ich kann zwar nicht begreifen, weshalb
er schon vor der Fahrt die Lager nach-
fühlt, lasse ihn aber gewähren.
Der Stationsvorsteher winkt, der Zug-
führer pfeift, ich ziehe am Pfeifenzug,
kein Ton erschallt. Ich öffne den Regler,
die Lokomotive steht wie fest gemauert.
Ich glaube, der Zug sei zu schwer, lege die Steuerung
zurück und gebe Gegendampf — keine Bewegung. Man
kann sich denken, wie ratlos ich war. Schließlich öffne
ich die Zylinderhähne — kein Dampf tritt aus, dabei
hatte der Kessel vollen Druck! Da sehe ich, wie sich
Sanatas die Seiten hält vor Lachen, und jetzt wird mir
auch alles klar: der entsetzliche Mensch hatte mir die
Maschine hypnotisiert! — Nachdem er sich genügend an
meiner Verblüffung geweidet, zog er eine Reiseflasche
aus der Tasche, schüttete daraus etwas Kognak in ein
Wasserstandsglas, das er vorher absperrte, ließ das
Getränk in den Kessel übertreten, machte ,,Husch! Brrr!“
und die Maschine ging los wie Blücher!
Das alles muß ich vorausschicken, um das eigen-
artigste Abenteuer einzulcitcn, das wohl je einem Loko-
motivführer passiert ist. Ich hatte nämlich einmal die
Ehre, vom Teufel selber befördert zu werden; er leistete
Vorspann mit einer Gespensterlokomotive, mit einem
Höllendampfroß, einem Schwefeldunst-Kraftwagen —
oder wie man solchen Satansspuk in der Unterwelt nennen
mag. Als ich eines Nachts zu Hause im Bette lag — ich
hatte nach anstrengenden Fahrten über einen Tag Ruhe-
pause — wachte ich plötzlich auf, das Zimmer war von
Der entsetzliche Mensch hatte mir
die Maschine hypnotisiert!
67